Viele Reisen zur Fußball-WM sind noch buchbar. Veranstalter hoffen, dass sich mancher kurzfristig entscheidet

Dass Deutschland und Südafrika in derselben Zeitzone liegen, ist häufig als Vorteil für Reisen zur Fußball-WM gewertet worden: kein Jetlag, keine Anpassungsprobleme. Besonders viele Fans hat das aber wohl nicht überzeugt: Rund sieben Wochen vor dem ersten Anstoß am 11. Juni sind bei den meisten deutschen Veranstaltern, die WM-Touren samt Stadiontickets verkaufen, noch genügend Reisepakete buchbar.

Der Weg zum Kap der Guten Hoffnung ist vielen Fußballfreunden offenbar doch zu weit, auch die Diskussion über die Sicherheit in Südafrika dürfte einige abgehalten haben. Die Anbieter setzen nun auf einen Last-Minute-Effekt und hoffen auf eine erfolgreich spielende deutsche Elf während der WM-Vorbereitung. "Die Nachfrage könnte besser sein", räumt Tom Rostek ein, Sportreisen-Produktchef von Dertour in Frankfurt. Bisher seien 60 Prozent des WM-Angebots verkauft. In der Regel sind die Reisen sechs bis sieben Tage lang und umfassen neben dem Aufenthalt am Spielort eine Safari, bei der es in die Wildnis Südafrikas geht.

Ähnlich sieht es bei zwei weiteren deutschen Reiseanbietern aus, die auf WM-Eintrittskarten zugreifen können. "Wir haben mit anderen Gästezahlen in der Vorrunde gerechnet", sagt Dennis Schreiner von Passion Southafrica in Darmstadt. Beim Sportreisen-Spezialisten Vietentours bleibt das Ziel zwar weiterhin, 1500 bis 2000 deutsche Fans nach Südafrika zu bringen. Es könne aber sein, "dass wir das nicht schaffen", sagt Geschäftsführer Ingo Frieske in Düsseldorf. Eng sehe es bei den Buchungen ab dem Halbfinale aus.

"WM ausverkauft" heißt es lediglich bei Thomas Cook Reisen. Der Veranstalter aus Oberursel (Hessen) hatte zum Großereignis aber auch nur ein recht kleines Vorrunden-Kontingent auf den Markt gebracht. Dass es bei den deutschen Fans einen wahren Last-Minute-Boom in Richtung Südafrika geben könnte, glaubt so recht keiner der Anbieter. "Wir rechnen aber damit, dass sich noch einige überzeugen lassen, wenn das WM-Feeling erst da ist und auch Südafrika-Bilder im Fernsehen laufen", sagt Dennis Schreiner. Seine Firma wird Reisen in das WM-Land auch dann noch verkaufen, wenn die Vorrunde schon läuft.

Bei Dertour liegt gar ein Plan in der Schublade, einen Sonderflug nach Johannesburg zu chartern und sehr kurzfristig Reisen anzubieten, falls es Joachim Löws Mannschaft ins Finale schafft "und wir Tickets dafür erhalten", erklärt Tom Rostek. Sollte es dazu kommen, würden die Fans zweimal im Flieger übernachten - und gar nicht in Südafrika. Ingo Frieske erwartet, dass es noch einmal Neubuchungen gibt, wenn die anderen Fußball-Wettbewerbe abgeschlossen sind und sich das Fan-Interesse voll auf die Nationalelf konzentriert. Die Preise, die Vietentours im Katalog veröffentlicht hat, gelten weiter, Last-Minute-Rabatte gibt es nicht. Stattdessen setzt das Unternehmen auf seine Fanmeile im "Football Village" in Johannesburg, wo es Public Viewing gibt, wenn es für die angereisten Fans mal nicht ins Stadion geht. Zum Konzept dort gehört auch, zusammen mit WM-Touristen aus vielen anderen Ländern zu feiern.

Neben den Veranstaltergästen werden auch etliche WM-Urlauber nach Südafrika reisen, die sich selbst um die Organisation kümmern und ihre Stadion-Eintrittskarten direkt vom Weltfußballverband Fifa oder vom DFB erhalten. Auch kurzfristig dürften sie noch Flüge und Hotelzimmer bekommen.

Etwas Flexibilität wird dabei nötig sein - zum Beispiel um hohen Flugpreisen aus dem Weg zu gehen. Bei der Lufthansa war Mitte April für den WM-Zeitraum erst ein Südafrika-Flug ausgebucht: der von Johannesburg zurück nach Frankfurt am 12. Juli, dem Tag nach dem Endspiel. Ansonsten seien noch alle Flüge und Sitzklassen verfügbar, auch wenn es an einigen Tagen mit den Kapazitäten eng werde, sagt Sprecher Boris Ogursky. In der Sommersaison fliegt die Lufthansa täglich von Frankfurt nach Johannesburg. Kapstadt-Flüge bietet sie nur im Winter an, wenn es auf der Südhalbkugel besonders warm ist. Auch Air Berlin fliegt nur im europäischen Winter nach Kapstadt. Anreise-Alternativen während der WM-Wochen sind die Nonstopflüge von South African Airways nach Johannesburg sowie Umsteigeverbindungen zum Beispiel mit Emirates über Dubai.

Dass ein einziger Reisetag mehr oder weniger bei den Flugpreisen einen enormen Unterschied ausmachen kann, zeigt eine Abfrage der Lufthansa-Tarife, die am 20. April verfügbar waren. Ein Flug von Hamburg über Frankfurt nach Johannesburg und zurück kostete 937 Euro, wenn der Hinflug am 8. Juni und der Rückflug am 17. Juni geplant wurde. Bei einer nur einen Tag späteren Anreise nach Johannesburg, also am 9. Juni, schoss der Preis gleich auf 2103 Euro in die Höhe. Auch bei den Hotels gebe es zur WM noch "Kapazitäten in allen Kategorien", sagt Theresa Bay-Müller, Deutschland-Chefin von South African Tourism. Ziel sei es nun, eine gemeinsame Online-Plattform aller Hotels zu schaffen, über die Last-Minute-Reisende eine breite Auswahl erhalten. Anfang Mai soll sie fertig sein.

Bay-Müller erwartet, dass etwa 8000 Deutsche zur WM ins Land kommen. Das wären etwa so viele wie auch sonst um diese Jahreszeit, die als Nebensaison gilt. Die Fußball-Touristen ersetzen in der Statistik also andere Reisende, die in diesen Wochen bewusst nicht nach Südafrika fliegen.