Eigentlich ist diese Region bekannt für Sonne und Strand. In ihrem Hinterland aber finden sich weit spannendere Wege der Erholung.

"Du musst loslassen!", ruft Tarzan, alias Ömer, und ich deute seine Aufforderung im doppelten Sinne: den Baum und die Angst. Immerhin hänge ich unter dem Wipfel einer großen Zeder und soll mich wie Jane zu einem rund zehn Meter entfernten Baum schwingen. An einem Gurt hängend, der an einem Drahtseil entlangläuft. Das Dschungelcamp lässt grüßen. Zwar hat uns Ömer versichert, dass sämtliche Vorrichtungen im neuen Adventure-Park Manavgat-Oymapinar vom deutschen TÜV geprüft seien. Doch nimmt diese Aussage nicht die Höhenangst. Irgendwann siegt die Motivation, ich lasse los. Den Baum und die Angst. Bewältige mehr oder weniger bravourös auf 970 Meter Länge die insgesamt 38 Elemente auf Wackelbrücken, Kletternetzen und Drahtseilen. Darunter die Königsdisziplin - der Seiltanz über eine 25 Meter tiefe Schlucht.

76 Jahre alt sei der älteste Teilnehmer bisher gewesen, berichtet Marion Bitz, die mit ihrem Lebensgefährten Ömer Arslan im Juli den Kletterwald erröffnet hat. Vorher haben beide im bayerischen Freising gelebt, Ömer war 1970 im Rahmen der Familienzusammenführung dorthin gezogen. Rund 100 000 Euro haben die beiden in den Abenteuerpark investiert. Es ist der zweite an der Südküste, der etwas kleinere ist der Adventure Forest Kemer-Beldibi. Nun baut das Paar aus Bayern auf den großen Trend Aktivurlaub, der wie eine Welle auch in die Türkei schwappt.

"Die Gründe liegen auf der Hand", meint Okan Doganaslan, Fitness-Experte bei Öger Tours. "Das im Winter milde Klima ist für Sport ideal - hinzu kommt das gute Preis-Leistungs-Verhältnis. Viele Trainingslager angesehener Sportarten wie Fußball, Schwimmen oder Laufen finden deshalb an der türkischen Südküste statt. Und die Region mit ihren Hotelanlagen und deren Einrichtungen für Fitness- und Wellness suchen ihresgleichen."

Noch berauscht vom Adrenalin, suchen wir die nächste Herausforderung: Rafting. An beiden Seiten des Manavgat-Flusses gibt es viele Anbieter. Bei Imaj Rafting werden wir in Neopren-Anzüge gesteckt und mit Paddeln ausgerüstet. Doch auch die als einfach beschriebene Familienstrecke mit ihren zahlreichen Stromschnellen ist voller Tücken. Hier treffen wir wieder auf einen Tarzan, diesmal mit "s". Tarsan arbeitet als Bootsführer und ist angehalten, Frohsinn unter den angespannten Teilnehmern zu verbreiten. In unvorhersehbaren Abständen schlägt er hart mit dem Paddel aufs Wasser oder schippt Teilnehmern, die nicht freiwillig zum Schwimmen über Bord gehen, eine ordentliche Ladung des kalten Gebirgsbachs in den Kragen. Durch die Stromschnellen navigiert er uns jedoch so geschickt, dass die Tour tatsächlich unter dem Begriff "Fun" erlebt wird.

Am Green Lake, in dem sich Tausende von grünen Zedern spiegeln, die der gesamten Region den Namen "Green Canyon" verliehen haben, wird im gleichnamigen Restaurant mit Badesteg Köstliches aus dem osmanischen Reich im Allgemeinen und dem Süßwassersee im Besonderen aufgetischt.

"Warum fahrt ihr nicht?", fragt die Bäuerin verwundert, als wir am nächsten Tag in der Mittagshitze am Stausee entlangwandern. Sie lebt in einem der entlegenen Bergdörfer, die bald vom Aussterben bedroht sind, weil die Jungen in die lukrativeren Städte ziehen. Die Bergbauern ernten im September Baumwolle, bauen Sesam, Melonen und Orangen an. Auch Nomaden leben hier und weiden ihre Ziegen. Im Sommer wandern sie zu den kühleren Hochebenen.

Stadtlungen füllen sich im grünen Mischwald mit Eukalyptusduft, knorrige Olivenbäume stehen zwischen schlanken Pinien. Bei etwas Glück kreuzen Rehe, Hasen und Füchse den Weg, und an den Büschen knabbern Ziegen. Ungewöhnlich wie die Landschaft sind auch die Ausblicke auf eine Moschee mit spitzem Minarett mitten im See, auf die imposante Staumauer der Talsperre und die blauen Berge des Taurusgebirges im Hintergrund.

Adrenalin wird erst wieder am Strand zwischen Manavgat und Side ausgeschüttet. Das neue Hotel Sea World Resort & Spa lässt Parasails von Booten aus in die Luft steigen. Dorthin, wo der leichte Wind die Haut streichelt und wo der Blick den endlos langen Sandstrand einfängt.

Eine besondere Erfahrung ist auch Skifahren in der Türkei. Die wohl bekannteste Wintersportregion im Süden ist Saklikent in den Bey Bergen, 48 Kilometer westlich von Antalya. Es liegt schneesicher von Mitte Dezember bis Anfang April auf 1850 Meter Höhe und weist immerhin neun Lifte auf. Die Ausrüstung kann man sich ausleihen. Der Reiz liegt auch in der Mischung: morgens baden und nachmittags Ski fahren.