Gut sieben Jahre nach dem Tsunami erinnert rund um Khao Lak fast nichts mehr an die Naturkatastrophe - die thailändische Region ist wieder obenauf

Dominik Stamm lässt eine SMS nicht lange unbeobachtet. Schließlich könnte ja wieder vor Sumatra die Erde gebebt haben, und dann vergehen nur Minuten, bis via Mobiltelefon eine Tsunami-Warnung für die Region erfolgt. Oder eben nicht.

Stamm ist seit Kurzem neuer General Manager im Le Meridien Beach & Spa Resort in Khao Lak. Der Ort liegt an der Westküste Thailands, gilt heute als eines der schönsten Urlaubsgebiete Asiens - und war im Dezember 2004 Schauplatz einer katastrophalen Überschwemmung, die Tausende Opfer forderte, darunter auch viele deutsche Touristen. Damals hatte es vor Sumatra ein Beben der Stärke 9,1 gegeben, es war das drittstärkste weltweit, das jemals von Wissenschaftlern beobachtet wurde. In der Folge baute sich eine bis zu zehn Meter hohe Flutwelle auf, die nicht nur in Indonesien ganze Landstriche verwüstete, sondern auch Hotels, Hütten und Häuser in Thailand, auf den Malediven und an der Küste Sri Lankas zerstörte. Selbst in Ostafrika waren Opfer zu beklagen.

Khao Lak, etwa eine Autostunde nördlich der Insel Phuket gelegen, traf es von den in Mitleidenschaft gezogenen Orten Thailands am härtesten. Der Küstenabschnitt mit seinen langen, goldgelben Stränden und dem urwüchsigen Hinterland galt damals bereits als Backpacker-Paradies und aufstrebendes Urlaubsziel, entsprechend viel los war während der Hochsaison am zweiten Weihnachtstag. Doch kaum jemand konnte seinerzeit die Zeichen des heranrollenden Tsunamis - allen voran die plötzliche Ebbe - richtig deuten, auch gab es keine Vorwarnsysteme, die Menschen in Alarmbereitschaft hätten versetzen können.

Heute ist das anders. Darum wissend, dass ihnen bei schweren Erdstößen vor Indonesien eine Vorwarnzeit von etwa 90 Minuten bis zum Eintreffen eines möglichen Tsunamis bleibt, haben Behörden und Hoteliers in Khao Lak für den Fall eines Falles Krisenpläne geschrieben, den Ablauf von Evakuierungen geübt, Sirenen errichtet und Schilder aufgestellt, die zeigen, in welcher Richtung Anhöhen und Schutztürme liegen. Halten sich alle Beteiligten an diese Notfallpläne und haben sie auch den Mut, bei Gefahr sofort Alarm zu schlagen, dürfte sich eine Tragödie wie 2004 (an die auch der Spielfilm "Tsunami - das Leben danach" erinnert, der an diesem Sonntag im ZDF läuft) selbst bei einem erneuten "Jahrhundertbeben" nicht wiederholen.

Eine jüngst veröffentlichte Untersuchung, bei der mehr als 200 Touristen aus 22 Ländern sowie lokale Anbieter befragt wurden, unterstreicht, dass Khao Lak im Vergleich zu anderen Regionen Thailands nicht mehr unter seiner historischen Last leidet. Das Drama von 2004 ist zwar nicht vergessen, aber ad acta gelegt - schließlich kann einem fast überall auf der Welt etwas passieren. Wer keinen Besuch der Tsunami-Gedenkstätte am damals von der Riesenwelle 1,5 Kilometer ins Landesinnere gespülten Polizeiboot 813 einplant und nicht gezielt nachfragt, was wo genau passierte, der wird von den Thais nicht mehr viel darüber hören.

Neben kleineren Spezialisten wie Transorient aus Hamburg setzen auch die Reiseriesen TUI und Thomas Cook wieder auf das Potenzial von Khao Lak. Beide Großveranstalter eröffnen hier demnächst sogar eigene Hotels, TUI unter dem Label Sensimar, Thomas Cook unter der Marke Sentido. Damit und durch weitere Neueröffnungen erhöht sich die Zahl der Hotelbetten auf etwa 6600. Anders als vor sieben Jahren, sind es heute vor allem Häuser im Vier- und Fünfsterne-Bereich, die Gäste beherbergen. Sie bieten gehobenen internationalen Standard - allerdings auch bei den Nebenkosten. Es lohnt sich deshalb, das Hotelgelände zu verlassen und in einem der lokalen Restaurants eine Thom Kha Gai-Suppe, ein Massaman-Curry oder eine gebackene Banane zu bestellen. So etwas kostet dort nur rund 100 Baht (2,50 Euro) pro Portion. Wenn man dann - wie im kleinen Strandlokal Rim Lay - direkt am Wasser sitzt, ein kühles Singha-Bier in der Hand hält und auf eine fast menschenleere Traumbucht schaut, ist die Idylle perfekt und alles Unheil dieser Welt vergessen.

Ein paar Meter weiter, im Le Meridien, stehen auch ungeschälte Bananen auf dem Speiseplan - und zwar 50 Kilo pro Tag. Verdrückt werden sie von Namwan, einem 1,5 Jahre alten Elefantenmädchen, das zur Freude der Kinder zum Hauspersonal zählt und jeden mit einem Rüssel-Schmatzer auf die Wange begrüßt. "Wir haben sie zusammen mit ihrem Mahut aus Nordthailand ausgeborgt", sagt Linawaty Ko, Marketingchefin des Hotels. "Es geht den beiden hier sicher besser als zu Hause." Wenn der Elefant drei Jahre alt ist, muss er wohl zurück in die Heimat, doch bis dahin kann er allabendlich im Meer baden und sich am Strand im Sand wälzen. Ein willkommenes Motiv für jede Foto- und Videokamera.

Ohnehin zählen Elefanten in Khao Lak zu den besonderen Attraktionen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, sich den Dickhäutern zu nähern - wir entscheiden uns für einen Dschungelritt mit anschließendem gemeinsamen Bad. Eddie von Khao Lak Land Discovery holt uns im stilechten Landrover ab und bringt uns in den Lamru Nationalpark. Dort warten Sao Nui, Dog Ruk und Pun Trag, drei ausgewachsene Elefanten. Über eine Holztreppe klettern je zwei Reiter auf eines der mächtigen, aber geduldigen Tiere. Gesessen wird nebeneinander in einer recht abenteuerlich anmutenden Metallkonstruktion, die den Namen Sattel kaum verdient hat, sich unterwegs jedoch durchaus als stabil erweist. Mit jedem Schritt seitwärts schwankend, geht es einen Trampelpfad entlang, bis ein Wasserfall erreicht ist. Bei 33 Grad im Schatten und 90 Prozent Luftfeuchtigkeit eine erste willkommene Abkühlung.

Noch beeindruckender ist allerdings der zweite Badestopp eine Stunde später. Denn diesmal gehen die Elefanten und ihre Passagiere im aufgestauten Fluss zusammen ins Wasser - ohne Sattel. Man sitzt dem grauen Riesen mit Badehose dann direkt im Nacken, krault ihm die Ohren und hofft, dass er sich den Spaß verkeift, mit dem Rüssel angesaugtes Wasser über einen regnen zu lassen. Hin und wieder taucht der friedliche Koloss ab, er scheint die Leichtigkeit im nassen Element zu genießen. Dass oben noch ein ungeübter Europäer drauf sitzt, ist dem Tier jetzt herzlich egal.

Andere Ausflüge, die sich Urlauber in Khao Lak nicht entgehen lassen sollten, führen hinaus in die Wunderwelt der Andamanensee. Schnorchler und Taucher zieht es zu den zauberhaften Surin- und Similan-Inseln, wo die Strände fast weiß und die Riffe voller Leben sind. Wer lieber auf den Spuren von James Bond wandelt, bucht den Tagesausflug in die Phang Na-Bucht. Dort kann man nicht nur die berühmte Bucht mit dem skurrilen Nadelfelsen aus "Der Mann mit dem goldenen Colt" bewundern, sondern sich auch mit dem Kayak in Tropfsteinhöhlen und Lagunen hineinpaddeln lassen. Mit etwas Glück trifft man dabei sogar auf einen Trupp wilder Affen.