Im Streit um den am Ortsrand von Hoisdorf geplanten Schweinemaststall verweist Peter Griem darauf, dass die Zahl der Tiere im Ort gar nicht steige

Hoisdorf. Der Hoisdorfer Landwirt Peter Griem fordert die Bürgerinitiative, die den Schweinemaststall für 1460 Tiere am Ortsrand verhindern will, zu mehr Sachlichkeit auf. Er wirft den Gegnern des Projekts vor, Panik mit Pauschalaussagen zu schüren, die dazu führe, dass ein ganzer Berufsstand unter Generalverdacht gerate. Griem wünscht sich eine differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema.

„Bei mir stand 1997 auch eine Bürgerinitiative vor der Tür, als ich meine Schweinemastanlage erweitern wollte“, sagt Griem. Damals wollte er am Sprenger Weg einen Stall für rund 400 Tiere bauen und seinen Bestand auf 1300 Schweine erhöhen. „Nachdem die Bürger einsehen mussten, dass es keine rechtlichen Mittel gab, kamen sie mit der Bitte um ein Gespräch auf mich zu.“ Der heute 62 Jahre alte Griem empfing seine Gegner und konnte den Stall am Ende bauen.

Vor mehr als einem Jahr hat Griem das Geschäft mit den Schweinen aufgegeben, weil seine beiden Töchter den Betrieb nicht weiterführen wollten. Sukzessiv hat er seinen Bestand abgebaut. Den Hof mit den 400 Schweinen hat er an seinen Freund Jörg Elbers verpachtet, der nun am Dorfrand in der Nähe der Sieker Landgärtnerei Beier neu bauen möchte (wir berichteten).

Griem erinnert sich, dass seine Gegner damals Geruchsbelästigung und Minderung der Grundstückswerte befürchteten. Auch heute argumentieren manche so. Doch die Bürgerinitiative warnt auch vor multiresistenten Keimen, vor allem vor sogenannten Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus (MRSA), sowie einer Verseuchung des Grundwassers durch zu viel Gülle auf den Feldern. „Ich verstehe die Sorgen, und das Problem mit MRSA muss man ernst nehmen. Aber mit Aufklärung hat das, was die Bürgerinitiative macht, nichts zu tun“, sagt Griem.

Er erklärt, wie Antibiotika im Stall eingesetzt werden. „Es ist seit Jahren verboten, Medikamente vorbeugend ins Futter zu mischen. Behandelt wird nur, wenn einzelne Tiere oder Tiergruppen erkrankt sind.“ Schweinemäster, die gleichzeitig auch Schweine züchten, müssten seltener zu Antibiotika greifen. „Jede Einrichtung hat ihre eigene Keimflora. Wenn Jungtiere aus verschiedenen Beständen kommen, ist das Erkrankungsrisiko größer.“ Medikamente seien zudem teuer. Jeder Bauer habe also ein Interesse daran, so wenig wie möglich einzusetzen. „Natürlich gibt es auch schwarze Schafe, die Missbrauch betreiben. Die gibt es überall“, sagt Peter Griem.

Er verweist auf die Erkenntnisse des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) über multiresistente Keime. Das BfR hat in einer aktuellen Umfrage ermittelt, das 53 Prozent der Befragten als Ursache für die Ausbreitung von Antibiotikaresistenzen den Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung sehen. Laut BfR spielt der MRSA-Typ aus der Nutztierhaltung „eine untergeordnete Rolle als Erreger schwer behandelbarer Infektionen beim Menschen“. In Human- und Veterinärmedizin seien demnach sogenannte ESBL-bildende Bakterien eher das Problem. ESBL steht für extended-spectrum ß-lactamase und wird erforscht, um herauszufinden, wie die Tierhaltung zu Resistenzen in der Humanmedizin beiträgt.

Griem übernahm den Hof vor 37 Jahren von seinem Vater. Die alten Schweineställe hat er inzwischen umgebaut und an Handwerks- und Dienstleistungsbetriebe verpachtet. „Die Zahl der Schweine im Dorf würde sich also kaum erhöhen, wenn Jörg Elbers sich vergrößert, da ich keine Tiere mehr habe. Außerdem gibt ein weiterer Bauer im Ort seine 600 Schweine gerade auf“, sagt Griem. Er störe sich am Begriff Massentierhaltung. „Was bedeutet das eigentlich? Dafür gibt es keine Definition.“ Für Griem sind es die Großbetriebe mit zig Tausenden Schweinen pro Stall. „Die Zahl sagt aber noch gar nichts aus. Sie können zehn Tiere schlecht behandeln und 1000 Tiere gut.“

Die Tierhaltung habe sich in den vergangenen 50 Jahren stark verändert. „Was wir früher als gute Haltung empfunden haben, ist heute längst verboten.“ Allein durch die wissenschaftliche Erforschung habe sich in Sachen Tierschutz einiges getan. „Das wissen die meisten Menschen nur nicht.“ Sie haben seiner Meinung nach den Bezug zur Landwirtschaft verloren. „Früher hatte doch fast jeder einen Verwandten mit einem kleinen Bauernhof.“

Konventionelle Landwirtschaft werde pauschal verteufelt, beklagt der Bauer. „Mir tut das in der Seele weh, weil ich mein ganzes Leben aus voller Überzeugung Landwirt war und gewissenhaft gearbeitet habe.“ Fleischkonsum sei ein gesellschaftliches Thema, das nicht an den Erzeugern abgehandelt werden könne.

Die Sorge um das Grundwasser sieht Griem als unbegründet an. „Ich habe meine Gülle als Dünger auf 50 Hektar Ackerfläche verteilt, Jörg Elbers hat sogar 127 Hektar Platz.“ Die Bauern müssten überdies nachweisen, dass sie Grenzwerte einhielten. „Jeder Bauer hat rechtliche Pflichten, wenn er Tiere halten möchte. Aber genauso hat er auch Rechte. Und die dürfen nicht unbegründet beschnitten werden“, sagt Peter Griem. Er hofft immer noch auf einen gütlichen Ausgang des Streits zwischen Bürgern und Landwirt.

Lesen Sie in der morgigen Ausgabe, wie Landwirt Jörg Elbers über die Sache denkt.