Kapstadt ist das perfekte Ziel für einen All-in-one-Urlaub. Auch ganz ohne Fußball

Franks Zähne sind so weiß wie der Sand, in dem er kniet. Der Strandverkäufer aus Simbabwe mit den kinnlangen Dreadlocks und den abgewetzten Bermuda-Shorts ist gut drauf, das verrät sein Grinsen. Es ist noch nicht mal Mittag, und 500 Südafrikanische Rand, rund 50 Euro, hat der 28-Jährige schon verdient. Frank verkauft Kissenbezüge, die er mit Giraffen und Antilopen bedruckt. "Tourists looove that", betont er, und hier am Strand von Camps Bay, dem noblen Vorort Kapstadts, liegen sie ihm zu Füßen.

Touristen haben viel Geld, weiß Frank. Deshalb freut er sich auf die WM, dann kommen sie von überall, hofft er.

Ob er sich auch für Fußball interessiert? Frank runzelt die Stirn. "Fußball?", fragt er und schüttelt gleichzeitig den Kopf, sodass ihm seine Dreadlocks wie ein Kettenkarussell um die Ohren fliegen. "Rugby!", sagt Frank und legt sich die rechte Hand aufs Herz.

Cape Town-Victoria & Alfred Waterfront

Südafrika ist amtierender Weltmeister der Rugby Union. Spielen die "Springboks", ihre Nationalmannschaft, dann drehen die Menschen in der "Mother City" durch. Den mächtigen Beinamen trägt die Stadt am Kap, weil sie die älteste aller südafrikanischen Städte ist, sie hat ihn in vielfacher Hinsicht verdient. Die Millionen-Metropole überstrahlt eine große Ruhe.

Ein Blick gen Himmel erklärt, woher sie rührt: Wie ein gigantisches Schutzschild der Natur thront der rund 1000 Meter hohe Tafelberg im Rücken der Mutterstadt. Allein ihn anzuschauen verlangsamt den Puls. Es macht so gelassen wie ein kurzer Plausch mit dem relaxten Frank. Berauschend dagegen ist der Blick vom Tafelberg auf die Stadt und den wilden Atlantik, an dessen Küste sich gleich mehrere Viertel schmiegen. Es fühlt sich an, als läge einem die Welt zu Füßen.

Stadt, Meer, Berge. Rund zwölf Flugstunden von Deutschland entfernt ist Kapstadt das perfekte Ziel für einen All-in-one Urlaub. Wie so oft bietet den besten Überblick eine Stadrundfahrt mit einem roten "Hop on, Hop off"-Doppeldeckerbus. Mit einem 12-Euro-Tagesticket kann man Kapstadt durchqueren und umrunden. Einziger, aber fataler Fehler: Auf dem Sonnendeck den Hut zu vergessen.

Die Touren beginnen am "Two Oceans Aquarium", führen vorbei am neuen "Green Point Stadion" (68 000 Zuschauer), den bunten Fassaden im Malaienviertel Bo-Kaap, durch Tamboerskloof, ein Schmuckkästchen-Viertel mit San-Francisco-Straßen. Die Busse halten vor den zahlreichen Museen der Stadt, dem Company's Garden (wurde einst durch Kapstadts Gründervater Jan van Riebeeck im Auftrag der Holländisch-Ostindischen Handelskompagnie angelegt, um die Versorgung der Kolonisten mit Obst und Gemüse sicherzustellen) und zu guter Letzt an der Flaniermeile von Camps Bay, dem Nobelvorort der Stadt, an dessen Strand Frank seine Kissenbezüge verkauft.

Windgeschützt und ein bisschen ruhiger ist der kleine Glen Beach, eine Bucht weiter, etwa zwei Minuten Fußmarsch. Besonders beliebt sind auch die vier "Clifton Beaches" unterhalb des gleichnamigen Vorortes. Sie sind durchnummeriert: Strand Nr. 1 ist der ruhigste, hier liegen die älteren Einheimischen, an Nr. 2 hippe Kapstädter und Studenten, an Nr. 3 die Homosexuellen (in Kapstadt leben viele Schwule) und am schicken Nr. 4 die Models, für Normalo-Frauen der unentspannteste Ort.

Gemeiner sind nur die Temperaturen des Atlantiks. Ständig lockt er, sich in seine Brandung zu stürzen, die meiste Zeit hat das Wasser jedoch nur 15 Grad. Nicht ganz so prickelnde, dafür schmerzfreie Abkühlung bietet das leckere Grenadina-Eis der Strandverkäufer: "Greeeeenadina-Loooolly!!!"

Two Oceans Aquarium an der Waterfront

Genug vom Strand? Auf zum Shoppen! Läden wie "mememe" oder "Mungo&Jemima" auf der Long Street führen vor allem Trendsüchtige in Versuchung. Wer klassische Mode bevorzugt oder wem es draußen zu heiß ist, dem bieten sich die Shopping-Malls an der Waterfront oder in Cavendish an. Kulturelle Abwechslung bieten die zahlreichen Museen und Galerien der Stadt. Die "Iziko SA National Gallery" hat die beste Kunstsammlung. Berührend ist ein Besuch in dem sehr persönlich gestalteten "District Six Museum" (25 A Buitenkant Street), das die Geschichte des gleichnamigen Distrikts erzählt, aus dem 1950 rund 60 000 schwarze Menschen vertrieben wurden, als der Bezirk zur "Whites-only Zone" erklärt wurde.

Die meisten Vertriebenen und ihre Familien leben heute in einem der hartnäckig wachsenden Townships am Rande der Stadt. So schön Kapstadt ist, so schmerzlich ist die Not der Millionen schwarzen und coloured People in den Slums, auch sie sind Kinder der "Mother City" wie die lässigen Surferboys in Flip-Flops. Wer über ihr Leben auf der Schattenseite der Sonnenstadt etwas erfahren möchte, sollte sich aus Sicherheitsgründen nie alleine auf den Weg machen, sondern sich an die Veranstalter wenden, die sich auf Township-Touren spezialisiert haben (zum Beispiel Camissa Tours, Inkululeko Freedom Tours, Zibonele Tours and Transfers).

Kapstadts "City Bowl", die Innenstadt, umrundet eine Kette von Hausbergen, auf denen sich Outdoor- und Trekkingfans austoben können. Die schönste Aussicht für alle, die fit und schwindelfrei sind, bietet der 669 Meter hohe Lions Head. Neben dem alles überragenden Tafelberg sieht man vom Löwenkopf aus auch den Devil's Peak, die berühmten Zwölf Apostel, die weitläufige Tafelbucht und bei guter Sicht auch die ehemalige Gefängnisinsel Robben Island, auf der Nelson Mandela 18 Jahre in einer vier Quadratmeter großen Einzelzelle verbrachte. Ein Ausflug dorthin ist beeindruckend wie bedrückend.

Beduselt endet dagegen meistein Ausflug in die "Winelands", die die kleine Studentenstadt Stellenbosch umgeben. Auf allen Gütern (besonders schön: Vergelegen und Boschendahl) der weltberühmten Region kann man für umgerechnet einen Euro fünf Weine testen. Wichtig: Den Fahrer vor dem ersten Glas auslosen.

Die "Mother City" nie wieder verlassen möchte man nach einem Besuch in der "Old Bisquit Mill" und dem "Neighbourgoods Market" in der Albert Road. Sonnabends erwarten die Besucher dort selbst gemachte Delikatessen aus allen Ländern der Welt, süß wie herzhaft - zum Dahinschmelzen. Gratis dazu gibt es ein freundliches "Howzit?" (südafrikanisches Englisch für: Wie geht's?). Eine Antwort wird erwartet.

Was niemand in Kapstadt verpassen sollte: den Tag mit der Sonne ausklingen zu lassen. Vom "Sunset Beach" aus hat man einen atemberaubenden Blick auf Stadt und Tafelberg. Warten bis die Sonne ins Meer taucht, die "Mother City" ihre Lichter anknipst, und dann - einfach glücklich sein.