Die 14 Jahre alte Alica Gebhardt lässt bei den nationalen Meisterschaften der DLRG-Jugend die Konkurrenz in ihrer Altersklasse hinter sich.

Ahrensburg. Mit einseitigen, kraftvollen Kraulbewegungen gleitet Alica Gebhardt durch das Wasser der Paderborner Schwimmoper. Immer darauf bedacht, die knapp 20 Kilogramm schwere rote Rettungspuppe mit ihrer linken Hand auf dem Rücken zu fixieren. In rekordverdächtigem Tempo nähert sich die 14 Jahre alte Ahrensburgerin dem Anschlagfeld ihrer Wettkampfbahn.

100 Meter Retten mit Flossen - die letzte von drei praktischen Übungen der deutschen Meisterschaften im Rettungsschwimmen ist vorbei. Alica sorgt in dieser Disziplin mit 1:07,15 Minuten nur für die drittschnellste Zeit. Doch mit ihren beiden Bestzeiten über 100 Meter Hindernis (1:06,54 Minuten) und 50 Meter Retten (40,35 Sekunden) sichert sich die junge Schwimmerin vor dem theoretischen Teil nicht nur Rang eins im Gesamtklassement, sondern stellt auch noch drei neue Landesrekorde auf.

Bei den anschließenden Fragen rund um das Thema Rettungsschwimmen beweist die 14-Jährige Sachkunde und krönt einen langen Wettkampftag mit dem Titel Deutsche Meisterin im Rettungsschwimmen (AK 15/16).

Wie eng Sieg und Niederlage allerdings beieinander liegen, erfuhr die Gymnasiastin von der Stormarnschule vor knapp zwei Jahren, als ihr bei den Landesmeisterschaften ein bedeutendes Missgeschick unterlief: Nach Bergung des in gut zwei Metern Tiefe liegenden und mit Wasser gefüllten Rettungsdummys geriet die Nase der Puppe auf dem Rücktransport für den Bruchteil einer Sekunde unter Wasser, was die Kampfrichter sofort mit hohen Punktabzügen ahndeten. Damit verlor die damals Zwölfjährige ihren sicher geglaubten Platz auf dem Siegespodest. Aber dieses Ärgernis ist für Alica mittlerweile "abgehakt und vergessen".

Dass der sportliche Anreiz eindeutig hinter dem eigentlichen Sinn und Zweck des Rettungsschwimmens zurückstehen sollte, beweist einmal mehr ein Blick auf die Statistik der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG): Allein in Norddeutschlands Gewässern sind vergangenes Jahr 108 Menschen ertrunken. Eine Zahl, die förmlich nach weitaus mehr Rettungskräften an Badeseen und Stränden verlangt, als es aufgrund der Personalsituation der DLRG derzeit möglich ist. "Ein Badender gerät häufig völlig überraschend in eine gefährliche Situation, weil er seine körperliche Fitness überschätzt oder einfach nicht gut genug schwimmen kann", sagt Alica.

Dass rund 80 Prozent der Opfer des vergangenen Jahres männlichen Geschlechts sind, führt die DLRG darauf zurück, dass Jungen und Männer ihre physischen Leistungsgrenzen oft schlechter einschätzen können als Frauen.

Für den Fall eines möglichen Rettungseinsatzes werden Rettungsschwimmer speziell darauf geschult, dass sie auch Menschen retten müssen, deren Körpergewicht weitaus höher als das eigene ist. "Ich kann ohne Probleme jemanden aus dem Wasser retten, der einiges mehr an Kilos auf die Waage bringt als ich", sagt Alica. "Wir lernen zudem, mit verschiedenen Griffen die Kontrolle über einen Ertrinkenden zu bekommen. Aber auch die notwendigen Befreiungsgriffe, wenn ein Ertrinkender in Panik gerät und sich an unsfestklammert."

Zu einem realen Rettungseinsatz brauchte die junge Ahrensburgerin bisher noch nicht auszurücken. Allerdings hat sie vor zwei Jahren am Großensee einmal Hilfe leisten müssen. Alica trainierte auf ihrem Rettungsbrett. Da riefen ihr ein paar zirka 16 bis 17 Jahre alte Jungen ein paar herzhafte Sprüche zu. Sie wollten zu der in der Mitte des Sees gelegenen Insel schwimmen. Dort angekommen, machten sich die Jungen ohne große Erholungspause wieder auf den Rückweg zum Ufer des Großensees. Dabei verlor einer der Spaßmacher den Anschluss an seine Truppe. Er wurde zusehends Schwächer und benötigte dringend Alicas Hilfe. Kleinlaut griff er auf IhrAngebot zurück, ihn mit ihrem Rettungsbord an das rettende Ufer zu bringen.

Alica beurteilte das Vorkommnis eher gelassen: "Nur mit dem Seepferdchen-Schwimmabzeichen in der Tasche hat sich der junge Mann wohl zu viel zugemutet."