Familienferien, Wellness, Best Ager oder Homosexuelle: Große Reiseveranstalter schneiden ihre Angebote immer mehr auf Zielgruppen zu.

Classic, Nature, Beach, Scene, Premium, Family, Balance, Vital: Das ist nur eine kleine Auswahl der Kategorien, in die Touristiker derzeit die Urlauber einordnen. "Das Produkt Reise wird immer zielgruppenspezifischer", sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV). Das schlägt sich in neuen Hotelkonzepten und in den Katalogen nieder. Den Auftakt machte im vergangenen Jahr Thomas Cook mit seinen "Erlebniswelten". TUI hat nachgezogen und noch zwei Welten mehr für seine "Reisewelten" obendrauf gepackt: Classic, Beach, Nature, Scene, Lifestyle, Premium und Vital heißen hier die Labels.

Die Rewe-Pauschaltouristikmarken arbeiten zwar noch nicht mit dem Weltenkonzept. Doch ITS bringt für den kommenden Sommer erstmals einen eigenen Familienkatalog mit rund 120 Hotels heraus. Jahn Reisen hat eine Produktlinie für Familien aufgelegt - neben Wellness und Select.

"Wirklich neu ist der Trend eigentlich nicht", gibt Ulf Sonntag vom Institut für Tourismus und Bäderforschung in Nordeuropa zu bedenken. "Es gibt aber einen Trend, es verstärkt bei der Kundenansprache zu nutzen." Ein Weg dabei seien Labels in Katalogen wie "grüner Urlaub" oder "Familie", ein anderer Weg, in Anzeigen eine bestimmte Tonalität zu treffen.

Dabei arbeiten die Veranstalter immer häufiger auch mit wissenschaftlichen Methoden. Allen voran die sogenannte Sinus-Studie erfreut sich dabei großer Beliebtheit. Anhand soziokultureller Milieus erforschen die Touristiker, ob sie für alle relevanten Zielgruppen passende Angebote haben. Auch in der Werbung für Reisen ist der Sinus-Ansatz weit verbreitet. "Wie muss ich welche Zielgruppe ansprechen, damit sie bei mir ihren Urlaub bucht?", nennt Sonntag die wichtigste Frage.

Ein reiner Werbegag also? Oder haben die Themenwelten und Labels einen Nutzen für den Kunden? "Urlauber profitieren gleich mehrfach", ist Oliver Dörschuck, Touristikchef bei TUI, überzeugt. Erstens fänden Kunden darin nur die besten Hotels mit hohen Qualitätsstandards.

Zum anderen könne sich der Urlauber zielsicher in der Fülle der Angebote orientieren und das passende Hotel finden, ohne sich durch den Dschungel zahlloser Angebote zu kämpfen.Aber die Reiseveranstalter machen keinen Hehl daraus, dass die neuen Produktwelten auch den Unternehmen einen deutlichen Vorteil bringen: "Die Veranstalter wollen sich mit solchen Angeboten immer deutlicher im Wettbewerb positionieren", sagt Zeuch.

Mathias Brandes, Sprecher von Thomas Cook/Neckermann, formuliert es so: "Wir wollen beim Kunden eine Bindung erzeugen, um aus dem Preiswettbewerb herauszukommen. Wenn ein Hotel von allen angeboten wird, ist nur der Preis das Entscheidungskriterium."

Am Markt müssen die Veranstalter mit ihren Welten noch Überzeugungsarbeit leisten. Laut einer Umfrage der Fachzeitschrift "Travel one" finden nur 22 Prozent der Reisebüro-Mitarbeiter die thematisch orientierte Kundenansprache sinnvoll - 78 Prozent sind eher skeptisch. Kein Wunder, steckt hinter den neuen Produktwelten doch auch ein erster Ansatz, um das alte Destinationsprinzip aufzubrechen.

Bisher entschieden sich die Urlauber erst für eine Region, gingen dann ins Reisebüro und besorgten sich den entsprechenden Katalog. Die TUI-Billigmarke 1-2-fly bricht mit dieser Tradition im kommenden Sommer. Der Veranstalter bringt nur noch Zielgruppenkataloge heraus. "Fly4Family" richtet sich an Familien, "Fly2Relax" an Singles und Paare, "Fly4Friends" an Aktivurlauber.

Verbunden mit der immer stärkeren Zielgruppenansprache ist auch der Trend zu immer mehr exklusiv angebotenen Hotels. Diese sind meist die Aushängeschilder der Themenwelten. Marktführer TUI hat hier zahlenmäßig die Nase vorne. Im kommenden Sommer stocken die Hannoveraner ihr Angebot um 30 000 exklusiv angebotene Betten auf 150 000 auf.

Derzeit übernachten rund 60 Prozent der TUI-Gäste in Hotels, die im deutschen Markt von niemand anderem angeboten werden. Bis 2015 soll diese Zahl nach Willen des neuen TUI-Deutschland-Chefs Christian Clemens auf 80 Prozent steigen. Thomas Cook und Neckermann haben derzeit 34 000 exklusiv buchbare Betten. Alltours kommt auf 36 000 - elf Prozent mehr als im Vorjahr.

Wer in einem exklusiv von TUI oder Thomas Cook angebotenen Hotel übernachtet, darf sich dennoch nicht wundern, wenn er mit Briten oder Russen am Pool liegt. Denn das "exklusiv" versteht sich nur für den deutschen Markt. In anderen Ländern sind andere Veranstalter im Spiel - auch wenn bei vielen Hotels die Reisekonzerne versuchen, die Betten zusammen mit ihren Schwesterfirmen in anderen Ländern zu füllen.

Wer sichergehen möchte, dass er nur mit Gästen aus dem deutschen Raum am Pool liegt, muss bei den veranstaltereigenen Hotels buchen.