Sherry statt Bier, feuerrote Trachten statt Dirndl und Flamenco statt Blasmusik: Die Feria de Abril. Gefeiert wird gleich sechs Tage am Stück.

Sevilla. „Die Feria ist einmalig. Die Stimmung, das Ambiente, die Gastfreundschaft, die Folklore“, sagt José Antonio Cortes Herrero. Der 68-jährige Sevillaner sitzt am Eingang seines Festzelts und gießt aus einem Krug das typische Feria-Getränk in Gläser: Sherry mit Eiswürfeln und Zitronenlimonade. Es ist früher Nachmittag, Cortes Herrero lässt seinen Blick über das Gelände schweifen, über vorbeiklappernde Kutschen, Männer und Frauen in Trachten, Festzelte aus rot-weiß und grün-weiß gestreiftem Stoff, dazwischen sind Lampions gespannt.

„Ich hatte sieben Herzinfarkte“, sagt Cortes Herrero, „sie haben mir den Brustkorb aufgemacht und mein Herz repariert, und schaut mich an, hier bin ich auf der Feria, als sei nichts gewesen!“ Er lacht, bis seine Augen in kleinen Schlitzen verschwinden. Jeden Tag von ein Uhr mittags bis zehn oder elf Uhr abends feiert der Rentner in dieser Woche hier mit Freunden und Familie.

Denn darum geht es auf der Feria de Abril, dem größten Volksfest Andalusiens: um Musik, Tanzen, heiteres Beisammensein bei gutem Essen, Bier und Sherry. Es ist ein sechstägiger Rausch aus Farben, Lärm und Fröhlichkeit, der seit über 150 Jahren ein oder zwei Wochen nach Ostern in der andalusischen Hauptstadt Sevilla gefeiert wird.

Die Sevillaner putzen sich für die Feria heraus. Die Frauen zwängen sich in auffällige Kleider: am Körper hauteng, zum Boden hin mit wallenden Rüschen, meist gepunktet und in leuchtenden Farben von Feuerrot bis Safrangelb. Dazu stecken sie sich Blumen und Kämme ins Haar und tragen passende Ohrringe und Armreifen. Viele Sevillanerinnen lassen sich jedes Jahr ein neues Kleid schneidern und haben für jeden der sechs Festtage ein anderes im Schrank.

In Cortes Herreros Festzelt sieht es aus wie in einem Wohnzimmer: Gemälde in verschnörkelten Goldrahmen und Schwarzweißfotos hängen an den Wänden, die Holztische und Stühle sind mit Blümchen bemalt. Gerade macht die Live-Band Pause, aus den Boxen schallt spanische Folkloremusik. Alle hier im Zelt kennen sich, nur Familienmitglieder und deren Freunde werden hereingelassen. Darauf achtet strengstens der Türsteher in Uniform.

Die meisten Zelte sind in Privatbesitz, sie gehören entweder Familien, Vereinen oder Firmen. Nur rund ein Dutzend der Festzelte ist frei zugänglich. Hier ist die Stimmung nicht ganz so intim wie in den privaten. Aber auch hier wird von mittags bis tief in die Nacht getanzt, gesungen und gelacht – und das sechs Tage am Stück, von Montagabend bis zum finalen Feuerwerk am Sonntag um Mitternacht.

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Azahara Gomez Flores kommt aus dem 150 Kilometer entfernten Córdoba, deshalb feiert sie heute in einer öffentlichen Caseta. „Es ist schon ein bisschen elitär hier. Wir können nur in die öffentlichen Zelte, weil wir bei keinem privaten auf der Gästeliste stehen“, sagt die 31-Jährige, die seit vier Jahren in Sevilla lebt und heute mit Freunden zur Feria gekommen ist. Sie hat gerade Sevillanas getanzt und verschnauft kurz.

Die Sevillana ist ein fröhlicher Volkstanz mit Elementen aus dem Flamenco, der paarweise getanzt wird. Jedes Lied folgt einer festen Schrittfolge, alle Tänzer drehen sich in denselben Momenten, werfen die Arme gleichzeitig in die Luft, poltern synchron mit den Füßen auf dem Bretterboden. Die meisten kennen die Texte auswendig, singen mit und klatschen im Dreivierteltakt, es sind die immer gleichen Lieder.

Fünfzehn Straßen untergliedern das 450 000 Quadratmeter große Areal der Feria, alle sind nach berühmten Stierkämpfern benannt. Tagsüber rumpeln mit Glöckchen geschmückte Pferdekutschen darüber, in denen sich Familien über das Festgelände kutschieren lassen. Die Kutschen erinnern an den Ursprung der Feria.

1847 gab es die erste Feria de Abril in Sevilla, damals noch als Viehmarkt. Ab etwa 1920 ähnelten die Festzelte den heutigen, deren Aufbau und Größe inzwischen genau reguliert sind. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts wird die sogenannte Portada jährlich neu gestaltet, das 40 Meter hohe und 50 Meter breite Eingangstor zum Feria-Gelände, das nachts von Tausenden von Glühlämpchen bestrahlt wird. Seit 1972 steigt die Feria auf dem heutigen Gelände am Rande des Stadtviertels Los Remedios. Das Festgelände besteht aus zwei Teilen, den Festzelten einerseits und einem Rummelplatz mit Riesenrädern, Buden und Fahrgeschäften andererseits.

„So etwas gibt es nirgendwo sonst“, sagt José Antonio Cortes Herrero. „Wir Sevillaner lieben unsere Feria. Und wer in Sevilla geboren ist, will niemals weg von hier.“ Er nippt an seinem Sherry-Glas und betrachtet die tanzenden Frauen im Festzelt, die spielenden Kinder, seine Söhne, Töchter und Enkel, seine Familie. Er atmet tief ein und lächelt versonnen. Das hier ist sein Platz.

Feria de Abril

Reisezeit: In diesem Jahr beginnt die Feria de Abril am Abend des23. und dauert bis zum 29. April. Außerhalb der Feria ist die beste Reisezeit für Sevilla März bis Mai und September bis Oktober. Die Sommermonate Juli und August sollten Reisende wegen der Hitze meiden.

Anreise: Die Anreise erfolgt über den Flughafen Sevilla, allerdings gibt es aus Deutschland keine Direktflüge. Alternativ geht es mit Direktflügen nach Jerez de la Frontera oder Málaga. Die Weiterreise nach Sevilla erfolgt mit dem Bus oder Mietwagen.

Übernachtung: Für Feria-Besucher empfiehlt es sich, frühzeitig eine Unterkunft zu buchen. Fast alle Hotels sind zu dieser Zeit überfüllt. Viele Hotels verlangen deshalb pro Übernachtung das Doppelte des Normalpreises.

Informationen: Spanisches Fremdenverkehrsamt, Litzenburger Straße 99, 10707 Berlin (Tel.: 030/8826543, E-Mail: berlin@tourspain.es, www.spain.info).