Kommunalpolitiker möchten, dass die Stadt ein Signal setzt. Händler und Kunden beurteilen Vorstoß durchaus positiv

Reinfeld . Plastiktüten sind beim Einkaufen schnell zur Hand, landen oft ebenso schnell im Mülleimer und belasten in der Masse die Umwelt. Grünen-Politiker in Reinfeld wollen etwas gegen diese Verschwendung tun. Der Umwelt- und Energieausschuss der Stadt diskutiert am heutigen Dienstag darüber, wie die Gemeinde die Verwendung von Plastiktüten einschränken kann.

„Wir wollen, dass die Stadt ein Signal setzt und Verbände und Unternehmen anregt, sich freiwillig zu verpflichten, den Tütenverbrauch zu reduzieren“, sagt der Ausschussvorsitzende Dietmar Gosch von den Grünen. Die Umsetzung liege in der Hand des Einzelhandels. „Man könnte zum Beispiel bei der Schulung des Personals in Kaufhäusern ansetzen, damit Verkäufer nicht automatisch Tüten herausgeben, sondern jedes Mal nachfragen, ob eine gebraucht wird“, sagt Gosch. „Kunden sollten sich bei jedem Einkauf ernsthaft überlegen, ob sie nicht eine umweltfreundlichere Variante wählen können wie Stoffbeutel oder Papiertüten.“ Sinnvoll sei auch, die Preise für Tüten zu erhöhen.

Laut Umweltbundesamt verbraucht jeder Deutsche jährlich 65 Plastiktüten. Das sind bundesweit insgesamt 5,3 Milliarden Tüten. Auch die EU-Kommission befasste sich schon mit der Problematik. Ein Verbot von Plastiktüten ist auf kommunaler Ebene nicht durchzusetzen. Daher geht es in Reinfeld zunächst darum, das Bewusstsein von Unternehmen und Verbrauchern zu schärfen. „Mit unserem Ansatz stoßen wir bei manchen Ketten auf großes Interesse“, sagt Gosch.

Eine davon ist Famila. „Wir sind als nachhaltigkeitsbewusstes Unternehmen sehr offen für Konzepte, die den Trend hin zu umweltfreundlichen Materialien fördern“, sagt Solveig Hannemann, Pressereferentin bei Famila Nordost. In der gerade neu eröffneten Filiale in Reinfeld werden neben Plastiktüten auch Leinenbeutel und Papiertüten angeboten. Viele Kunden entscheiden sich für eine ökologische Alternative. Laut Marktleiter Oliver Wagner ist der Plastiktütenverbrauch in den vergangenen fünf Jahren bereits um 60Prozent zurückgegangen. „Um diesen Trend weiter zu fördern, könnte man zum Beispiel Schilder an den Kassen anbringen, auf den Kunden gebeten werden, lieber Papiertüten zu verwenden, oder man könnte die Plastiktüten aus dem Sichtfeld nehmen,“ schlägt Wagner vor.

Die Kunden direkt anzusprechen findet Angela Klingbiel vom Reformhaus Reinfeld problematisch. „Ich bin froh über jede gesparte Tüte, aber ich würde meine Kunden niemals maßregeln“, sagt Klingbiel. „Dann fühlen die sich ertappt und verlassen den Laden mit einem schlechten Gewissen.“ Ihrer Meinung nach sollten die Hersteller dazu gebracht werden, umweltfreundlichere Verpackungen zu produzieren. „Die meisten meiner Kunden bringen ohnehin eigene Einkaufstaschen mit“, sagt Klingbiel. Das Reformhaus biete ausschließlich Tüten aus Maisstärke und recyceltem Plastik an.

Auch Julia Lüth, Inhaberin vom Lieblingsladen Reinfeld, will ihre Kunden nicht belehren. „Ich denke, dass jeder weiß, dass Plastiktüten der Umwelt schaden“, sagt Lüth. „Generell ist es für mich umso besser, je weniger Tüten ich ausgeben muss, weil sie sehr teuer sind“, sagt Lüth. Allerdings seien Plastiktüten noch immer die günstigste Variante. „Wenn Papier billiger wäre, würde ich sehr gern ganz auf Plastik verzichten, im Moment ist das aber nicht möglich“, so Lüth.

Wolfgang Raddatz (CDU) ist Mitglied im Umwelt- und Energieausschuss: „Man muss das Ganze auch aus der Sicht der Unternehmer betrachten“, sagt er. „Ganz ohne Plastik auskommen kann man natürlich nicht, aber als Umweltfreund würde ich es begrüßen, wenn weniger Plastikmüll in der Gegend umherfliegen würde.“