Lübecker Projekt „Moin España“ wird auf Stormarn ausgeweitet. Im Sommer kommen sechs junge Leute aus Murcia

Ammersbek. Stormarner Handwerksmeister wollen junge Spanier ausbilden, die aufgrund der Wirtschaftskrise in ihrer Heimat keine besonders gute berufliche Perspektive haben. Die Handwerkskammer Lübeck vermittelt die Lehrlinge. Monika Patschull, im Hause Abteilungsleiterin für internationale Projekte, ist gerade aus der südostspanischen Stadt Murcia zurückgekehrt. Sie hat dort Bewerbungsgespräche geführt und fünf Männer und eine Frau im Alter von 18 bis 27 Jahren ausgewählt. Einige haben einen erweiterten Hauptschulabschluss, andere Abitur. „Der Plan ist, dass die jungen Leute am 1. September ihre Ausbildung zum Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beginnen“, sagt Patschull. Und zwar in Stormarn.

Damit weitet die Kammer ihr 2013 in Lübeck ins Leben gerufenes Projekt „Moin España“ aufs Umland der Hansestadt aus. Die bisherigen Erfahrungen stimmen die Verantwortlichen durchweg zufrieden. „Die Abbrecherquote ist sehr niedrig. Es läuft gut“, sagt etwa Kammer-Hauptgeschäftsführer Andreas Katschke.

Für Stormarn spricht laut Monika Patschull die große Nachfrage nach angehenden Anlagenmechanikern. „Die Auftragsbücher der Betriebe sind voll, viele junge Leute zieht es aber lieber in die große Stadt – nach Hamburg.“

Handwerker in Stormarn stehen dem Vorhaben schon jetzt positiv gegenüber. Thomas Neumeister aus Ahrensburg, Obermeister der Innung für Sanitär- und Heizungstechnik, sagt: „Frau Patschull hat gefragt, ob wir uns das auch vorstellen können.“ Er habe dann im Kollegenkreis nachgefragt. Ergebnis: „Ja, wir können uns das vorstellen.“

„Sehr gut sogar“, sagt Stephan Harms, der gemeinsam mit seinem Bruder Marco den Familienbetrieb Pruns & Harms in Ammersbek führt. Zum einen würde das gut passen, weil seine Frau Spanisch spreche. Des Weiteren gehe es darum, „das richtige Zeichen zu setzen“. „Und schließlich ist es gar nicht so leicht, noch Auszubildende mit der Qualifikation zu finden, die wir uns wünschen.“ Zum jetzigen Zeitpunkt weiß Harms, der schon drei Lehrlinge ausbildet, aber noch nicht, ob seine Firma berücksichtigt wird.

Das sieht der Zeitplan auch noch gar nicht vor. Monika Patschull: „Die jungen Menschen, die wir ausgewählt haben, machen jetzt in Spanien erst mal einen Deutschkursus. Dann folgt ein Praktikum.“ Für April sieht ihr Zeitplan eine weitere Reise nach Murcia vor. „Dann werden wir sehen, wer dabei bleiben möchte und wer in welchen Betrieb passen könnte.“ Ist das geklärt, kommen die Spanier nach Deutschland, um ein sechsmonatiges Praktikum in ihrem künftigen Lehrbetrieb zu durchlaufen. Wenn im Anschluss daran alle immer noch zufrieden sind, wird der Ausbildungsvertrag unterschrieben – ein ganz regulärer Ausbildungsvertrag, wie ihn jeder andere Auszubildende auch bekommt.

Trotzdem wird das Projekt von der Bundesagentur für Arbeit gefördert. Ohne Zuschüsse ginge es auch nicht, sagt Monika Patschull, „so etwas funktioniert nur auf Projektbasis.“ Die Sprachkurse kosten Geld, außerdem bekommen die jungen Spanier einen Zuschuss zu ihrem Lehrlingsgehalt, damit sie, weit weg von zu Hause auf sich gestellt, ihren Lebensunterhalt bestreiten können. Schließlich sei es erforderlich, sie zu begleiten und zu betreuen. Und zwei Heimreisen pro Jahr werden bezahlt. Das sei wichtig, sagt Patschull: „80 Prozent von ihnen haben Spanien noch nie in ihrem Leben verlassen. Und die meisten jungen Spanier leben bei ihren Eltern, bis sie heiraten. Jetzt ein neues Leben in einem fremden Land anzufangen, das ist wirklich eine wahnsinnige Geschichte.“

Die Erfahrungen aus Lübeck zeigen, dass nicht wenige der Auszubildenden des 2013er-Jahrgangs inzwischen mit dem Gedanken spielen, in Deutschland zu bleiben, als Gesellen zu arbeiten oder perspektivisch sogar den Meisterbrief zu machen.

Eine größere Herausforderung wird zu gegebener Zeit noch darin bestehen, Wohnungen für die jungen Spanier zu finden. Die Handwerkskammer hofft darauf, dass sich zumindest für die erste Zeit Gastfamilien bereit erklären, einen Auszubildenden aufzunehmen – ein Modell, das sich in Lübeck schon bestens bewährt hat.