Jugendliche aus Glinde haben in Kurzgeschichten und Gedichten aufgeschrieben, was sich schwer in Worte fassen lässt

Glinde. Sie lieben sich, aber sie haben sich gestritten. Weil sie enttäuscht von ihm ist, läuft sie aus seinem Haus, sinnlos durch die Gegend, es regnet, und sie weint. Sie weiß nicht, wohin sie läuft. Einfach immer weiter geradeaus. Der Weg scheint endlos, sie weiß selbst nicht wo, aber sie möchte ankommen.

Dies sind nicht die geschriebenen Worte eines erfahrenen Autoren, sondern stammen von den beiden Schülerinnen Nina Wiedicke, 17, und Elke Tossa, 18. In ihrer Kurzgeschichte zum Thema Liebe erschaffen die beiden Zwölftklässlerinnen eine fiktive Figur namens Chloé, die schwanger wird und ihrem Freund davon erzählt. Weil der kein Verständnis dafür hat, dass Chloé das ungeborene Kind behalten will, läuft sie davon und lernt einen Jungen kennen, der sich wirklich für sie interessiert. „Glück im Unglück“ haben Nina Wiedicke und Elke Tossa ihre Kurzgeschichte genannt. Endlich am Ziel anzukommen, egal wo dieses hinführt. Das sei die Botschaft, die hinter dem Text steht. „Wir haben geschrieben, was wir gefühlt und gedacht haben. Zu dieser Zeit haben wir uns in der Klasse viel über Abtreibungen unterhalten“, sagt Nina Wiedicke.

Schwangerschaft, Drogensucht, Eifersucht, die Liebe zu einem Labrador: Das sind die modernen Interpretationen davon, was die Schüler der Gemeinschaftsschule Wiesenfeld mit dem Thema Liebe verbinden. Ihre Gedanken haben sie während des zweitägigen Schreibworkshops zu Papier gebracht.

Liebe ist ein Wort, das vieles beschreibt und vor allem bedeutet. Dieses Wort ist so voller Bedeutung, dass dieses Wort der Bedeutung gar nicht gerecht werden kann. Liebe kann Menschen trennen oder zusammenbringen, ihnen wieder neue Hoffnung geben oder ein tiefes Loch in die Brust reißen, welches sich nur langsam schließt und immer wieder aufs Neue aufreißt, wenn man nur einen Gedanken an diese Liebe verschwendet.

Moritz Kliem, 18, aus dessen Feder die vorangegangenen Zeilen geflossen sind, hat sich für einen eher theoretischen Angang entschieden. Ganz anders als Tobias Link, der zu seinem Gedicht eine Anekdote erzählen kann: „Ich war mit einem Klassenkameraden und einer Klassenkameradin unterwegs und dann war da ein Mädchen. Wir haben ihr von dem Workshop erzählt und gesagt, dass wir ihr ein Gedicht schreiben werden.“ Sie muss ihn inspiriert haben, und wie:

Sie saß gegenüber von mir, ich trank schon mein drittes Bier und schwebte förmlich zu ihr rüber. Sie hatte blondes langes Haar, ihre Augen waren wunderbar, ich sah die Träger ihres BH.

Die Kurzgeschichte „Noch schnell eine rein...“ von Felicia Günther, Maj-Britt Schneider und Hannah Röckener hat eine ernstere Handlung: Ein 16-Jähriger wird nach zu hohem Drogenkonsum tot aufgefunden. „In den Medien wird immer häufiger von Jugendlichen berichtet, die Drogen nehmen“, sagt Felicia Günther. Dann haben sie getextet:

Ich kann es nicht mehr klar erkennen, aber vor mir steht eine dunkle Gestalt. Ich versuche aufzustehen, mich hochzuziehen, doch ich falle wieder. Noch schnell eine rein. Jetzt wird es klarer: Es ist ein Mädchen, sie bewegt sich auf mich zu. Sie ist wunderschön, ihr blondes Haar weht im Wind. Es kommt mir wie Jahre vor, in denen ich sie einfach nur anstarre. Wir reden miteinander aber es klingt abgeschirmt. Wir lachen. Worüber lachen wir? Ich versuche sie zu berühren, doch ich spüre nichts. Aus lauter Verzweiflung nehme ich noch eine ... Sie kommt nicht wieder.

Wenn vier Jungen sich Eifersucht vorstellen, liest sich das wie in „Eine bittere Liebesgeschichte“ von Sören Johannsen und Henri Malarz.

Sie (Alex, Anm. d. Red.) läuft zu Sabrina hin, zieht sie weg und schlägt ihr ins Gesicht. Sabrina reißt ihr (Alex’, Anm. d. Red.) Top auseinander, und man sieht den neu gekauften BH. Daraufhin trennt Lucas die beiden Zicken voneinander will mit Sabrina weggehen. Alex folgt ihnen und wirft Lucas eine Bierflasche an den Kopf.

Vergleichsweise pflegeleicht erscheint da der Labrador, dem Felicia Günther ein Denkmal setzt.

Ich kann dir alles erzählen, auch wenn es schlimm ist! Denn du hörst mir immer zu und behältst alles für dich.

Von den Resultaten des Schreibworkshops ist die Organisatorin Margrit Ehbrecht überzeugt. Ehbrecht: „Die Jugendlichen haben gut herausgearbeitet, dass Liebe nicht nur ein romantischer Begriff ist, sondern so viele Facetten hat.“ Die Schüler haben inzwischen eine Ausbildung begonnen oder besuchen die zwölfte Klasse.