Der frühere Eicheder Ligafußballer Lennard Ann hat den Schritt ins Ausland gewagt. Er spielt für die “Peacocks“ vom Saint Peter's College.

Fischbek. Der Tag, an dem Lennard Ann die wohl größte Enttäuschung seines USA-Aufenthalts erlebt, ist ein warmer Herbsttag im Bundesstaat Florida. Selbst zum Novemberanfang klettert das Thermometer dort noch über 20°C, und so legt sich auch an jenem Donnerstagnachmittag eine schwüle Hitze über den Fußballplatz in Orlando. Im gigantischen Sportkomplex des Disneylands Florida findet dort das Achtelfinale der Fußball-Meisterschaften der US-College-Liga statt.

Die Siena Saints treten an gegen die "Peacocks", also die Pfauen, wie die Fußball-Mannschaft vom Saint Peter's College genannt wird. Einer der Pfauen, mit der Trikotnummer 15 auf der Brust, ist der Fischbeker Lennard Ann. Lange wird der 23-Jährige in diesem Spiel aber nicht im Einsatz sein, wegen einer Oberschenkelzerrung muss Ann bereits zur Halbzeit ausgewechselt werden.

Von der Bank aus sieht er mit an, wie seine Mannschaft 1:5 verliert. Die Titelträume sind jäh zerplatzt und Anns Team muss schon nach dem ersten Spiel beim Finalturnier wieder die Koffer packen. "Wir haben im wichtigsten Spiel der Saison einen rabenschwarzen Tag erwischt", sagt Ann. "Das war ein bitterer Moment."

Negativerlebnisse aber sind rar gesät, seit Ann am Saint Peter's College studiert. Vor fast einem halben Jahr hat er den Schritt ins Ausland gewagt und sich damit einen großen Wunsch erfüllt: "Von zu Hause wegzugehen, einfach noch mal richtig raus zu kommen, wollte ich schon während meiner Schulzeit", so der gebürtige Ahrensburger, der von Kindesbeinen an Fußball spielte - zunächst beim Delingsdorfer SV, dann beim FC Ahrensburg, SC Concordia Hamburg, VfB Lübeck und SV Lurup, ehe es ihn schließlich zurück nach Stormarn zum SV Eichede verschlug.

Um sein Vorhaben zu realisieren, baute Ann, der nach seinem Abitur am Kreisgymnasium Bargteheide und neun Monaten Zivildienst bei der Ahrensburger Schlosskirche an der Universität Hamburg Geschichte sowie im Nebenfach Volkswirtschaftslehre studierte, auf die Unterstützung einer Agentur, die Sportstipendien an nordamerikanischen Universitäten vermittelt. Ann musste allerdings im Februar 2011 in Duisburg ein Probetraining absolvieren. "Aus den USA sind etwa 40 Trainer und Scouts angereist und haben die 70 Bewerber unter die Lupe genommen", erinnert sich Ann. Für ihn lief das Wochenende hervorragend und so klopften gleich mehrere Universitäten aus Chicago, New York, Miami, Portland und Vancouver an.

Ann folgte schließlich dem Lockruf der Weltstadt New York an das Saint Peter's College. Nur der Hudson River trennt dort den Campus vom pulsierenden Leben in Manhattan. "Als ich das erste Mal aus der U-Bahn gestolpert bin, war ich schon überwältigt", sagt Ann. "Aber an den ganzen Trubel in der Stadt habe ich mich schnell gewöhnt. Ich fühle mich pudelwohl im Großstadtdschungel."

Auch auf dem Fußballplatz hat Ann seine Rolle gefunden, wenngleich er anfangs von dem kraftstrotzenden Spiel überrascht war. "Alle Spieler hier sind extrem athletisch, weil im Training auf Kraft und Ausdauer großen Wert gelegt wird." An sein erstes Spiel für Saint Peter's erinnert er sich heute mit einem Schmunzeln: "Das war ein irre hohes Tempo. Ich bin den Platz pausenlos hoch und runter gewetzt und hatte nach einer Stunde Wadenkrämpfe."

Doch die Akklimatisierung an den temporeichen, athletischen Fußball gelang Ann binnen weniger Wochen, sodass er schon bald einen Stammplatz im Mittelfeld der "Peacocks" hatte. Dort besticht er mit Zweikampfstärke, Übersicht und Spielwitz und ist darum nicht mehr aus dem Team von Trainer Julian Richens wegzudenken.

Dem englischen Coach war Ann schon beim Vorspielen in Duisburg positiv aufgefallen. Richens bemühte sich intensiv um die Dienste des Stormarners, führte noch in Deutschland konstruktive Gespräche. "Er ist ein moderner Trainer, der Offensivfußball spielen lässt. Er hat mich letztlich davon überzeugt, nach New Jersey zu wechseln", sagt Ann.

Im Frühjahrssemester soll der Stormarner das junge Team von 18- bis 23-jährigen Fußballern aus 15 Nationen als Mannschaftskapitän aufs Feld führen. Eine ehrenvolle Aufgabe, der Ann aber gelassen entgegensieht. Auch weil der Umgang innerhalb der Mannschaft sehr gut sei, wie er betont. Zu vielen Mannschaftskollegen und Kommilitonen ist eine Freundschaft entstanden, so teilt sich Ann mit dem schwedischen Stürmer Betim Bajrami eine Wohnung auf dem Campusgelände.

Gemeinsam auf den Fußballplatz, gemeinsam für die Uni büffeln, gemeinsam die Stadt unsicher machen - die Fußballer von Saint Peter's haben ein straffes Tagesprogramm. Der Startschuss fällt mitunter bereits um 7.30 Uhr mit einem morgendlichen Training. Danach geht es bis nachmittags in verschiedene Uni-Kurse, ehe die Fußballer zu einer zweiten Trainingseinheit auf den Rasen zurückkehren.

Noch bis Mitte Mai bleibt Ann in New York, wohin die Reise danach geht, ist ungewiss. Vielleicht zurück an die Hamburger Uni. Aber auch ein Verbleib in den USA ist nicht mehr undenkbar, denn die Verantwortlichen möchten ihn am liebsten länger dort behalten. "Das ist reizvoll, aber Zukunftsmusik", so Ann, der sich vorerst voll und ganz auf die kommenden Aufgaben im Studium und auf dem Fußballplatz konzentrieren will.

Den Schritt ins Ausland hat er jedenfalls nicht bereut. "Ich habe hier unheimlich wertvolle Erfahrungen gemacht, weil viele Dinge einfach anders laufen als in meinem gewohnten Umfeld. Es ist eine tolle Zeit. Nur das Verlieren bringt hier genauso wenig Spaß wie zu Hause", fügt Ann lachend hinzu. Da macht es keinen Unterschied, ob man nun in Fischbek, Eichede oder im sonnigen Florida auf dem Platz steht.