Der Reinbeker nutzt fernöstliche Kampfkünste als einen Weg zur Selbstfindung

Reinbek. Die Beherrschung des japanischen Langschwerts, des sogenannten Katanas, ist der sichtbare Teil der Schwertkampfkunst Iaido. Der unsichtbare Teil – die geistige Ausbildung des Schwertkämpfers – ist für einen Iaidoka jedoch der weitaus wichtigere Aspekt. Michael Paczkowski von der TSV Reinbek beschreitet seit mehreren Jahrzehnten Dank fernöstlicher Kampfkünste den Weg zur Selbstfindung. Der sportliche Erfolg bleibt dabei nicht auf der Strecke: Vor Kurzem gewann der 59-Jährige bei den von der TSV Reinbek ausgerichteten norddeutschen Iaido-Meisterschaften die Bronzemedaille in der Kategorie Mudan und Shodan.

Im Gegensatz zur Kampfkunst Aikido, bei man die Kraft eines Schwertangriffs umleitet und postwendend wieder auf seinen Gegner überträgt, wird Iaido ohne Kontakt geübt. Iaidokas üben die vollkommene Beherrschung ihres Katanas in festgelegten Bewegungsabläufen – sogenannten Katas – ein. Während eines Wettkampfes bewertet ein mehrköpfiges Richterteam die Ausführung und vergibt Punkte.

Paczkowski begann vor knapp vier Jahren mit Iaido. Zuvor hatte er sich verschiedenen Aikido-Gruppen angeschlossen. Sein Interesse für asiatische Kampfkünste wurde aber schon Mitte der 1960er-Jahre geweckt. „Wir lebten damals in Karlsruhe und ich begleitete meinen Vater zu einem seiner Skatabende. Dort hörte ich das erste Mal den Begriff Judo“, erzählt der Reinbeker.

Tags darauf suchte Paczkowski eine nahe gelegenen Bücherei auf und verschlang fortan alles, was mit asiatischer Lebensweisheit zu tun hatte. In den Folgejahren fand er Zugang zum Zazen, einer Meditationstechnik des Zen-Buddhismus. Paczkowski: „Es klingt paradox: Zazen ist einerseits absolut langweilig, andererseits auch unglaublich faszinierend.“

Anfang der 1980er-Jahre trat Paczkowski dem Orden der Rosenkreuzer bei. „Dort erlebte ich die Verknüpfung von Weisheiten der fernöstlichen Religionen mit Erkenntnissen, die vor rund 3000 Jahren aus dem Mittelmeerraum stammen. Das hat mir die Beziehung zum Christentum neu eröffnet“, sagt Paczkowski, der bei der mystischen Bruderschaft seine jetzige Frau Barbara kennenlernte.

Vor gut fünf Jahren erwarben die Eheleute ein kleines Grundstück in Reinbek und bauten ein Eigenheim. „Den Rohbau haben wir in Auftrag gegeben, den Innenausbau in Eigenregie durchgezogen“, erzählt Paczkowski, der als Ingenieur im technischen Gebäudemanagement über das notwendige Know-How verfügt. Kaum in Stormarn angekommen, war Paczkowski bereits auf der Suche nach einer ortsansässigen Aikido-Sparte. Was er fand, war nicht ganz das was er suchte, aber ebenso interessant.

„Ich wartete in Reinbek auf dem Parkplatz eines großen Discounters auf meine Frau, als mir hinter den Fenstern einer kleinen Sporthalle einige merkwürdige Gestalten in dunklen Anzügen auffielen“, erinnert sich Paczkowski, dessen Interesse sofort geweckt war. Er holte Erkundigungen ein und schloss sich kurze Zeit später der Iaido-Sparte der TSV Reinbek an.

2010 zogen sich Barbara und Michael Paczkowski aus der Organisation der Rosenkreuzer zurück. „Wir wollten den inneren Weg zur Selbstfindung in eigener Regie weitergehen“, sagt Paczkowski. Fortan wandte er sich wieder mehr den Kampfkünsten zu. Das zahlte sich aus: Parallel zu seinem dritten Rang bei den Norddeutschen Meisterschaften legte der 59-Jährige die Prüfung zum ersten Kyu ab, der höchsten Schülergraduierung vor den Meisterklassen vom ersten Dan aufwärts. „Im Iaido gibt es im Gegensatz zum Aikido nur einen einzigen Schülergrad“, sagt Paczkowski. „Deshalb wird in dieser einen Prüfungsstufe alles an Technik abverlangt, was auch in den unteren Dan-Graden erforderlich ist, nur nicht mit dem selben Anspruch an die Ausführung.“

Der Wettkampfgedanke ist für den Reinbeker bei der Schwertkampfkunst Iaido sekundär. Paczkowski: „Iaido ist eher eine Auseinandersetzung mit sich selbst. Ist mein Inneres klar, so eröffnet dies den Zugang zur bestmöglichen Ausführung."