Am Oldesloer Gymnasium lernen die Schüler der 7a ausschließlich an Tablet-Computern. Das ist im Land einmalig

Bad Oldesloe. Sophie Tews hält ihr iPad nach oben und fotografiert damit den kleinen Elektrobausatz auf ihrem Schreibtisch. „Wir bauen heute einen Elektromotor und sollen dazu einen Stop-Motion-Film machen“, sagt die Zwölfjährige. Dafür macht sie von jedem Arbeitsschritt ein Bild, sodass am Ende ein kleiner Film entsteht.

Was nach einem außergewöhnlichen Schulprojekt klingen mag, ist ganz normaler Physikunterricht in der 7a der Theodor-Mommsen-Schule (TMS). Zum ersten Mal probiert das Oldesloer Gymnasium in der sogenannten iPad-Klasse das Lernen mit Tablet-Computern aus. „Der Unterricht ist jetzt viel spannender und abwechslungsreicher“, sagt Sophie, während sie auf dem Display herumtippt. Als alle Schüler im vergangenen Schuljahr gefragt wurden, ob sie in einer iPad-Klasse lernen wollten, war sie sofort begeistert von der Idee. „Ich habe mich sehr gefreut, dass ich in die Klasse gekommen bin. Das Lernen macht mir jetzt einfach viel mehr Spaß.“

Seit den Sommerferien arbeiten die 28 Mädchen und Jungen der 7a nun mit iPads. Klassenlehrer Juan Rechid hat das Projekt initiiert. „Ich bin sehr zufrieden mit dem bisherigen Verlauf“, sagt der Pädagoge. „Es gibt jetzt zum Beispiel ganz neue Möglichkeiten bei der Hausaufgabenbesprechung. Wir können die Aufgaben der einzelnen Schüler an die Wand projizieren, sodass alle sie sehen können.“ Hauptziel sei es natürlich, die Kinder zum Lernen zu motivieren und sie im Umgang mit Digitalgeräten vertraut zu machen.

Das scheint zu funktionieren. Auch Alex Keksel, 12, und Moritz Naake, 11, finden, dass der Unterricht mit iPad mehr Spaß macht. „Der Ranzen ist jetzt viel leichter, weil wir keine Bücher mehr schleppen müssen“, sagt Moritz. Er und seine Mitschüler erledigen auch ihre Hausaufgaben größtenteils mit dem iPad. Den einzigen Nachteil sieht Moritz darin, dass der Akku immer aufgeladen sein muss. „Das kann man schon mal vergessen. Oder man vergisst das Ladekabel irgendwo. Aber Bücher haben wir vorher ja auch manchmal vergessen.“

Auch im Musikunterricht werden die Tablet-Computer eingesetzt. „Die Schüler haben zum Thema Musik und Werbung kleine Radiospots produziert“, sagt Musiklehrerin Carola Allkofer. „Dazu haben sie die Hintergrundmusik und die Jingles mithilfe der iPads komponiert und den Text aufgenommen.“ Wie die anderen Lehrer, die in der iPad-Klasse unterrichten, hat sie sich freiwillig dazu gemeldet, weil sie die neuen Unterrichtsmöglichkeiten interessierten.

„Wir haben das Projekt als Reaktion auf die immer stärker werdende Nutzung von Digitalgeräten ins Leben gerufen“, sagt Schulleiter Henning Bergmann. „Die Zukunft liegt beim Lernen mit Medien. Wir versprechen uns von dem Projekt, dass die Kinder lernen, Medien verantwortungsvoll zu nutzen, also auch Inhalte kritisch zu hinterfragen.“ Damit die Kinder der Parallelklassen ebenfalls in Bezug auf ihre Medienkompetenz gefördert werden, gibt es seit diesem Schuljahr erstmals Informatikunterricht in allen siebten Klassen. So soll sichergestellt werden, dass die Kinder der iPad-Klasse nicht bevorzugt werden, sondern alle Schüler das gleiche Medien-Niveau erreichen.

Mit dem Projekt ist die Theodor-Mommsen-Schule Vorreiter in Schleswig-Holstein. In manchen anderen Schulen werden Tablet-Computer zwar vereinzelt im Unterricht genutzt. Das Lernen mit iPad im Klassenverband und in diesem Umfang ist jedoch landesweit einzigartig. „In Niedersachsen gibt es bereits viele solche Projekte“, sagt Klassenlehrer Juan Rechid. „Dort haben wir uns auch ausgiebig über Vor- und Nachteile informiert, bevor wir die Einführung einer iPad-Klasse auf der Schulkonferenz beschlossen haben.“ Aus den Niedersachsener Schulen stammt auch die Idee, mit iPads anstatt mit Tablet-Computern anderer Firmen zu arbeiten. „Die iPads haben sich als weniger wartungsintensiv erwiesen, weil die Kinder an dem System nicht so viel verändern können und dadurch weniger Störungen auftreten.“

Damit alle die gleichen Voraussetzungen haben und kein Neid entsteht, haben alle Kinder das gleiche iPad. Finanziert werden die Geräte von den Eltern der Schüler. 700 Euro kostet ein iPad. Der Betrag kann auch über drei Jahre hinweg in Raten bezahlt werden. In dem Preis inbegriffen sind eine Garantieverlängerung und ein extra schneller Reparaturdienst. Außerdem geht ein Teil des Geldes in einen Sozialfonds, sodass manche Kinder das iPad zum halben Preis bekommen können.

Das Projekt ist zunächst auf drei Jahre befristet. Ob die Kinder auch nach der neunten Klasse mit den iPads lernen werden, steht noch nicht fest. Im nächsten Schuljahr soll es aber in der siebten Klassenstufe wieder eine Tablet-Klasse geben. „Wenn es genug Interessierte gibt, werden wir auch zwei iPad-Klassen einführen“, sagt Schulleiter Henning Bergmann. „Gerade in der Mittelstufe ist es wichtig, die Schüler zu begeistern, weil bei vielen die Lernmotivation in der Pubertät stark absackt. Das Lernen mit Tablets ist eine Möglichkeit, sie dazu zu bringen, ihr Leistungsfähigkeit weiterhin voll auszuschöpfen.“