Nach dem Aus für die Südwesttrasse bereitet Gemeinde Bürgerversammlung vor. Ministerium verspricht zügige Planung

Hammoor. 35 Jahre ist es her, dass Johanna und Kurt Hinst, heute 68 und 71 Jahre alt, die ersten Unterschriften in Hammoor gesammelt haben. Wegen des zunehmenden Verkehrs an der Hauptstraße, die durch das Dorf führt. Damals war das Aldi-Zentrallager in Bargteheide noch nicht gebaut und die Verkehrsfrequenz ein Witz. Im Vergleich zu heute jedenfalls, wo Lastwagen im Minutentakt durch Hammoor fahren und Autokolonnen den Ort verstopfen.

Dass die 1200-Einwohner-Gemeinde eine Umgehungsstraße braucht, ist allen Beteiligten klar. Deshalb ist Hammoor der einzige Ort in Schleswig-Holstein, den das Land von seinen Sparmaßnahmen verschont und der eine komplett neue Straße finanziert bekommen soll. Eigentlich. Denn die vom Land geplante Trassenvariante 1.4a südwestlich von Hammoor wird nicht realisiert. Das sagte kürzlich Schleswig-Holsteins Verkehrsminister Reinhard Meyer (SPD).

Ökologische Beurteilung der Varianten hat sich mit den Jahren verändert

„Dabei war die Mehrheit der Einwohner für diese Trassenvariante“, sagt Wolfgang Krecker, Mitglied der Bürgerinitiative „Sichere Straßen Hammoor“. „Die genaue Begründung für das Aus der Umgehungsstraße haben wir aber nicht erfahren.“ Nur so viel: Die Trasse ist laut Verkehrsminister Meyer nicht gerichtsfest. Klagen, die von Anwohnern oder Umweltverbänden kommen könnten, hätten große Aussicht auf Erfolg, so der Minister. Dabei lief das Planfeststellungsverfahren für die Variante 1.4a bereits seit Ende 2013.

Die Ursache für diese plötzliche Kehrtwende liegt in einer neuerlichen Überprüfung der ökologischen Verhältnisse in und um Hammoor. Diese muss in Form einer Umweltverträglichkeits-Studie (UVS) alle fünf Jahre auf den neuesten Stand gebracht werden. „Und dabei hat sich herausgestellt, dass sich das sogenannte Schutzgut Natur verändert hat. Es gibt an der Trasse 1.4a jetzt mehr Brutvögel, Amphibien und auch Fledermäuse“, sagt Britta Lüth. Sie ist die stellvertretende Leiterin der Lübecker Niederlassung des Landesbetriebs Straßenbau und Verkehr Schleswig-Holstein (LBV) und zuständig für die Planung der Umgehungsstraße.

Die größere Zahl an Brutvögeln und Co. sei aber gar nicht das Problem, sagt Bürgermeister Helmut Drenkhahn (Allgemeine Wählergemeinschaft Hammoor). Der Grund, dass eine Neuplanung nötig wird, liege vielmehr im Vergleich zu den anderen möglichen Trassenvarianten – und zwar im Hinblick auf die Kriterien Ökologie, Verkehr und Wirtschaftlichkeit. Denn nur jene Trasse, die bezüglich dieser Kriterien als beste Variante erscheint, hätte im Falle einer Klage vor Gericht Bestand. Das betont auch Britta Lüth vom LBV.

Schon vor Jahren wurden vor allem drei Trassenvarianten intensiver diskutiert: Die bereits genannte Südwesttrasse 1.4a, die Nordtrasse 2.1, die fast parallel zur Hauptstraße verläuft. sowie die Trasse 1.2, die relativ nah an den Häusern entlangläuft.

„Als damals die Entscheidung für die Südwesttrasse fiel, war die Nordtrasse hinsichtlich der Kriterien Wirtschaft und Verkehr deutlich besser“, sagt Britta Lüth vom LBV. Denn weil die Nordtrasse wesentlich kürzer als die Südwesttrasse wäre, koste sie im Bau weniger – vor allem, weil bei der Südwesttrasse 1.4a eine Brücke über die ehemaligen Fischteiche gebaut werden müsste. Dort befindet sich heute ein Biotop. Aus verkehrlicher Sicht ist die Nordtrasse besser, weil Autos und Lastwagen keinen so großen Umweg in Kauf nehmen müssten, um vom Autobahnkreuz nach Bargteheide zu gelangen.

Landesregierung erwartet von der Gemeinde eine klare Positionierung

„Allerdings war die Nordtrasse 2.1 aus ökologischer Sicht damals die schlechtere Variante“, so Lüth. Zu dem Zeitpunkt hielten sich viele Tiere in dem Gebiet auf. Heute sei das allerdings nicht mehr der Fall.

„Damals war also die Nordtrasse 2.1 aus Umweltaspekten schlecht, die nahe an der Siedlung gelegene Trasse 1.2 aus verkehrlicher Sicht, und die Südwesttrasse 1.4.a stand in allen Punkten irgendwie dazwischen“, sagt Lüth. „Daher hat man sich damals für die südwestlich gelegene Trasse 1.4.a entschieden. Das war kein Fehler“, betont Lüth. Nur habe sich jetzt leider der Umweltaspekt sowohl bei der Südwest- als auch bei der Nordvariante verändert.

Der LBV muss jetzt die beiden Varianten 2.1 im Norden und die Variante 1.2 gegeneinander abwägen. Auch nach weiteren Möglichkeiten wird gesucht. Die Variante 1.4.a kommt nicht mehr infrage, das Kieler Verkehrsministerium rechnet in jedem Fall mit Klagen. Denn: „Welche Trasse die Gemeinde bevorzugt, spielt vor Gericht keine Rolle“, sagt Ministeriumssprecher Harald Haase. „Die Gemeindevertretung muss sich jetzt klar positionieren“, so Haase. „Im Grunde erwartet das Land jetzt von der Gemeindevertretung nur eine einzige Ansage: Wir wollen eine Ortsumgehung. Und dann bekommt Hammoor auch seine Ortsumgehung.“ Im März soll es im Dorf eine Bürgerversammlung zu dem Thema geben.