Experten der fünf Fraktionen diskutieren den Entwurf der Verwaltung für den Haushalt 2015. Das Resümee der Politiker: Die Verwaltung sei nicht schlank genug, plane oft ineffektiv und gebe zu viel Geld aus

Am 26. Januar sollen Ahrensburgs Stadtverordnete den von der Verwaltung vorgelegten Haushaltsentwurf für 2015 beschließen. Noch gibt es reichlich Diskussionsbedarf. Das Abendblatt hat die Finanzexperten Christian Conring (CDU, Vorsitzender des Finanzausschusses), Hartmut Möller (SPD), Dirk Langbehn (Grüne), Peter Egan (WAB) und Bernd Buchholz (FDP) zum Gespräch in die Redaktion eingeladen.

Hamburger Abendblatt:

Warum wurde der Beschluss zum Haushalt 2015 auf Januar vertagt?

Christian Conring:

Wir konnten das Thema aus zeitlichen Gründen nicht erschöpfend behandeln.

Bernd Buchholz:

Außerdem haben wir das Ziel, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Dazu sind wir nach der Gemeindeordnung verpflichtet. Der erste Entwurf wies aber noch eine Unterdeckung von 600.000 Euro aus. Außerdem sind die geplanten Investitionen verdammt hoch.

Was verrät der aktuelle Entwurf über den Zustand Ahrensburgs?

Conring:

Aussagekräftiger als Haushaltsentwürfe sind Jahresabschlüsse. Leider sind die zuletzt geprüften historische Werke von 2009 und 2010. Denen zufolge geht es der Stadt sehr gut. Danach aber hat die Verwaltung Haushaltsansätze vorgelegt, die Defizite auf der Ergebnisseite und hohe Neuverschuldung auswiesen. Das ist das Kernproblem, wenn das Ziel eines ausgeglichenen Haushalts in der Verwaltung nicht verankert ist. Da wird es schwierig für die Politik, steuernd einzugreifen.

Dirk Langbehn:

Wir vermissen in der Haushaltsplanung Stringenz, eine Vision für Ahrensburg.

Peter Egan:

Ich beobachte die Neigung, eher zu verfolgen, was die Stadt sich leisten will – und nicht, was sie sich leisten kann. Ziele werden aus den Augen verloren und Bedarfsmeldungen von unten aufsummiert.

Hartmut Möller:

Ich denke, dass es der Stadt schlechter geht, als der Haushaltsentwurf es besagt. Jedes Jahr versuchen die Fraktionen, durch das Streichen von Investitionen den Haushalt auszugleichen, und es gibt eine Art von Wettbewerb. Wenn man aber jedes Mal zwei Schritte zurücktritt, ist es grotesk, auf bessere Zeiten zu hoffen, in denen man sich mehr leisten kann.

Buchholz:

Durch ungewöhnlich hohe Gewerbesteuer- und Einkommensteuer-Einnahmen stand Ahrensburg in den vergangenen Jahren gut da. Parallel dazu sehen wir aber, dass es jedes Jahr Kostensteigerungen in einer Größenordnung von zwei Millionen Euro und mehr gibt. Wir können nicht damit rechnen, dass die Steuern weiter so fließen. Außerdem wird das von SPD und Grünen beschlossene neue Finanzausgleichsgesetz Mehrkosten von drei Millionen Euro zur Folge haben – das wird den Spielraum weiter einschränken.

Möller:

Die Notwendigkeit für weitere Kredite besteht doch nur, weil in der Vergangenheit nicht ausreichend Steuern erhoben wurden, um notwendige Investitionen tätigen zu können. Es geht eben nicht darum, Wunschlisten abzuarbeiten, sondern abzuwägen, was dringend ist. Und die Dinge werden umso dringender, je mehr Zeit vergeht.

Buchholz:

Diese Stadt hat kein Einnahmenproblem, sondern ein Ausgabenproblem. Zurzeit betragen die jährlichen Aufwendungen für die Verwaltung 7,5 Millionen Euro – das ist ein größerer Posten als Ahrensburgs Ausgaben für Schulen und Kitas.

Egan:

Sparsame Haushaltsführung und Investitionsbereitschaft widersprechen sich nicht. Sparsame Haushaltsführung ist die Bedingung dafür, dass man investieren kann. An der richtigen Balance müssen wir arbeiten.

Wo sehen Sie Einsparpotenziale?

Buchholz:

Es gibt Verwaltungsorganisationen, die nicht jedes Jahr neue Stellen fordern. Wir sollten uns auch nicht zwei Millionen Euro Unterdeckung im Jahr für das Badlantic leisten.

Langbehn:

Als Beispiel für falsche Entscheidungen möchte ich die Informationstechnik nennen, für die wir uns entschieden haben. Die meisten Kommunen im Kreis haben sich einem IT-Verband angeschlossen – in Ahrensburg haben Politik und Verwaltung das abgelehnt. Schade, man hätte Ressourcen effektiver einsetzen und hohe Folgekosten zum Beispiel für Lizenzgebühren vermeiden können.

Conring:

Die Verwaltung kann auch nicht erwarten, dass sie für ihre organisatorische Arbeit teure externe Beratung heranziehen darf. Wir haben vor einigen Jahren 260.000 Euro in den Haushalt eingestellt für die Unterstützung der Jahresabschlüsse, weil die Verwaltung damit Jahre zurückhängt. Wir haben im Abschlussbericht 2010 gleichwohl die Aussage, dass es organisatorische Mängel, fehlende Dienstanweisungen gebe und der Wissenstransfer der externen Berater ausgeblieben sei. 2014 wurden 40.000 Euro für eine Organisationsuntersuchung in der Finanzverwaltung angesetzt. Für 2015 werden 140.000 Euro für eine weitere Untersuchung in anderen Teilen der Verwaltung eingeplant. Wir wollen Ergebnisse sehen, bevor wir weitere Mittel freigeben.

Buchholz:

Es geht auch um die Mentalität in der Verwaltung. Die Jahresabschlüsse zeigen, dass es Haushaltsansätze gibt, bei denen sich hinterher zeigt, dass sie nicht dem Bedarf entsprechen. Hier sind offenbar überall Haushaltspuffer. Geld, das gebunkert wird, sodass sich am Jahresende Möglichkeiten ergeben, damit zu jonglieren.

Warum ist die Stadt mit ihren Jahresabschlüssen nicht auf der Höhe?

Conring:

2008 wurde von kameralistischer Buchführung auf die Doppik umgestellt. Noch immer wird herumlamentiert, dass nicht genug Fachleute ausgebildet worden seien. Die Verwaltung muss in der Welt von heute ankommen, das sollte nicht Jahre dauern.

Egan:

Ich habe das Gefühl, dass wir uns auf die Zahlen aus der Verwaltung nicht verlassen können. Manchmal haben wir sie gar nicht, zum Teil erweisen sie sich im Nachhinein als aufgebläht. Deshalb gibt es bei vielen Politikern Zweifel an der Sinnhaftigkeit des Haushalts.

Buchholz:

Die Unsicherheiten werden noch durch große Planabweichungen verstärkt. 2011 war ein Minus von vier Millionen Euro angekündigt, das Ergebnis war aber ein Plus von drei Millionen. Eine Planabweichung von sieben Millionen Euro bei einem Budget von 60 Millionen Euro, das nur zu einem Drittel beeinflussbar ist, ist gewaltig.

Was sollte passieren?

Conring:

Wir müssen höhere Gewerbesteuereinnahmen generieren. Die Entwicklung des B-Plans für Beimoor-Süd geht in die richtige Richtung. Zurzeit kann Ahrensburg keine Flächen anbieten, wenn größere Betriebe anfragen.

Möller:

Es gehört viel mehr als Gewerbeflächen dazu, um die Stadt attraktiv zu machen. Es geht auch um Anzahl und Qualität von Schulen und Kitas, um bezahlbaren Wohnraum und eine gute Infrastruktur. Da kann Ahrensburg zurzeit nicht punkten, deshalb wollten wir höhere Gewerbe- und Grundsteuer, damit wieder investiert werden kann.

Buchholz:

Steuererhöhungen sind der falsche Ansatz. Damit erreicht man vor allem, dass ansässige Unternehmen nach Alternativstandorten gucken.

Wie hoch ist die Stadt verschuldet?

Conring:

Zurzeit mit 24,5 Millionen Euro. Hinzu kommen etwa elf Millionen Verbindlichkeiten über die Unternehmen, an denen Ahrensburg beteiligt ist. Diese Beteiligungen bei den Stadtwerken und Stadtbetrieben generieren aber auch Einnahmen. Aber die Stadt hat auch Guthaben, zurzeit wohl etwa 6,5 Millionen Euro.

Möller:

Auch die, die so heftig gegen neue Schulden sind, müssen zugeben, dass neue Kredite nicht einfach so verbraucht werden, sondern für Investitionen gedacht sind. Es bleibt also die Frage, ob das nicht ein legitimes Mittel für Investitionen in die Zukunft ist.

Welchen Leitlinien folgen Ihre Fraktionen beim Haushalt?

Möller:

Die SPD will Sanierung und Ausbau der Infrastruktur, also der Schulen, Straßen und stadteigenen Gebäude, Schaffung bezahlbarer Wohnraums und Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Das ginge bei gleichzeitiger Konsolidierung des Haushalts nur durch Grund- und Gewerbesteuererhöhungen.

Conring:

Elementar ist für die CDU ein ausgeglichener Haushalt. Außerdem sollte die Einnahmesituation gestärkt werden, indem wir neue Gewerbeflächen erschließen und vermarkten.

Buchholz:

Für uns haben Erziehung und Bildung als Investitionen in die Zukunft Priorität. Außerdem sollten neue Gewerbeflächen für zusätzliche Einnahmen sorgen. Wir halten es für nötig, dass die Stadt von einem Wirtschaftsförderer unterstützt wird, der aktive Ansiedlungspolitik betreibt. Und wir wollen, dass Strukturen der Verwaltung auf den Prüfstand kommen.

Egan:

Ich denke, wir sind uns weitgehend einig. Klar ist, dass wir nicht mit Investitionen geizen dürfen, um die Stadt zu modernisieren und attraktiv für alle Bürger zu erhalten.

Langbehn:

Die Fraktion der Grünen will einen ausgeglichenen Haushalt, aber auch Bestandssicherung und Flächen für neue Gewerbeansiedlung. Wir brauchen dafür eine aktive Wirtschaftsförderung, um das voranzubringen.

Buchholz:

Auch das Stadtmarketing scheint ein Grundsatzproblem zu sein. Nehmen Sie Bad Oldesloe. Die hatten vor zehn Jahren eine trübe Innenstadt mit Leerständen. Das hat sich durch ein aktives Stadtmarketing völlig geändert.

Wo sehen Sie Sparpotenziale?

Conring:

Der Haushalt beträgt etwa 60 Millionen Euro. Davon sind 40 Millionen Transfer- und Personalausgaben. Es bleiben also nur rund 20 Millionen Euro übrig, die wir nennenswert beeinflussen können. In Posten wie den allgemeinen Sachaufwendungen verstecken sich Unterhaltsleistungen für Gebäude, Bauhofleistungen, Grünanlagen – dort muss man genau in jedes Konto hineinschauen. Das kann man aber als ehrenamtlicher Politiker nicht allein leisten. Die nötigen Informationen dazu müssten aus der Verwaltung kommen.

Langbehn:

Die Verwaltung sollte hohe Ausgaben und stark gestiegene Kosten automatisch erläutern. Das würde allen viel Recherchezeit und das Hin und Her zwischen Verwaltung, Ausschüssen und Fraktionen ersparen.

Egan:

Beim Badlantic kann spürbar gespart werden. Das Defizit ließe sich um mehr als eine halbe Million Euro senken. Und mit einer energetischen Sanierung noch viel mehr.

Buchholz:

Dort ist keine vernünftige energetische Sanierung möglich. Wir sollten stattdessen die Grundsatzfrage stellen: Müssen wir eine solch große Anlage vorhalten? Wäre nicht ein bedarfsgerechter Neubau sinnvoller, vielleicht in einem Sportpark am Beimoor?

Conring:

Auch die Moorwanderbrücke ist ein gutes Beispiel. Da hieß es lange, sie koste 400.000 Euro, und auf einmal sollte die Stadt 800.000 Euro dafür bezahlen. Das ist ein krasses Missverhältnis von Leistung und Notwendigkeit, das passt nicht. Entscheidungen müssen für uns transparent sein.

Ihr Fazit?

Buchholz:

Gut, dass wenigstens vier der fünf Politiker in dieser Runde die gleichen finanzpolitischen Ziele verfolgen.

Moderation des Gespräches: Mira Frenzel, Ralph Klingel-Domdey, Lutz Wendler