Zahl der auf Lebensmittelspenden Angewiesenen steigt. Ausgabe in Ammersbek eröffnet. Großhansdorf folgt bald

Ammersbek. Es mag paradox klingen, aber es gibt gute Nachrichten, die auch Anlass zur Sorge sind. Der Reihe nach. Der Verein Ahrensburger Tafel hat Mittwoch eine neue Ausgabestelle in Ammersbek eröffnet. Damit wird das Leben für Bedürftige in der Gemeinde an der Hamburger Stadtgrenze spürbar erleichtert. Bislang mussten die Ammersbeker, die auf gespendete Lebensmittel angewiesen sind, zur Tafel-Zentrale nach Ahrensburg fahren, um an einem der beiden wöchentlichen Ausgabetage ihren Bedarf zu decken.

„Ungefähr 25 Menschen aus Ammersbek gehören zu unseren regelmäßigen Kunden“, sagt Johannes Kelp, Erster Vorsitzender der Ahrensburger Tafel. „Ich gehe davon aus, dass die Abgabestelle vor Ort noch mehr Bedürftige aus Ammersbek erreichen wird, zum Beispiel diejenigen, die nicht mobil genug sind und die Fahrt nach Ahrensburg gescheut haben. Ich rechne mit 40 bis 50 Stammkunden in Ammersbek.“

Auch die Zentrale werde davon profitieren, sagt der Vorsitzende: „Das wird uns in Ahrensburg entlasten. Wir platzen dienstags und donnerstags, wenn mehr als 80 Empfänger in anderthalb Stunden versorgt werden wollen, aus allen Nähten. Unsere ehrenamtlichen Helfer sind manchmal überfordert.“

Ebenso erfreulich ist eine Erfolgsmeldung aus Großhansdorf. Auch dort hat die Tafel wegen der gestiegenen Nachfrage Räume für eine weitere Ausgabestelle gesucht. Bürgermeister Janhinnerk Voß meldet jetzt Vollzug. Am Dienstagabend ist im Sozialausschuss beschlossen worden, dass ein seit bald zwei Jahren leer stehendes Ladengeschäft am U-Bahnhof Kiekut von der Gemeinde für die Tafel angemietet werden soll. Großhansdorf übernimmt bis 2017 die Mietkosten von jährlich 7400Euro.

Die Ausgabe soll noch in diesem Jahr eröffnet werden. Nach Einschätzung von Johannes Kelp könnten es etwa 70 Bedürftige sein, die das neue Angebot schräg gegenüber dem Rathaus nutzen. Besonders erfreut ist Bürgermeister Voß darüber, dass sich die Vertreter aller fünf im Sozialausschuss vertretenen Parteien über das Engagement für die Tafel einig waren und dass auch die benachbarten Geschäfte am Barkholt keine Einwände hatten.

Soweit die guten Nachrichten. Die schlechte, die sich dahinter verbirgt, ist offensichtlich. Die beiden neuen Ausgabestellen stehen für eine gestiegene Zahl von Bedürftigen im reichen Kreis Stormarn. Die Ursache dafür sei eindeutig, und sie sei nicht lokal, sondern global, weiß Johannes Kelp. „Inzwischen sind ungefähr 50 Prozent der Bedürftigen Asylbewerber.“ Mit dem Strom von Flüchtlingen werde das Armutsproblem auch in wohlhabenden Kommunen deutlicher sichtbar.

Als weitere Empfänger nennt Kelp Familien, die von Hartz IV leben, alte Menschen mit geringer Rente, alleinerziehende Mütter, Studenten ohne Unterstützung und schlecht ausgestattete Institutionen wie zum Beispiel Frauenhäuser oder Einrichtungen, die mit Behinderten arbeiten.

Der 1995 gegründete Verein Ahrensburger Tafel hat neben Ammersbek und demnächst Großhansdorf zwei weitere auswärtige Ausgabestellen in Bargeteheide und Hamburg-Rahlstedt-Großlohe. In der Dependance im Hamburger Osten ist der Bedarf mit 330 Bedürftigen inzwischen am größten. Die Ahrensburger Zentrale hat 220 potenzielle Empfänger registriert, von denen 80 bis 90 an den Ausgabetagen im citynah gelegenen Eckhaus Bei der Alten Kate 1 vorbeikommen.

Die Ahrensburger Tafel wird von ehrenamtlichen Helfern betrieben. Zurzeit sind dort insgesamt etwa 45 in der Ausgabe und im Transport der gespendeten Lebensmittel beschäftigt. Johannes Kelp, 67, begann vor siebeneinhalb Jahren, nachdem er Frührentner geworden war, sich im Verein zu engagieren. Seit vier Jahren leitet er die Ahrensburger Tafel und ist für die organisatorischen Abläufe verantwortlich. Der Ahrensburger Verein hat fünf Fahrzeuge, vier davon sind Kühlwagen. Außerdem unterhält er in einem ehemaligen Bauernhof in Ahrensfelde ein Lager mit Kühlzellen.

Zahlreiche Sachspenden, die ehrenamtliche Arbeit und die öffentliche Förderung durch zum Beispiel Mietkostenübernahmen sind die Basis – daneben finanziert die Tafel sich über Spenden und Mitgliedsbeiträge sowie die symbolische Abgabe von einem Euro pro Bedürftigen beim Abholen von Lebensmitteln.

Zurzeit bekommen die Helfer überwiegend nicht mehr verkäufliche Ware von insgesamt 90 Spenderläden im Einzugsgebiet. Das Gros der Lebensmittel liefern Supermärkte in der Region. „Unsere Versorgung an Obst und Gemüse ist gut. Wir haben ständigen Bedarf an Milchprodukten und länger haltbaren Produkten wie Konserven. Es fehlt oft Trockenware wie Reis, Mehl und Nudeln. Leider nur selten bekommen wir Kaffee, Waschmittel, Kosmetika und andere Drogerieartikel.“ Bedauerlich findet Kelp, dass große Bäckereien sich bislang nicht dazu entschließen konnten, ihre nicht verkauften Waren an die Tafel weiterzugeben.

Kelp sagt, dass weitere ehrenamtliche Helfer gebraucht werden, gern auch aus Ammersbek und Großhansdorf. Die neue Ausgabestelle in der Lübecker Straße 6a in Ammersbek ist mittwochs von 16 bis 17 Uhr geöffnet.