Jens Krohn startet beim 821 Kilometer langen Radrennspektakel Tour Transalp. Seine Frau Bettina Lange wurde gerade deutsche Triathlon-Meisterin

Bargfeld-Stegen. Auf was Jens Krohn sich mit seiner Anmeldung zum 821,9 Kilometer langen Radrennspektakel Tour Transalp eingelassen hat, wird dem 56-Jährigen spätestens nach der ersten von sieben Etappen am 29. Juni vom bayerischen Mittenwald hinein ins österreichische Sölden bewusst. Noch strahlt er Selbstbewusstsein aus. „Die insgesamt 19.318 Höhenmeter quer durch die österreichischen und italienischen Alpen machen mit keine großen Sorgen“, sagt Krohn.

Anders verhält es sich dagegen mit den diversen Teilstrecken bergab. Auf den bis zu 30 Kilometer langen Abfahrten erreichen die Fahrer ungebremst Geschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometer pro Stunde. „Bei dem Gedanken an dieses Tempo auf zwei dünnen Rennradreifen wird auch mir etwas flau in der Magengegend“, sagt der Ausdauersportler vom TSV Bargteheide.

Auf seiner Terrasse in Bargfeld-Stegen spricht Krohn ein weiteres Problem an. „Die Abfahrten können sich bis zu einer halben Stunde hinziehen“, sagt er. „Auf kurviger Strecke ist man die meiste Zeit über mit beiden Händen an den Bremsen zugange, was unheimlich viel Kraft kostet.“ Und: Auf einer Höhe von bis zu 2500 Meter können die Temperaturen nahe an den Gefrierpunkt heran reichen. „Es ist alles andere als spaßig, mit eiskalten Händen permanent das Tempo zu drosseln“, sagt Krohn. Einen Streckenabschnitt beschreiben die Organisatoren als „kurvige wie atemberaubend in steilen Fels gehauene Abfahrt, bei der etwas Vorsicht angebracht ist“. Krohn: „Hört sich für mich irgendwie abenteuerlich an.“

Nach Angaben der Organisatoren gilt die Tour Transalp als eines der faszinierendsten und spektakulärsten Rennrad-Etappenrennen für Jedermänner weltweit. 600 Zweierteams aus insgesamt 22 Nationen durchqueren an sieben Tagen von Mittenwald aus die Alpen bis ins italienische Arco in der Nähe des Gardasees. Gleich die erste Etappe bietet den Fahrern mit ihren 115,7 Kilometern und insgesamt 2475 Höhenmetern eine besondere Mischung aus Strecken- und Landschaftserlebnis.

Gewertet wird die Teamleistung. „Für das jeweilige Team zählt immer nur die Zeit des Zweiten, der die Ziellinie überquert“, erklärt der 56-Jährige. Allerdings scheiden sich an diesem Wertungsmodus die Geister. Krohn: „Während die einen es für eine ungerechte Lösung halten, sehen andere darin die Möglichkeit, Teamgeist zu fördern und im Endeffekt auch zu belohnen.“ Warum aber setzt man sich bei Wind, Kälte, Regen oder Hitze dieser körperlichen Tortour aus – und das auch noch freiwillig? „Der Gedanke, mich dieser Herausforderung zu stellen, verfolgt mich schon seit mehreren Jahren“, sagt Krohn.

Er erinnert sich noch gut an die eine ganz spezielle Triathlon-Trainingseinheit vor gut eineinhalb Jahren mit seinem Ammersbeker Sportskollegen und Freund Hubert Hoose. Ausgelaugt aber irgendwie zufrieden schauten sich beide in die Augen und beschlossen, ihren gemeinsamen Wunsch in die Realität umzusetzen. „2014 greifen wir bei der Tour Transalp an“, lautete ihr Plan. Der passende Teamname war schnell gefunden. „Wir gehen als die ‚Storm Männer’ an den Start“, sagt Krohn.

Triathlet Krohn schraubte während der weiteren Trainingseinheiten sein Lauf- und Schwimmpensum herunter und schwang sich stattdessen jede freie Minute auf sein Rennrad. Einziges Problem: Stormarn ist zwar bei Radsportlern ein beliebtes Trainingsrevier – aber eher aufgrund seiner schönen Landschaft als der Höhenunterschiede.

„Deshalb nutze ich an stürmischen Tagen den Gegenwind, um in hohen Gängen langgezogene Bergauffahrten zu simulieren, Kraft zu tanken und Kondition aufzubauen“, sagt Krohn. Sein wöchentliches Trainingspensum liegt bei 200 bis 250 Kilometern. Wenn Ehefrau Bettina Lange bei Wettkämpfen in der Umgebung an den Start geht, begleitet Krohn die seit Jahren erfolgreiche Triathletin mit dem Rennrad. „Da kommen leicht weitere 150 Kilometer zusammen“, freut sich Krohn.

Seit Wochen ist ein 24-seitiges Prospekt der Tour Transalp sein täglicher Begleiter. Immer wieder blättert der Bargfelder in dem bunten Heftchen. Ständig auf der Suche nach etwas, das er in der Lektüre bisher noch nicht entdeckt hat. Krohn: „Von Tag zu Tag wird das Kribbeln im Bauch größer.“