Deutsche sind reisehungrig. Nach der Flaute 2010 gibt es jetzt 30 Prozent mehr Buchungen für Mallorca. Auch die Türkei ist gefragt.

Berlin. Die Krise ist vorbei, die Deutschen sind reisehungrig wie nie. TUI meldet neun Prozent mehr Buchungen für die Sommermonate, Thomas Cook und Neckermann liegen vier Prozent im Plus, und auch die Rewe Touristik mit ihren Marken ITS Reisen, Jahn Reisen und Tjaereborg verkauft mehr Pauschalreisen als im Vorjahr. Bei den Familienreisen erwartet TUI sogar einen Zuwachs von 25 Prozent.

"Die Zeichen stehen gut, dass die Umsatz- und Teilnehmerzahlen des Rekordjahres 2008 erreicht werden können", sagt Sibylle Zeuch vom Deutschen Reiseverband (DRV) in Berlin. "Die Deutschen sind wieder reisefreudiger." Die Angst um den Arbeitsplatz habe sich verflüchtigt, gerade Familien gönnten sich wieder den großen Urlaub in den Sommerferien. "Urlaub bleibt auch 2011 die populärste Form von Glück, eher sparen die Bürger im Alltag, als dass sie die besten Wochen des Jahres daheim verbringen", sagt Prof. Ulrich Reinhardt, wissenschaftlicher Leiter der BAT-Stiftung für Zukunftsfragen.

Vom Absteiger im vergangenen Jahr zum strahlenden Gewinner der Saison hat sich Mallorca gemausert. Zu wenige All-inclusive-Hotels, ein Opfer des Zeitgeistes, hieß es noch zu Beginn des Jahres. Nun verkündet TUI-Sprecher Mario Köpers 30 Prozent mehr Buchungen für den Sommer als im Vorjahr. Und auch die Konkurrenz wie die Rewe-Touristik spricht von einer "Renaissance der Balearen". Die Gründe dafür sind die Reiselust der Deutschen - und die Umwälzungen in Nordafrika.

Wie jeden Sommer dürfen sich vor allem die Hoteliers in den klassischen Badezielen rund ums Mittelmeer die Hände reiben. Welchen der großen Veranstalter man auch fragt, die Lieblingsziele der Kunden sind fast immer dieselben: Spanien, die Türkei, Italien. "Auch Griechenland verzeichnet starke Zuwächse", sagt Torsten Schäfer vom DRV. Portugal könne auch mit dem Wohlwollen der Deutschen rechnen und so seine maroden Kassen füllen. Der Tourismus in Tunesien erhole sich langsam, sagt Schäfer. Das Onlineportal Holidaycheck registrierte im April aber nur 45 Prozent der Buchungen des Vorjahres. Auch Ägypten hat nach wie vor mit den Folgen der Unruhen zu Beginn des Jahres zu kämpfen, hat sich aber schneller erholt als von der Branche erwartet. "Ägypten lockt mit günstigen Angeboten", sagt Schäfer.

Dass nach Ägypten noch immer weniger Urlauber reisen als vor der Revolution, liegt nach Ansicht von Prof. Martin Lohmann nicht in erster Linie in der Angst vor neuer Gewalt begründet. "Die Veranstalter haben Kapazitäten umgeschichtet, das ändern sie jetzt nicht mehr", sagt der Experte vom Institut für Tourismus- und Bäderforschung in Kiel. Thomas Cook und Neckermann bieten 46 Prozent weniger Flüge in die Krisenländer Ägypten und Tunesien an.

Stattdessen fliegen die großen Veranstalter ihre Kunden jetzt nach Spanien und in die Türkei. Sie profitierten von der Krise der anderen "eindeutig am meisten", sagt Daniela Sauerwald, Sprecherin von Rewe Touristik. Auch TUI werden die Türkei-Reisen aus den Händen gerissen: Deutschlands größter Veranstalter verkaufte bisher 20 Prozent mehr Reisen als im Vorjahr. Antalya sei an den jeweils ersten Ferienwochenenden in den Bundesländern ausgebucht, sagt Sauerwald. Das liegt auch daran, dass viele Urlauber sich früher entschieden haben als im vergangenen Jahr. "2011 ist kein Last-Minute-Jahr", sagt Zeuch. "Je später man bucht, desto flexibler muss man sein."

Besonders Ende Juli könnten sich die Sonnenhungrigen an der Badewanne der Deutschen, dem Mittelmeer, drängen. Dann beginnen in Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen für 41 Millionen Bundesbürger die Ferien. Allerdings steht das eigene Land in der Gunst der Deutschen ganz oben. Hier seien das vor allem Nord- und Ostsee, sagt Schäfer.