Verhandlungspoker: Gläubiger fordern Mietbürgschaft über 700 Millionen Euro

Geschieht kein Wunder, droht Max Bahr das Schicksal der Konzernmutter Praktiker, die Pleite. Der Gesamtbetriebsrat der 134 Jahre alten Hamburger Baumarktkette hat zwar - erneut - Gehaltsverzicht der etwa 3600 Mitarbeiter angeboten. Angesichts der Summen, um die es geht, so eine 700-Millionen-Euro-Bürgschaft, ist klar, Entscheidungen fallen auf anderer Basis.

Ungewohntes Bild vorm Amtsgericht Reinbek: 350 blau und gelb gekleidete Menschen haben gestern früh für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze demonstriert. Viele waren aus Bergedorf und Hamburg gekommen, andere aus Berlin, Köln ja selbst Nürnberg. Den Adressaten haben die für ihre Arbeitsplätze demonstrierenden Mitarbeiter jedoch nicht erreicht.

Eine Gläubigerversammlung der ebenfalls in einem Insolvenzverfahren stehenden "Moor Park MB OHG & Co. MB RE KG" im Amtsgericht war kurzfristig abgesagt worden. Die in Oststeinbek ansässige Firma fungiert als Vermieter von 66 der 73 Max-Bahr-Märkte. "Es sollte um die Frage gehen, ob die Gläubiger der Vermietung an den Interessenten zustimmen", bestätigt ein Mitarbeiter des Moor-Park-Insolvenzverwalters Berthold Brinkmann. Doch die Dortmunder Hellweg-Gruppe habe nicht allein die geforderte Mietbürgschaft über 700 Millionen Euro verweigert: "Das Unternehmen hat keinerlei Bürgschaft angeboten", die sei aber bei derartigen Geschäften unverzichtbar.

Hinter dem Tochterunternehmen der Londoner Investmentfirma "Moor Park Capital Partners" steht als Finanzier die "Royal Bank of Scotland". Insider sehen in dieser Konstellation den Grund für das Scheitern der Verhandlungen: RBS versuche, einen Immobilienkredit über 750 Millionen Euro für die Max-Bahr-Häuser mit der exorbitanten Mietbürgschaft abzusichern. Andere nennen einen 400-Millionen-Euro-Investitionsstau.

Max-Bahr-Insolvenzverwalter Jens-Sören Schröder hatte Freitag das Scheitern der Gespräche bekannt gegeben und erklärt, den Abverkauf der Waren vorzubereiten. Dass inzwischen ein anderer Interessent, die saarländische Handelskette Globus, erneut ihren Hut in den Ring geworfen hat, lässt die Max-Bahr-Mitarbeiter hoffen. Nach Informationen der Saarbrücker Zeitung hat Globus sein erstes Angebot nachgebessert. Globus will die Max-Bahr-Häuser nicht zwangsläufig zur Miete übernehmen, hatte für den Erwerb der Märkte zunächst 420 Millionen Euro geboten - Moor Park forderte jedoch 450 Millionen Euro.

"Die Blockade der Bank of Scotland hat die bis dahin erfolgreichen Verhandlungen und Konzepte zum Erhalt der Arbeitsplätze torpediert", sagt Ver.di-Sekretär André Kretschmar. Das mit der Gewerkschaft nicht abgestimmte Angebot des Betriebsrates, auf Tarifleistungen zu verzichten, sei angesichts der Summen vor allem ein politisches Signal. Schon die mehrfach größere Mitarbeiterschaft der gesamten Praktiker-Gruppe konnte mit ihrem Lohnverzicht die Insolvenz nicht abwenden. "Verzichten jetzt Mitarbeiter erneut auf Einkommen und kann Max Bahr dennoch nicht gerettet werden, ist das Geld weg, fließt in die Konkursmasse." Wer über längere Zeit verzichtet und danach zur Arbeitsagentur muss, wird doppelt bestraft. Kretschmar: "Arbeitslosengeld berechnet sich auf Basis der zuletzt gezahlten Gehälter."