Zur Musik von “Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ werden Besucher durch das Film-Setting geführt und erfahren viel über die Entstehung.

Moritzburg. Ein Pferdeschlitten inmitten in der Kulisse eines kleinen Winterwaldes empfängt die Besucher in der Wagenhalle von Schloss Moritzburg. Aus versteckten Lautsprechern erklingt die Filmmusik des Streifens „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“. Das barocke Gemäuer vor den Toren Dresdens präsentiert sich derzeit ungewohnt märchenhaft. „Wir sind im Winter künftig ein wahres Märchenschloss“, erklärt Direktorin Ingrid Möbius.

Seit im Winter 1972/73 Teile des tschechoslowakisch-ostdeutschen Märchenfilms rund um das Schloss gedreht wurden, strömen Filmfans aus aller Welt an den einstigen Drehort. Heute gehört der Streifen noch immer zum festen Weihnachtsprogramm vieler TV-Sender und genießt inzwischen Kultstatus. „Unsere erste Sonderschau vor zwei Jahren hat 156.698 Fans angelockt, die teilweise stundenlang in der Kälte ausharrten“, erinnert sich Möbius. An diesen Erfolg will das Schloss nun mit neuem Konzept anknüpfen.

Dieses Mal wurde die Ausstellungsfläche mit gut 2.000 Quadratmeter mehr als vervierfacht. Mehrere Wochen wurden Säle bei laufendem Besucherbetrieb umgeräumt. Wo üblicherweise historische Möbel präsentiert werden, zeigen sich nun bekannte Figuren aus dem Film. Die DEFA-Stiftung aus Babelsberg hat Originalkostüme nach Moritzburg gegeben. Das Schloss versucht weiterhin, weitere Originale von den Barrandov-Studios aus Prag in die Ausstellung zu holen.

Dokumentarfilme zeigen in zwei Kinos die Entstehungsgeschichte des Films und Interviews mit dem Regisseur Václav Vorlícek sowie verschiedenen Darstellern. In einem Ballsaal drehen sich zwei lebensgroße Wachsfiguren von Aschenbrödel und dem Prinzen zur Filmmusik von Karel Svoboda. Obwohl in der Schau auch das Modell des Ballsaals zu sehen ist, suchen die Besucher den echten Saal in Moritzburg vergebens. „Der wurde in den Filmstudios Babelsberg gebaut“, erklärt Schlossherrin Möbius.

Auf Schloss Moritzburg sind viele Schlüsselszenen mit detailgetreuen Kulissen nachgestaltet worden. So können Besucher den Bauernhof der Stiefmutter entdecken oder durch die „Gute Stube“ wandeln. Die kleinen Besucher werden von der Märcheneule Rosalie durch die Ausstellung begleitet. In einem der vier Schlosstürme wurde ein Kindertheater eingerichtet, in dem Märchenlesungen und Puppentheateraufführungen geplant sind. Während Aschenbrödel-Darstellerin Libue afránková sich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hat, habe ihr „Prinz“, Pavel Trávnícek, einen Besuch auf Moritzburg in Aussicht gestellt, heißt es. Auch der König aus dem Film, der Dresdner Schauspieler Rolf Hoppe, wird erwartet.

Viele ältere Moritzburger erinnern sich noch an die Dreharbeiten, einige standen als Statisten selbst vor der Kamera. Massenweise Kunstschnee wurde verteilt, weil ausgerechnet zu den Dreharbeiten keine Flocke vom Himmel gefallen war. Die meisten Pferde der Moritzburger Szenen stammten aus dem Landgestüt, wie die Fans des Films recherchiert haben. Wegen einer Tierseuchenverordnung durften die Pferde aus den in der CSSR gedrehten Szenen nicht in die DDR gebracht werden. So musste ähnlich aussehender Ersatz gefunden werden.

Über eine Homepage hält Kathrin Miebach die Fangemeinde vom Sauerland aus zusammen und sammelt alles rund um den Kultfilm. Der Streifen biete alles, was ein Märchenfilm haben muss, schwärmt sie. Kinder verstünden die Geschichte, ohne dass sie kindisch sei. „Frauen haben Prinz, Pferd und Kleider. Männer die Jagd, den nicht erwachsen werdenden Prinzen und das Brödel“, erklärt sie die Faszination des Stoffs. Miebach selbst hat beim Aufbau der Ausstellung mitgeholfen und ihre gesamte Sammlung mit Devotionalien rund um den Film dem Schloss Moritzburg überlassen.

Die größte Herausforderung sei es gewesen, die Märchenfiguren und Filmszenen in das barocke Schloss zu integrieren, sagt Kuratorin Margitta Hensel. Es sei kein künstliches Disneyland eingebaut, sondern der barocke Charakter des Schlosses erhalten worden. So bleiben beispielsweise auch die Geweihe an den hohen Wänden. Und ab Februar bis in den Spätherbst präsentiere sich das markante Schloss schließlich auch wieder in seiner ursprünglichen barocken Schönheit. Danach allerdings kehrt Aschenbrödel zurück. Das Konzept „Barock im Sommer – Märchen im Winter“ soll nach Angaben der Staatlichen Schlössern, Burgen und Gärten in Sachsen mindestens drei Jahre lang beibehalten werden.

http://www.maerchenschloss-moritzburg.de