In Plau am See beginnt die Verbindung der Müritz mit der Elbe. Das Tempo wird von Schleusen und Brücken bestimmt. Hektik ist hier fehl am Platz.

Nein, eilig haben darf man es hier nicht. Die Hubbrücke ist oben. Ein Motorboot brummt heran, dann gleich noch eins. Jetzt senkt sich der hölzern beschlagene Übergang wieder, die letzten Millimeter rastet er mit leichter Verzögerung ein. Für die Radfahrer, Fußgänger, manchmal auch Autos ist die Wartezeit an der Hubbrücke in Plau am See zu Ende. Ein paar Schritte weiter geht es links Richtung Rathaus. Plau ist eine Fachwerkstadt: Ein Haus neben dem anderen ist aus Holzbalken mit dazwischengepackten Steinen geformt, es gibt unendliche Variationen des immer gleichen Architekturthemas. Fast alle Häuser sind sorgfältig restauriert oder wenigstens gut erhalten, nur ganz wenige liegen in abblätternder Agonie, werden zum Verkauf angeboten oder sind halb fertig. Plaus historische Altstadt wächst aber nicht wuchtig in die Höhe, die Häuser sind meist klein, fast niedlich, aber nicht selten elegant, manchmal sogar waghalsig.

Gegenstück zum - übrigens massiven - Rathaus ist St. Marien. Die Kirche, so ist in den Hinweisen zu lesen, sei die steinerne Gründungsurkunde der Stadt. Am Rathaus steht, Plau habe vor zwei Jahren seinen 775. Geburtstag begangen.

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St. Marien ist offen. Das ist nicht selbstverständlich für ein evangelisches Gotteshaus. Dem dreischiffigen, gotischen Kirchenschiff ist der Altarraum mit flacher Decke vorgelagert. Die Kirche ist, wie unendlich viele in Mecklenburg, ein Meisterstück aus Feldsteinmächtigkeit, kombiniert mit Backsteineleganz. Seit Jahren werden immense Summen aufgewendet, das Gebäude vor größeren Schäden zu bewahren. Ein Förderverein kümmert sich um Spenden. Draußen gruppieren sich Häuser zum typischen Kirchhof, wie man ihn in vielen Orten in Mecklenburg findet; Güstrow, Grevesmühlen sind andere Beispiele. Vom Gotteshaus weg laufen zwei Straßen parallel, an der einen liegt das Rathaus, das Zentrum der Stadt. Hübsch auch die Straßennamen: Hier heißt ein Weg schon mal Vierte Wasserstraße - netter Hinweis auf die Elde, die die Stadt durchzieht und ihr einen fast südlichen Charme verleiht.

Der Handel mit Fisch in allen vorstellbaren Sorten ist allgegenwärtig, große und kleinere Schiffe ankern, mit denen Reiselustige weit in die Mecklenburgische Seenplatte hineinfahren können. Man kann sich aber auch das Wassergefühl an Land um die Nase wehen lassen und einfach laufen. Für Sportliche sind Radwege ausgeschildert; mehr als nützlich sind auch die überall in Plau verteilten großformatigen Luftaufnahmen, die erklären, wo sich welche Sehenswürdigkeit befindet.

Michael Wufka, Geschäftsführer der Tourist-Info, spricht von 450 000 Übernachtungen im Jahr; diese Zahl sei seit Jahren konstant. Gäste kämen aus Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Berlin und Sachsen. Sie nutzten Ferienwohnungen, Hotels, einen Campingplatz. Von Mai bis September erhebe Plau eine Kurabgabe; Gäste bekämen einen Ferienpass, der wiederum zu einigen Rabatten berechtige. Der Status als Luftkurort werde erst 2018 erneut überprüft, er bestehe seit 1998. Schon drei Jahre länger führt Plau das "am See" im Ortsnamen, genau wie das benachbarte Krakow.

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Plaus Hausbildhauer Wilhelm Wandschneider hat eine eigene kleine Schau direkt im Pfarrhaus. Das Heimatmuseum ist komplett zu, wird derzeit saniert. Auch der Burgturm war nur auf telefonische Rückfrage zu besteigen. Eine Burg? Aber ja doch, es gibt noch Reste: Was 1287 als Schloss errichtet worden war, wurde 1448-49 zur Burg, 1538-50 schließlich zur Festung umgebaut. Der Dreißigjährige Krieg brachte große Verwüstungen, 1660 wurde die Festung geschleift, der Turm blieb übrig, Reste des Burgwalls sind noch heute zu ahnen.

Wer hier herumläuft, liest trotz des geschlossenen Museums interessante Stichworte aus der Geschichte des Ortes, die darauf hindeuten, dass Plau nicht nur harmloses Städtchen, sondern durchaus eine aufstrebende Ortschaft war: Im 19. Jahrhundert siedelte sich unterschiedliche Industrie an, 1882 kam die Eisenbahn, 1900 entstanden die ersten Kurhäuser.

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Zurück ans Wasser. Ein Schubschiff bugsiert einen Kahn mit zwei Dreckcontainern auf seinen Platz. Bauarbeiter sind an der Wasserstraße zugange. Noch ein paar Schritte weiter das nächste Wasserschauspiel: die Schleuse, von der "Hühnerleiter" überquert. Damit ist die Fußgängerbrücke gemeint, die nach dem Krieg anstelle der bisherigen Überquerung errichtet wurde. Im Sommer kann es hier ab und an durchaus hoch hergehen. Jetzt gefällt vor allem der Blick auf die wunderschöne Altstadt von Plau.

Natürlich könnte man auch klagen. Der Lebensmittelladen in der Altstadt scheint zu, am Markt ein Bäcker, dafür "wuchern" die typischen Discounter auch hier am Rand der Stadt. Weiter draußen dann Feriensiedlungen, Hotels: Der Blick auf den See ist auch bei herberem Wetter nicht ohne Reiz. Wer ein wenig von der Umgebung sehen will: In Alt-Schwerin gibt es seit vielen Jahren ein Landwirtschaftsmuseum. Krakow am See liegt schön, Güstrow ist in einer Stunde erreicht. Andererseits: Hektik und Betriebsamkeit passen gar nicht zu Plau. Hier kann man sich auch einfach ausruhen. An der Hubbrücke - sie stammt aus dem Jahr 1916 und kann bis 1,86 Meter hinaufgefahren werden - geht das wunderbar.