Der 13-jährige Trittauer zählt im Jugendbereich zu den schnellsten Motocrossfahrern in Norddeutschland. Beim ADAC-Cup liegt er auf Rang zwei.

Trittau. Dick gepolsterte Handschuhe schützen die Hände, können jedoch nicht verhindern, dass die Fahrer weiter nervös an den Gashebeln drehen. Das Motorengeräusch der gut 40 dicht an dicht gedrängt stehenden Motorräder schraubt sich von Sekunde zu Sekunde bis auf ein ohrenbetäubendes Getöse hinauf. Dann der Moment, auf den die Fahrer gewartet haben: die Startgatter fallen, die durchdrehenden Hinterräder schleudern jede Menge dunklen Sand nach hinten, die jungen Motocrossfahrer schießen auf die erste Kurve zu.

Mittendrin im Pulk Jannes Kasper aus Trittau. Der 13-Jährige hat viel vor: er will sich bei diesem Lauf unbedingt den ersten Platz in der Zwischenwertung zum Norddeutschen ADAC Motocross-Cup (Jugendklasse) zurückholen, den er im letzten Rennen an seinen härtesten Konkurrenten Niko Franzmann verloren hatte.

Vor der ersten Kurve liegt er mit ganz vorn, nicht unwichtig, denn für heute ist ein Hole-Shot von 100 Euro ausgesetzt. "Ein Preisgeld, das bei manchem Rennen derjenige Fahrer bekommt, der in Führung liegend aus der ersten Kurve kommt", erklärt Jannes. Allerdings geht diesmal der Geldregen an ihm vorbei, in der Kurvenausfahrt liegen dann doch einige Konkurrenten vor ihm -und an dieser Situation wird sich auch bis zum Ende des Rennens nicht mehr viel ändern. Jannes konnte in der Gesamtwertung keinen Boden gutmachen, aber noch stehen in dieser Saison vier weitere Rennen an. "Es wird schwierig werden", sagt der Schüler des Gymnasium Trittau, um schnell hinzuzufügen: "Aber machbar ist alles."

Seit sieben Jahren ist Jannes dem Motocross-Sport regelrecht verfallen. Als er im Alter von sechs Jahren im Urlaub auf der spanischen Ferieninsel Mallorca das erste Mal ein richtiges Motocross-Motorrad zu Gesicht bekam, stand für ihn fest: "So eine Maschine will ich auch mal fahren." Zurück in Deutschland, ging es zusammen mit Vater Andre, 43, nach Karkshof (in der Nähe von Plön). Dort führt Bert von Zitzewitz, eine wahre Legende des Motocross-Sports, einen Betrieb, in dem sich alles um das Motorradfahren und den Motorradsport dreht.

"Jannes setzte sich sofort auf eines der kleinen Motorräder und drehte unter Aufsicht ein paar Runden auf dem hauseigenen Parcours", erzählt Andre Kasper. Jetzt musste nur noch der passende Verein gefunden werden. "Wir kamen schnell auf den MSC Mölln. Der hatte gerade eine neue Jugendgruppe ins Leben gerufen, zudem verfügt der Verein über eine eigene Strecke", so der Trittauer.

Jannes nennt eine KTM SX85 2012 sein eigen, Wert der Maschine: 4000 Euro. "Es ist nach wie vor eine Serienmaschine, es wurden nur wenige Sachen von uns verändert", sagt Andre Kasper. So seien zum Beispiel das Fahrwerk und die Federn speziell auf seinen Sohn eingestellt worden. Der 85 Kubikzentimeter große Zweitaktmotor leistet rund 30 PS, sorgt für eine Höchstgeschwindigkeit von 50 Stundenkilometern.

Motocross ist kein ungefährlicher Sport, obwohl es nur selten zu ernsthaften Verletzungen kommt. Er könne auch nicht so einfach die Frage beantworten, ob er im Rennen Angst verspüre, sagt Jannes leicht nachdenklich. "Bei Sprüngen geht es bis zu fünf Meter in die Luft, da ist der Adrenalinstoß recht hoch und wenn ich merke, dass die Maschine zu quer in der Luft steht, schießt mir schon mal durch den Kopf: Mist, gleich tut es weh". 35 Meter weit sei sein bisher weitester Sprung gewesen.

Gestürzt ist er schon häufiger, bisher ist alles glimpflich ausgegangen. "Um sicher mit dem Motorrad abzuspringen, muss man als Fahrer das ganze Gewicht in die Maschine hineindrücken, damit sie beim Absprung vor der Kuppe noch einen extra Schub bekommt", erklärt der 14-jährige Lukas Sandmann aus Großensee, seit vier Jahren mit Jannes gut befreundet. Die beiden Nachwuchstalente fahren in der selben Klasse, Lukas ist in der aktuellen Wertung Sechster.

Andre Kasper ist sich bewusst, dass der Sport seines Sohnes nicht ganz ungefährlich ist. Dennoch sieht er die Risiken in anderen Sportarten deutlich höher: "Bei Reiten passieren häufiger wesentlich schlimmere Dinge. Ich sehe das Hauptrisiko beim Motocross eher in der eigenen Überschätzung und dem Adrenalinausstoß, der verhindert, dass der Fahrer rechtzeitig eine eigene Überbelastung erkennt."

Die körperliche Belastung für die Arme und Beine ist extrem hoch. "Für mich gehört Motocross zu den härtesten Sportarten, die es gibt", sagt Jannes. Nur bei den Kurvenfahrten und den Beschleunigungsphasen wird im Sitzen gefahren, die restliche Zeit steht der Fahrer auf den Fußrasten. "Manchmal ärgere ich mich doch ein wenig, wenn Mitschüler zu mir sagen: ach, beim Motocross braucht man doch nur ein bisschen Gas geben", so Jannes. Um die nötige Fitness zu haben, ist regelmäßiges Training notwendig. Zweimal in der Woche geht der 13-Jährige ins Gelände: spezielle Sachen mit dem Motorrad üben. "Zum Ausgleich spiele ich in meiner Freizeit regelmäßig noch Fußball und gehe zum Karatetraining beim TSV Trittau", sagt Jannes

Andre Kasper sieht gerade beim Motocross auch physische Grenzen: "Es ist ein so kräftezehrender Sport, dass viele Fahrer ihren Leistungszenit bereits mit Mitte 20 erreicht haben. Der Körper spielt dann einfach nicht mehr so mit wie gewünscht."