Sobald auf Mallorca die Saison beginnt, hat ein nerviges Phänomen Hochkonjunktur: Die Feriengäste verlernen das Autofahren. In Deutschland ist das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit ein Massenphänomen, auf Mallorca das Unterschreiten.

Er verführt mich auch nicht zum Träumen, wie es einst Schlagersänger Henry Valentino erging, der die Fahrerin vor ihm besang: Ich weiß nicht ihren Namen und ich kenne nicht ihr Ziel, ich merke nur, sie fährt mit viel Gefühl. Nein, ich werde dazu verführt, den Typen vor mir zum Kuckuck zu wünschen: Ich weiß nicht seinen Namen und ich kenne nicht sein Ziel, ich merke nur, er bringt mir Missgefühl ...

Sobald auf Mallorca die Saison beginnt, hat ein nerviges Phänomen Hochkonjunktur: Die Feriengäste verlernen das Autofahren. Hat sich der Urlauber erst einmal hinters Steuer eines Leihautos geklemmt, brennen ihm die Zündkerzen durch. In Deutschland ist das Überschreiten der Höchstgeschwindigkeit ein Massenphänomen, auf Mallorca das Unterschreiten.

Doch der Reihe nach: Das Trauerspiel begann am Flughafen von Palma de Mallorca. Tatort Parkhaus, an der Ausfahrt, kurz vor der Schranke. Der Fahrer vor mir im Wagen steckt die Parkkarte in den Schlitz. Doch nichts rührt sich. Er dreht sie. Er wendet sie. Er steckt sie wieder rein. Und wieder. Es hilft alles nichts, die Schranke bleibt unten. Es gibt genau vier Möglichkeiten, eine Parkkarte in einen Automaten zu stecken. Obere Seite, untere Seite, links und rechts. Und trotzdem braucht mein Vordermann gefühlte 20 Versuche. Noch nicht mal am Ballermann und schon ballaballa.

Endlich öffnet sich die Schranke, die Bahn ist frei. Doch anstatt davonzubrausen, würgt der Typ erst einmal den Wagen ab. Die zwei weiblichen Insassen auf der Rückbank drehen sich um - auf ihren Gesichtern steht eine Mischung aus Belustigung und Schamgefühl. Hinter mir warten bereits mehrere andere Autos. Er startet den Motor erneut, um dann mit quietschenden Reifen anzufahren. Ohrenbetäubend. Zu viel Gas, zu wenig Kupplung. Ich weiß nicht, ob ich lachen oder zetern soll. Weil ich unter einem gepflegten Zeitdruck bin, entscheide ich mich für Letzteres.

Direkt vorm Flughafen verläuft die Autobahn. Schnell den Typen überholt und dann ab Richtung Hinterland. In Sòller, im Nordwesten, einen Tankstopp eingelegt. Keine 20 Minuten mehr bis zum Ziel in Deià. Über eine enge, kurvenreiche Straße mit Meerblick geht's weiter. Fahrvergnügen also programmiert - ich bin der König von Mallorca!

Die ersten zwei Kilometer Fahrspaß liegen hinter mir, als plötzlich ein Hindernis vor mir die Straße versperrt. Es fährt nicht, es schleicht. Nanu, den kennen wir doch? Genau, es ist Schmidtchen Schleicher aus dem Parkhaus. Er muss sich an mir vorbeigemogelt haben, als ich getankt hatte.

Das Auskuppeln scheint er mittlerweile zu beherrschen, aber mit dem Gaspedal hat er sich noch immer nicht angefreundet. Vor allem in den Kurven. Im Zeitlupentempo quält der Typ sein Vehikel durch die Serpentinen. Um meinen Frust zu verstehen, muss man wissen, dass die Straße nach Deià fast nur aus Kurven besteht. Endlich in Deià angekommen, klage ich den Menschen, die auf mich warten mussten, mein Leid. "Och, der wollte bestimmt nur die Landschaft anschauen", meint einer besänftigend. "Genau, und Hunde wollen meistens nur spielen", knurre ich zurück. Dabei gehören manche besser an die Leine.