Traditionsbäckerei Braaker Mühle liefert Brötchen und Snacks ins Auto. Verband spricht von Konzept mit Zukunft

Braak. Fährt ein Kunde zum Bäcker, bestellt frische Brötchen, Brot, heißen Kaffee – und bleibt dabei im Auto sitzen. Der Motor läuft. Der Bäcker reicht die Ware durch die heruntergelassene Scheibe der Fahrertür. Genau so funktioniert das jetzt in Braak. Im neuen Gewerbegebiet, an der Straße Braaker Bogen, hat die Firma Braaker Mühle den ersten Bäckerei-Drive-in Stormarns eröffnet. Was bislang ein Alleinstellungsmerkmal amerikanischer Fast-Food-Ketten gewesen ist, hält jetzt Einzug im traditionellen Bäckerhandwerk. Moderne Kunden erwarteten so was, meinen die Braaker-Mühle-Geschäftsführer Maren und Joachim Lessau. „Den Bäcker, wie er früher war, gibt es nicht mehr“, sagt Joachim Lessau. „Der Bäcker von heute bietet auch Snacks und Kaffee an.“

Die Idee, dass gehetzte Kunden nicht einmal mehr das Auto verlassen müssen, um den „Coffee-to-go“ zu kaufen, ist allerdings neu. „Bisher gibt es erst wenige Filialen, die so etwas anbieten“, sagt Heinz Essel, der Geschäftsführer der Bäcker- und Konditorenvereinigung (BKV) Nord. Er hält das Projekt für durchaus sinnvoll, damit Familienbetriebe wie die Braaker Mühle sich auch in Zukunft gegen Konkurrenz behaupten können. Denn wie Joachim Lessau weiß auch er, dass sich das Bäckereihandwerk in den vergangenen Jahren verändert hat: „Früher haben die Kunden Brote gekauft, um mit der Familie gemeinsam Frühstück oder Abendbrot zu essen. Heutzutage gibt es viel mehr Singles. Und selbst in der Familie wird immer seltener zusammen gegessen.“

Die Menschen hätten sich daran gewöhnt, sich auf dem Weg zur Arbeit oder nach Feierabend selbst zu versorgen. Daher weiteten sowohl kleinere als auch größere Bäckereien in den vergangenen Jahren ihr Angebot im gastronomischen Bereich weiter aus. Zudem sei die Zahl der Konkurrenten erheblich gestiegen. Wessel: „Der Backwarenmarkt ist zu groß geworden. Brot wird heutzutage oft in Großfabriken hergestellt, und auch an die Supermärkte haben wir Kunden verloren.“ Nicht weil die Qualität dort besser sei, wie Wessel betont, sondern weil sich das Konsumverhalten der Kunden verändert habe. „Die Leute möchten bequem einkaufen“, sagt Wessel. Für Back-Drive-ins sieht er vor allem eine Zukunft an Standorten an der Autobahn.

In Reinfeld plant Hansebäcker Junge ein ähnliches Projekt

Anfang des kommenden Jahres wird auch Hansebäcker Junge diesen Service anbieten. In einer neuen Filiale in Reinfeld (Am Weddern 1) soll ganz in der Nähe der Autobahn 1 der „Junge-Drive-in“ eingerichtet werden. Bevor sie am Schalter ihre Bestellungen abholen, wählen die Kunden dort mithilfe eines elektronischen Tablets vorab Snacks und Kaffee aus. „Auf den Tablets wird nur ein Teil des Sortiment abgebildet sein. Das ist benutzerfreundlicher“, sagt Gerd Hofrichter, der Unternehmenssprecher der Bäckerei. Von 5 bis 22 Uhr soll der Service Frühaufstehern und Nachtschwärmern zur Verfügung stehen. Die Bäckerei will auch darauf achten, dass alle Snacks, die am Drive-in-Schalter serviert werden, auch bequem während der Fahrt verzehrt werden können. „Statt einer Schwarzwälder Kirschtorte wollen wir vor allem Fingerfood anbieten“, sagt Hofrichter. Der Unternehmenssprecher schließt nicht aus, dass nach der Filiale in Reinfeld weitere Drive-in-Schalter in Hamburg und der näheren Umgebung folgen werden. Hofrichter: „Wenn die Kunden zufrieden sind, könnten wir uns vorstellen, weitere Schalter einzurichten.“

Für die Familie Lessau war es von der Idee bis zur Umsetzung des neuen Backshops mit Drive-in-Schalter ein langer Weg. „Vor fünf Jahren haben wir zum ersten Mal den Familienrat einberufen“, sagt Tim Lessau. Er ist Grundstückseigentümer und Bauherr des Objektes. Seit Anfang des Jahres arbeitet er im Familienbetrieb mit, der seit rund 150 Jahren besteht und von Maren und Joachim Lessau in der fünften Generation geführt wird. „Der Gemeinderat musste das Projekt erst genehmigen. Leider hatten wir am Anfang ein paar Stimmen gegen uns.“ Doch die Familie Lessau setzte sich mit ihrem Bauvorhaben durch. Im Januar dieses Jahres wurde der erste Spatenstich gesetzt, in der vergangenen Woche wurde die Filiale fertiggestellt.

Zur Einweihungsfeier des ersten Back-Drive-ins im Kreis Stormarn haben die Lessaus Gemeindevertreter, Gewerbetreibende aus Braak, Freunde und Verwandte in die rund 350 Quadratmeter große Filiale am Braaker Bogen eingeladen. Bei den Öffnungszeiten ließ sich die Familie von der Hausnummer ihrer Filiale inspirieren: 33. Folglich wird montags bis freitags von 5.33 bis 19.03 Uhr geöffnet sein, sonnabends und sonntags von 6.33 bis 17.03Uhr.