Für ihr Dorf haben die Anwohner Historisches aus allen Teilen der Insel zusammengetragen. Auch die Jüngeren profitieren davon.

Angeführt von einer Frau in kretischer Tracht zieht morgens um zehn ein kleiner Trupp Mädchen fröhlich singend durch die enge Gasse. Jedes von ihnen hält einen Tonkrug vor der Brust. Zehn Minuten später kommen sie - immer noch singend - wieder zurück. Jetzt sind die Krüge mit Wasser gefüllt und werden auf der Schulter getragen.

Wir sind im traditionellen Dorf Arolithos, gelegen am Berghang, das man so nah am hektisch lärmenden Heraklion nie erwarten würde. Uralte Häuser in steilen Gassen, rustikale Tische unter schattigen Platanen, Geranien und Rosen in verschwenderischer Fülle. Wie verrückt zwitschernde Vögel, dösende Katzen in allen Farben und Größen, ein verfressener Hund, ein Papagei, der schräg pfeift und dusselig quatscht, und eine Herde Schafe und Ziegen, die jeden Morgen zum Weiden kommt - zum Greifen nah auf der anderen Seite des Zauns, an dem die Hotelgäste frühstücken.

Was man kaum glauben mag: Dieser schöne Ort ist ein Kunstprodukt. Vor 35 Jahren Stein für Stein, Tür für Tür und Möbel für Möbel von den Eltern der heutigen Besitzer zusammengetragen aus allen Teilen der Insel, um ein Stück ursprüngliches Kreta für die Nachwelt zu bewahren und mit Leben zu erfüllen. Fast täglich sind deshalb auch Schulkinder auf Exkursionen hier unterwegs, um sich intensiv mit altem Handwerk wie Weben und Töpfern oder kretischem Brauchtum zu beschäftigen.

Neben 36 Zimmern gibt es im Dorf eine Taverne, ein Café, einen Minimarkt, ein altmodisches Kafenion, ein kleines Museum, zwei originalgetreu eingerichtete Häuser und Läden mit handgearbeiteten kretischen Souvenirs - wie bei Niki Lyroni, die sich auf traditionelle Mosaik-Kunst spezialisiert hat. Und auch in der Schmiede sollten eigentlich Funken sprühen, "doch in ganz Griechenland ist kein Nachfolger für den Alt-Meister zu finden", bedauert Chef Michalis Saloustros.

Feiern wie die alten Griechen - private Feste finden auf dem Dorfplatz statt

Auf dem Dorfplatz mit ausladenden Platanen und gelber Kapelle finden regelmäßig Taufen und Hochzeiten statt - dann haben Michalis und sein Team zwischen 200 und 500 ausgelassene Gäste zu umsorgen. Seine kretischen Abende sollen darüber hinaus die Besten auf der Insel sein. Was die Musiker an Virtuosität und die Tänzer und Tänzerinnen an Leidenschaft und Ausdauer abliefern, ist jedenfalls aller Ehren wert. Und spätestens, wenn zum Finale einer der Männer auf dem Schnapsglas auf der Flasche auf dem Tisch seine Pirouetten dreht, ist die Stimmung auf dem Siedepunkt - das Publikum tobt.

Nicht zuletzt ist Arolithos aber auch ein idealer Ausgangspunkt für Streifzüge in Kretas Mitte. Nur jeweils etwa zehn Kilometer entfernt liegen die quirlige Hauptstadt Heraklion und der minoische Palast von Knossos. Die Tagestour in die venezianische Perle Rethymnon lässt sich gut kombinieren mit Fodele, dem Geburtsort des Malers El Greco, dem Keramikdorf Margarites und dem Kloster Arkadi, dem kretischen Nationalheiligtum. Und in der schönen Messara-Ebene im Süden sollten die einstige römische Hauptstadt Gortys und die minoischen Ausgrabungen von Phaistos in keinem Kreta-Programm fehlen.

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Eine Stunde ostwärts, am Rand des beliebten Touristenorts Agios Nikolaos, liegt ein weiteres außergewöhnliches Domizil direkt an der schönen Mirabello-Bucht: das Minos Beach Art Hotel. Vor knapp 50 Jahren - damals war Agios Nikolaos noch ein winziges Fischerdorf - errichtet als eines der ersten Luxushotels Griechenlands, in der die Crème de la Crème der einheimischen und europäischen Prominenz standesgemäß residierte.

"An Niveau und Stil hat sich seit dieser Zeit nichts geändert, an Outfit und Innenleben des Hotels aber einiges", demonstriert Manager Stelios Tamboukos anhand alter Fotografien. So stecken in den originalen weißen Bungalows nun ultramodern gestaltete Zimmer und Suiten. Die einst auf kahlen Boden gesetzte Anlage strotzt heute vor üppiger Vegetation - allein die Rosen vor dem Bacchusrestaurant sind ein Traum. Und kleine separate Badeplattformen mit Liegen und Schirmen für maximal zwei bis vier Gäste als Ort der Ruhe und Intimität gab es seinerzeit auch noch nicht. Nicht zuletzt verleihen Kunstwerke dem Haus eine besondere Atmosphäre: ein mächtiger Minotaurus, der vor dem Eingang wacht, ein roter Riese, der die Rezeption aus luftiger Höhe überschaut, eine alte Windmühle, aufwendig umgearbeitet von einem Künstler aus Zypern. Und Elenis Mylonas aus den USA erschuf aus Seilen und einem Holzstamm jene markante Skulptur am Ufer, die einen vortrefflichen Vordergrund abgibt für den pastellfarben leuchtenden Hügel der Stadt.

Tagestouren führen in Bergdorf-Idyllen mit Panorama-Aussichten

Diese wiederum ist nicht nur ein nettes Städtchen mit einem tiefen Süßwasser-Binnensee im Zentrum sowie perfekter touristischer Infrastruktur; von hier aus lassen sich ebenfalls problemlos mehrere Tage füllen mit Erkundungen in Kretas beeindruckendem und streckenweise wildem Osten.

Nur einige Kilometer entfernt wartet die einstige venezianische Festung und spätere Leprainsel Spinalonga-Kalidona auf Bootsausflügler, die täglich aus Agios Nikolaos und Plaka kommen. Ebenfalls nah sind das Bergdorf Kritsa und die kulturhistorisch bedeutsame Kreuzkuppelkirche Panagia Kera mit ihren tollen Fresken.

Gigantische Panorama-Aussichten und Bergdorf-Idyllen liefert die Straße nach Sitia, auf der viel leuchtend bunte Vegetation Spalier steht. In wesentlich kargerem Terrain warten weiter östlich das Kanonenkloster Toplou, der berühmte Palmenstrand von Vai und die Zakros-Schlucht, die besser bekannt ist als das Tal der Toten.