Interview mit Lars Ramme Nielsen, Touristik-Chef in Hamburg. Er leitet seit 1. September die Deutschlandzentrale von VisitDenmark.

Seit Jahren sind die Zahlen deutscher Urlauber in Dänemark rückläufig (von 21 Millionen Übernachtungen 1995 auf 13 Millionen im vergangenen Jahr). Diesen Trend will Lars Ramme Nielsen umkehren. Der 38-jährige Politologe und Marketingmann leitet seit dem 1. September die Deutschland-Zentrale von VisitDenmark, der offiziellen Vertretung der dänischen Tourismuswirtschaft, in Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

Wer Dänemark kennt, weiß, dass es ein umkompliziertes, liebenswertes Reiseland mit netten, meistens herzlichen Gastgebern ist. Wer es nicht kennt, hält es womöglich für etwas bieder, uncool und reichlich teuer. Müssen Sie das Image Ihres Heimatlandes ändern?

Larse Ramme Nielsen: Nein! Wir wollen und müssen uns nicht verbiegen. Wir müssen aber unsere Stärken deutlicher machen, die alten Werte und die neuen Qualitäten. Und wir freuen wir uns, dass nach wie vor Millionen zufriedener deutscher Gästen jedes Jahr wiederkommen. Dänemark hat gut drei Mal so viele deutsche Gäste wie Norwegen, Schweden, Finnland und Island zusammen. Die Gründe für den Rückgang aus Deutschland sind ja auch kaum hausgemacht, sie sind vor allem struktureller Natur: Viele sind nach der Wende in Mecklenburg-Vorpommern „hängen geblieben“. Andere nutzen Billigflüge ans Mittelmeer, die es früher in dieser Form nicht gab. Auch sind die Familien, unseres wichtigstes Klientel, deutlich kleiner geworden.

Wie wollen Sie neue, vor allem jüngere Gäste von Dänemark überzeugen, ohne die Stammgäste zu verwirren?

Nielsen: Unsere alten Stärken sprechen auch junge Urlauber an: viel Platz rund ums Ferienhaus und an den langen Stränden, nirgendwo Menschenmassen oder Gedrängel, große Freiheit und Liberalität in allen Bereichen, keine Gängelung am Strand, keine Kurtaxe und, ganz wichtig, eine wirklich intakte Umwelt. Außerdem kurze Wege zu vielen Attraktionen wie Lego und die „Sommerländer“, die alle sicher, familienfreundlich und spannend sind, aber von Technik nicht überfrachtet. Dänemark mag nicht besonders aufregend sein, aber dafür anregend und sehr erholsam. Das zieht auch bei jüngeren Urlaubern.

Über 80 Prozent ihrer deutschen Gäste finden Urlaub im Ferienhaus besonders erholsam. Der Komfort dieser Häuser ist zwar überall nennenswert gestiegen, aber die Nebenkosten auch, vor allem die Endreinigung, die allein mit mindestens hundert Euro zu Buche schlägt. Spricht Ihre Organisation darüber mit Anbietern und Vermittlern ?

Nielsen: Ja, wir sind im Gespräch mit unseren Ferienhauspartnern. Aber man darf nicht vergessen, dass die meisten Nebenkosten verbrauchsabhängig sind, Strom, Wasser und Holz für den Ofen. Aber viele Vermieter und Vermittler arbeiten an neuen Lösungen: Solar, Wind und andere saubere Energien werden immer häufiger eingesetzt, die Häuser besser isoliert. Ältere Häuser werden nachgerüstet. Um diese Entwicklung zu zeigen, schicken wir demnächst ein neues Niedrig-Energie-Haus durch Deutschland, das den Komfort zeigt und das Mobiliar, mit denen die Häuser heute schon vielfach ausgestattet sind: viel helles Holz, nicht selten im dänischen Design, frische, fröhliche Farben, energiefreundliche Herde, Wasch- und Spülmaschinen.

Lange galt Dänemark als kulinarisches Kuriosum mit seinen roten Würstchen und den deftigen Gerichten im Kro. Feinschmecker suchten ihr Paradies eher woanders. Quasi über Nacht aber machten Starköche wie Renè Redzipi vom Noma in Kopenhagen Schlagzeilen. In ganz Nordeuropa kochen nicht so viele Chefs auf Sterne-Niveaus wie allein in Kopenhagen. Die neue Nordische Küche wird längst auch in Jütland und anderswo angeboten. Aber so wirklich herumgesprochen hat sich das in Deutschland noch nicht.

Nielsen: Die Medien stürzen sich halt gern auf einen Champion wie Redzipi. Wir werden aber künftig bekannter machen, was sich außerhalb der Gourmettempel und außerhalb Kopenhagens getan hat. Aber jeder kann die neue Nordische Küche auch leicht für sich selber ausprobieren. Frische, gesunde und regionale Produkte werden überall angeboten. Beliebt sind die Stände am Straßenrand, meistens direkt vor den Erzeugerhöfen.

Apropos Kopenhagen, ganz sicher eines der reizvollsten Städteziele in Europa, die einzige Stadt in Skandinavien, die wirklich hip ist. Aber warum hört man so wenig vom Charme der vielen attraktiven Mittel- und Kleinstädte wie Aalborg, Aarhus, Odense oder Roskilde?

Nielsen: Diese Orte haben in der Tat viel zu bieten, und wir werden ihre Vielfalt und ihre Angebote bestimmt noch bekannter machen. Aber die Medien schauen halt am liebsten auf die Nummer 1. Sogar eine so tolle Stadt wie meine neue Heimat Hamburg wird in Kopenhagen leider vollständig von Berlin überstrahlt.

Wie überzeugen Sie zögernde Interessenten, die immer wieder auf die hohen Preise deuten?

Nielsen: Mit dem Hinweis auf unser stabiles Preis-Leistungs-Verhältnis. Qualität hat überall ihren Preis. Wir punkten zum Beispiel mit einer hervorragenden Infrastruktur, mit einem Radwegenetz, das seinesgleichen sucht, mit besten, vielfach kostenlosen Angeboten und Einrichtungen für Angler, Naturliebhaber oder Freizeitsportler, mit hohen Umweltstandards. Aber zugegeben: Unser relativ hohes Lohnniveau, bedingt nicht zuletzt durch hohe Steuern, mit denen eben diese Infrastruktur bezahlt wird, hebt die Preise auf ein Niveau, das vielen Deutschen manchmal hoch vorkommen mag.