Jeden Tag empfängt der Weihnachtsmann im finnischen Rovaniemi am Polarkreis Besucher aus der ganzen Welt. Ein Besuch.

Alle halten dicht. Fast so, als würde es sich um ein Staatsgeheimnis handeln. Egal, mit wem man in der verschneiten Stadt Rovaniemi im finnischen Lappland spricht: Keiner plaudert, alle grinsen nur bei meinen Fragen. Dabei würde ich wirklich nur allzu gerne wissen, wie man Weihnachtsmann wird im Santa Claus Village am Polarkreis nahe Rovaniemi. Welche Qualifikation braucht man dafür? Wie viele Bärte verschleißt ein Weihnachtsmann im Laufe eines Jahres? Vor allem aber: Wie viele Weihnachtsmänner arbeiten dort überhaupt und empfangen jeden Tag im Santa-Büro schlangenweise Besucher aus der ganzen Welt, um mit ihnen ein paar Sätze zu wechseln und für ein Foto zu posieren?

Zumindest nach ersten Beobachtungen gibt es in Rovaniemi keine auffällige Anhäufung von alten Männern mit dicken Bäuchen und langen Bärten, die mit hochgeschlagenem Mantelkragen inkognito ihre Einkäufe nach Hause tragen. Vielleicht aber verplappert sich der Weihnachtsmann auch höchstpersönlich oder lässt sich in einem schwachen Moment einige dieser Geheimnisse herauskitzeln.

Pünktlich um halb vier werde ich von einem Wichtel abgeholt, der mich auf dem Weg zum Weihnachtsmann zunächst durch eine Halle führt, in der die wichtigsten Arbeitsinstrumente seines Chefs ausgestellt werden. "Damit kann Santa die Zeit anhalten", deutet das Helferlein auf eine große Apparatur mit einem Riesenhebel. "So schafft er es, allen Kindern zu Weihnachten die Geschenke zu bringen."

Vor der Tür zum Weihnachtsmannbüro fühle ich mich schlagartig in das Alter zurückversetzt, als ich noch voller Ehrfurcht an ihn geglaubt habe: den Weihnachtsmann, der nur ein paar Meter entfernt sitzt und genauso aussieht, wie man ihn sich vorstellt. Schlohweißes Haar hat er, trägt große puschelige Filzschuhe und eine rote Zipfelmütze. Sein weißer, flauschiger Bart reicht ihm bis auf den Schoß.

Ich hocke mich neben ihn, und der Weihnachtsmann erzählt vom Ablauf seiner Arbeitstage. Normalerweise wird er ziemlich früh wach, so gegen sechs. Dann macht er Tee, schaut, wie das Wetter ist und geht raus, um Rudolph und den anderen Rentieren "Guten Tag" zu sagen. Im Weihnachtsmann-Dorf führt ihn dann sein erster Weg ins Postamt. Wichtel mit roten Kringelmützen sortieren dort den ganzen Tag die Post, die säckeweise aus der ganzen Welt hereinflattert. Im vergangenen Jahr waren es über 700.000 Briefe und Päckchen, und viele kommen ohne Adresse an. "To Santa, North Pole" steht dann darauf. Oder einfach "An den Weihnachtsmann". "Die besonderen Briefe nehme ich persönlich mit und schreibe eigenhändig zurück." Viele andere Briefe werden von den Wichteln beantwortet - ein Antwortschreiben für alle. Sie persönlich zu beantworten, wäre selbst für die Helferlein nicht zu bewältigen.

In den Briefen schicken Kinder oft auch Bilder mit. Viele davon hat er in seinem Arbeitszimmer aufgehängt, wie er erzählt. Das befindet sich der Legende nach im Hauptdomizil des Weihnachtsmanns, weiter oben im Norden nahe der russischen Grenze, in einem Berg, der wie ein Ohr geformt ist, damit er die Wünsche der Kinder auf der ganzen Welt hören kann. Dort darf ihn und seine fleißigen Wichtel aber niemand besuchen.

Ich verabschiede mich vom Weihnachtsmann und bleibe noch ein paar Augenblicke fünf Jahre alt, während ich an den Souvenirläden vorbeistreife. Langsam wird es Abend. Am Polarkreis leuchten lauter bunte Lichter. Und leise rieselt der Schnee.

Mehr Infos: www.santaclausvillage.info (Die Reise wurde unterstützt von Finnair und dem Reiseveranstalter Fintouring)