Der 65-jährige Hamfelder Peter Wieneke bestreitet auf der Olympiastrecke von 1912 in Stockholm seinen 1000. Ultralauf – ein großes Jubiläum.

Hamfelde. Der Mann, mit dem alles begann, heißt Somwang Ngouwabunpat, aber Peter Wieneke nennt ihn einfach nur "Bu". Der Thailänder mit dem für einen durchschnittlichen Europäer dann doch recht komplizierten Namen ist in all den Jahren ein echter Freund geworden, der Kontakt ist so eng, wie es per E-Mail über die Kontinente hinweg eben geht. Mindestens einmal pro Woche kommt elektronische Post, an diesem Sonntag dann werden sich zwei Weltenbummler endlich wieder treffen - in Stockholm. Wieneke startet dort zu seinem 1000. Ultralauf (Marathon und länger), und dass "Bu", der ihn 1993 überhaupt erst für den Sport begeisterte, an diesem besonderen Tag dabei sein wird, ist irgendwie Ehrensache.

Es gibt nicht viele, die so viele Rennen in den Beinen haben wie Wieneke. In den Rekordlisten steht er weltweit an achter, in Europa an siebter und in Deutschland an fünfter Stelle, und 1000 Starts in nicht einmal zwei Jahrzehnten dürften einzigartig sein. Im Sportgeschäft seines Vertrauens ist Wieneke längst einer der besten Kunden, sechs bis acht paar Schuhe verschleißt er pro Jahr. "Ich nehme deshalb eher die billigeren Modelle", sagt er, "das geht ganz schön ins Geld." Rechnen kann Wieneke, bis zu seiner Rente hat der 65-Jährige für eine Bank gearbeitet.

999 Wettbewerbe, nie hat der Dauerläufer aus Hamfelde aufgegeben. Das macht ihn stolz, aber er weiß auch das Glück zu schätzen, von Verletzungen verschont geblieben zu sein. Nur beim Spartathlon, einem 246 Kilometer langen Extremlauf, hatte er seine liebe Mühe, einmal hätte es böse ausgehen können. Im Dunkeln stürzte Wieneke einen Abhang hinunter, war eingeklemmt und musste stundenlang warten, bis Helfer ihn fanden. In einem anderen Jahr verfehlte er das Zeitlimit nur knapp, weil er einer schwächelnden Japanerin half. Im fünften Versuch hatte er es 2005 dann endlich geschafft, fast 35 Stunden war er von der Akropolis bis nach Sparta unterwegs.

Mit seinen Laufgeschichten könnte Wieneke inzwischen ein Buch füllen, und genau das hat er auch vor. "Ich denke, dass die Nachfrage bei den Sportlern nicht gerade gering sein würde", sagt er. Nach seinem großen Jubiläumslauf will er es ein wenig ruhiger angehen lassen, "erst einmal alles rekapitulieren". Wo er sein 1001. Rennen absolvieren wird, ist noch völlig offen. Das will schon etwas heißen bei einem, der seit Jahren seine Läufe penibel geplant, seinen Urlaub, sein ganzes Leben darauf ausgerichtet hat.

Für die Nummer 1000 hat er sich Stockholm ausgesucht, den Jubiläumsmarathon auf der Olympiastrecke von 1912 - mit einer kleinen Extraschleife, weil die Strecke damals etwas kürzer war als die berühmten 42,195 Kilometer. Presse, Funk und Fernsehen werden sich wieder reißen um den Laufverrückten. Wenn der ganze Rummel vorbei ist, will er mit "Bu" und anderen Freunden im Hotel ein wenig feiern, dann in sein Ferienhaus fahren und drei Wochen ausspannen. Urlaub in Schweden, der Heimat seiner Frau Ann-Marie. Beide feierten Anfang 2011 ihre "Marathon-Hochzeit": 42 Jahre und 195 Tage Ehe.

Ultraläufe zu sammeln, hätte Wieneke lange wohl für ein sehr verrücktes Hobby gehalten, bis "Bu" kam, vor 19 Jahren. Der Thailänder lebte damals in Deutschland und trat zum Hamburg-Marathon an, Wieneke schaute seinem Bekannten zu. "Es war so faszinierend, dass ich gleich danach versprochen habe, ein Jahr später selbst an den Start zu gehen", sagt der Stormarner. Gesagt, getan - und schon bald lief Wieneke so viele Rennen, dass er eigentlich gar nicht mehr trainieren müsste.

Die Jagd nach Bestzeiten hat er inzwischen aufgegeben, sein persönlicher Rekord steht schon lange bei 3:37 Stunden. "Jetzt werden es vielleicht viereinhalb Stunden, aber ich will den 1000. Lauf vor allem genießen", sagt Wieneke. Es nicht zu übertreiben, nicht zu ehrgeizig zu sein, ist vielleicht sein größtes Erfolgsgeheimnis. Wer weiß, ob er es demnächst auch dem ehemaligen schleswig-holsteinischen Innenminister Klaus Schlie verraten wird, wenn der für eine Neun-Kilometer-Laufrunde nach Hamfelde kommt. Wieneke: "Das hat er jedenfalls angekündigt, als er mir in Kiel einen Ehrenteller überreichte."

Am Sonntag zum Jubiläum in Stockholm wird Stormarns zähester Dauerläufer die Startnummer 8151 tragen, so viele Marathons dürfte er in seiner Karriere wohl nicht mehr schaffen. Die 1100 aber hat er schon fest im Blick, 2013 in Bangkok. In der Heimat von "Bu", dem Mann, mit dem alles begann.