Auf der Insel treffen sich Frauen, um Deutschlands erstes gehäkeltes Korallenriff herzustellen: das „Föhr Reef“ im Museum Kunst der Westküste.

Alkersum. Die Seeanemonen sind weich und flauschig. Das ganze Korallenriff ist eine einzige Kuscheldecke. Etwa 100 Damen und ein Herr sitzen in Grethjens Gasthof, dem Café des Museums Kunst der Westküste in Alkersum auf Föhr. Und häkeln, was die Nadeln hergeben. In Gemeinschaftsarbeit entstand seit Januar in wöchentlichen Sitzungen das „Föhr Reef“, ein gehäkeltes Korallenriff. Ab 9. Juni wird das Werk ausgestellt.

Bei der letzten Sitzung sind sowohl Frauen aus Föhr als auch aus Kiel und Tønder in Dänemark gekommen. Das Projekt entsteht als Kooperation des Museums mit Margaret und Christine Wertheim vom Institute For Figuring in Los Angeles (IFF), das sich der ästhetischen Seite mathematischer und naturwissenschaftlicher Theorien widmet. Die gehäkelten Korallenriffe gehen auf die Idee einer Mathematikerin zurück, die den hyperbolischen, also in sich selbst gekrümmten Raum, darstellen wollte. Mittlerweile gibt es auf der ganzen Welt gehäkelte Riffe, die auch auf deren Bedrohtheit hinweisen sollen. Das „Föhr Reef“ ist das erste in Deutschland.

„Wir haben einen starken Schwerpunkt Umwelt, Klimawandel und Meer“, erklärt der Geschäftsführende Direktor des Museums, Thorsten Sadowsky, das Engagement des Hauses. „Das ist eine spannende Idee.“ Außerdem erlebten Handarbeiten, etwa durch „urban knitting“, eine Renaissance. Zudem war das nahe Tønder Zentrum der Spitzenklöppelei, „da haben wir auch einen kulturgeschichtlichen Bezug.“

Nach Tønder wird das „Föhr Reef“ auch wandern, nachdem es im Museum ausgestellt worden ist. „Das Zusammenspiel Deutschland und Dänemark spielt eine ganz große Rolle, das ist prototypisch für die ganze Region.“ Auch der Umweltaspekt sei wichtig: „Wir beschäftigen uns auch mit globalen Themen und sehen eine politische Verpflichtung, aus dem Museum solche Themen aufzugreifen.“ Das Museum sprach den Landfrauenverband an, den „Strikkeklubben“ in Tønder, und die Damen kamen in Scharen, etwa 80 pro Sitzung. Insgesamt werden etwa 400 mitgemacht haben, schätzt Sadowsky.

+++SPD schweigt in Bürgerschaft zu Kinderkuren auf Föhr+++

+++Taufe: Wattenmeer-Fähre heißt "Schleswig-Holstein"+++

Eine von ihnen ist die Insulanerin Rosemarie Sönmez. „Die Landfrauen sind ja für alles gut“, scherzt die Rentnerin. „Es ging gar nicht anders als mitzumachen“, meint sie. „Es macht so großen Spaß, ich kann gar nicht mehr aufhören.“ Sie nimmt gerne Blau- und Grüntöne, aber kein Weiß, das ist nämlich die Farbe der abgestorbenen Riffe. Korallen haben Sönmez schon immer fasziniert.

Bei Christa Langenhan von der Insel Amrum war es eher das Interesse für Mathematik und zeitgenössische Kunst, das sie nach Föhr brachte. „Mich reizt die hyperbolische Form“, sagt die weißblonde Frau. Sie war bereits in Australien, und auch auf Amrum sei sie nah an der Natur, kenne den Plastikmüll an der Küste. „Es gibt viel zu tun, um das einzugrenzen.“ Ihre Häkelfarben wählt sie selbst, auch wenn das Museum geraten habe, etwas Einfarbiges zu häkeln, weil schon so viel Buntes da war. Jetzt hat sie in etwa acht Stunden ein quietschrotes Riff-Stück gehäkelt. Ein einzelner Mann sitzt zwischen all den Häkel-Ladies und müht sich an einem beigen Stückchen Riff. An der Uni Kiel hat er vom Häkel-Event erfahren. Mit seinem kleinen Riff-Teil könne er nichts falsch machen, hofft er.

Ein paar Tische weiter sitzen auch einige Däninnen, denen vor allem der Schutz der Riffe am Herzen liegt. In einem extra Raum liegen die bereits fertigen gehäkelten Riff-Bestandteile. Viel Rot und Pink, eine grüne Ecke, immer wieder gelb, und alles hat erstaunlich viel Ähnlichkeit mit einem echten Riff. In seiner Abschlussansprache zur letzten Handarbeitssitzung spart Sadowsky nicht mit Lob, preist die „schöne Energie“ und kündigt schon mal an, dass das Werkeln in Alkersum wegen des großen Zuspruchs weitergeht und ab Juli ein „Strickcafé“ eingerichtet wird. Die Damen häkeln während seiner Rede unermüdlich weiter. Rosemarie Sönmez lächelt. „Es ist wie eine Sucht.“