Cybermobbing: Fall schockt Eltern und Polizei

Polizeikommissar Frank Weber schlägt Alarm. Er möchte Eltern wachrütteln. "Bitte warnen Sie Ihre Kinder davor, intime Texte, Fotos oder Filmclips über soziale Netzwerke weiterzugeben", appelliert er an die Erwachsenen. "Vielen fehlt vielleicht die Fantasie, sich vorzustellen, was ihre Kinder mit den Smartphones in den sozialen Netzwerken im Internet unternehmen." Man müsse gar nicht auf die böse weite Welt abheben - die Gefahr lauere an der Ecke in Glinde, Oststeinbek, Reinbek, in der Schule wie im Sportverein.

Er warnt aus gutem Grund. Das Netz und die sozialen Medien bieten nicht nur Plattformen für Diffamierungen und Beschimpfungen - das ist durch Vertrauensseeligkeit und Blauäugigkeit der Kinder und Jugendlichen noch erheblich zu toppen.

Ein Beispiel: Nina (13)* hat sich bis über beide Ohren in Tom* verliebt. Das Interesse des 15-Jährigen schmeichelt ihr. Als er sie bittet, ihm ein Foto über die Plattform WhatsApp zu schicken, willigt sie ein. Doch er reizt es weiter aus. Das Foto genügt ihm nicht. Er überredet sie, ihm doch bitte, bitte ein "schönes Oben-Ohne-Foto" von sich zu schicken. Er schaue sie doch so gern an. Es dauert nicht lange und auch das Bild genügt nicht mehr. Er bezirzt und umgarnt sie solange, bis sie sich breitschlagen lässt, sich auch dabei zu fotografieren, wie sie sexuelle Handlungen an sich vornimmt. Auch die Fotos schickt sie ihm.

Doch dann ist die große Liebe der beiden Schüler vorbei. Man trennt sich. Und plötzlich gibt es Gekicher und Getuschel, wenn Nina durch die Schule geht, den Klassenraum betritt. Was ist passiert? Tom hat alle Fotos von seiner Ex-Freundin online gestellt. Drei Tage hat es gedauert, bis sie auf jedes Handy in der Schule kopiert waren. Ninas Enttäuschung, ihre Verzweiflung ist nicht in Worte zu fassen.

"Die Eltern baten um Rat und erstatteten Anzeige", berichtet Frank Weber. "Es handelt sich um eine Straftat, um Kinderpornografie", erläutert er. Die Polizei ermittelt in der Schule. Tom und seine zwei Freunde (15/16) können überführt werden. Sie geben den "Dumme-Jungen-Streich" zu. Ihre Smartphones werden beschlagnahmt und ausgewertet.

"Das dauert", sagt Frank Weber. "Ich glaube nicht, dass die Jungen sich über das Ausmaß ihrer Tat im Klaren waren. Sie haben dann gemerkt, dass das kein Spaß mehr war. Aber das Mädchen hatte sein Gesicht verloren. Sie hat die Schule gewechselt und ich hoffe, dass die Bilder dort nicht auftauchen."

Das Schlimme sei jedoch, dass das Internet nichts vergisst. "Wir können die Handys beschlagnahmen, alles löschen, aber wie viele Kopien der Fotos sind unterwegs? Das ist nicht mehr zu stoppen."

Deshalb empfiehlt er Eltern, ihren Kindern in Ruhe und ohne Verbote zu erläutern, warum sie intime Dinge im Internet nicht preisgeben sollten.

*Namen geändert.

Tipps im Umgang mit Cybermobbing gibt es unter: www.polizei-beratung.de , www.cybermobbinghilfe.de , www.bündnis-gegen-cybermobbing.de , und auch unter www.klicksafe.de .