Gemeinde will Bebauungsplan für den Großensee aufstellen. Vorgaben sollen Verkauf an private Bieter verhindern

Großensee. „Wir wollen uns nicht geschlagen geben, sondern um den See kämpfen. “ Großensees Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers (Wählergemeinschaft BfG) machte bei einer öffentlichen Sitzung den Standpunkt der Gemeindevertreter zum Thema Verkauf des Großensees zum wiederholten Male ganz deutlich. Der 75 Hektar große See, seit 1937 im Besitz der Stadt Hamburg, hat laut deren Finanzbehörde keine strategische oder ökonomische Bedeutung mehr für die Hansestadt. Für mindestens 1,115 Millionen Euro würde Hamburg das Gewässer abgeben. Auch in fremde Hände.

Das jedoch will die Gemeinde Großensee mittels eines Bebauungsplans verhindern. „Niemand kann voraussehen, welche kurz- und vor allem langfristigen Folgen ein Verkauf an einen privaten Investor haben würde“, so Lindemann-Eggers. Und genau diese Unsicherheit macht den meisten Großenseern Angst. „Es wäre furchtbar, wenn jemand unser Schmuckstück ganz allein für sich haben will und es vielleicht sogar einzäunt “, sagt Anke Strübing-Buchholz. Sie hat als Kind in dem idyllisch gelegenen See inmitten der Stormarner Schweiz das Schwimmen gelernt und wohnt heute mit ihrem Ehemann Klaus ganz in der Nähe des Ufers. Beide fühlen sich dem Gewässer sehr verbunden und gehen gerne auf den Rundwanderwegen spazieren. Dass „ihr“ Großensee für die Allgemeinheit vielleicht bald nicht mehr zugänglich sein soll, ist für das Paar undenkbar.

Doch solange Hamburg sich nicht für einen Käufer entschieden hat, ist noch alles möglich. An dem beschränkten Bieterverfahren, das über die Hamburger Immobilienfirma PMC abgewickelt wird, nimmt auch die Gemeinde Großensee teil. Nach der Einwohnerversammlung, an der mehr als 200 Menschen aus Großensee und Umgebung teilgenommen haben, stand nahezu einstimmig fest, dass die Gemeinde großes Interesse am Kauf und damit am Mitbieten hat. In welcher Höhe das Gebot ausfällt und wie es finanziert werden kann, darüber haben die Gemeindevertreter im nicht-öffentlichen Teil der Sitzung am Donnerstag lange diskutiert. „Wir werden noch nicht verraten, wie viel wir bereit sind, zu bezahlen“, sagt Bürgermeister Lindemann-Eggers. „Schließlich könnten wir dann sofort wieder überboten werden. Erst, wenn die Tinte unter dem Vertrag trocken ist, werde ich Zahlen nennen.“ Gebotsabgabe ist am 26. September 2014. Dann wird Hamburg die Angebote sichten – und sich entscheiden müssen.

„Wenn der Hamburger Senat fair gewesen wäre, hätte er den Großenseer Gemeinderat als erstes über den geplanten Verkauf informiert“, sagt Rosemarie Prang, die die Herangehensweise der Hansestadt in dieser Sache nicht als einzige kritisch sieht. Bis vor kurzem war die 73-Jährige selbst noch Gemeindevertreterin. „Hamburger nutzen den See seit Jahrzehnten als Ausflugsziel. Deswegen sollte es doch auch in deren Interesse sein, dass sich an der Situation hier nichts ändert.“ Und das sei ihrer Meinung nach nur garantiert, wenn die Gemeinde den See erwirbt. Dabei betont Daniel Stricker, Sprecher der für den Verkauf zuständigen Finanzbehörde, dass die Stadt Hamburg keine anderen Ziele als die Gemeinde habe und den Großensee als Naherholungsgebiet bewahren möchte. Doch seinen Worten will niemand so richtig Glauben schenken. Wenn es um so viel Geld geht, solle man niemandem blindlings vertrauen, so Gemeindevertreter Michael Prang.

Eine Hamburgerin, die neben rund 60 anderen Besuchern an der Sitzung im Großenseer Dörphus teilnahm, unterstützt das Vorhaben der Gemeinde in ihrer Nachbarschaft. „Ich komme seit Jahren zum Schwimmen hierher und wünsche mir, dass das auch weiterhin möglich ist. Ich habe in Hamburg schon kräftig die Werbetrommel gerührt, um viele Mitstreiter zu gewinnen.“

Doch der Gründung eines Vereins im Sinne „Bewahrt den Großensee!“ oder einer Eigentümergenossenschaft steht der Bürgermeister skeptisch gegenüber. Es sei oft schon schwer genug, die Interessen von 13 Gemeindevertretern zu aller Zufriedenheit zu behandeln, schmunzelt er, freut sich aber ganz offensichtlich über den regen Zuspruch und die Spendenbereitschaft, die er in den vergangenen Wochen erfahren hat und die nicht nur aus der eigenen Gemeinde kommt.

Um den anderen Kaufinteressenten das Objekt der Begierde so wenig schmackhaft wie möglich zu machen, hat die Großenseer Gemeindevertretung nun einen Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan gefasst, der über die freizuhaltenden Flächen bestimmen soll. Er betrifft die Insel im Großensee sowie einen 50 Meter breiten Streifen entlang des Ufers. Außerdem hat die Gemeinde das Vorkaufsrecht für den See erworben. Woher jedoch das Geld im Falle eines Kaufs kommen wird, darüber muss noch ausführlich gesprochen werden. „Lassen Sie uns abwarten, um welche Summe es am Ende geht“, so Bürgermeister Karsten Lindemann-Eggers. „Dann können wir über verschiedene Möglichkeiten diskutieren.“ Die Gemeinde jedenfalls habe nun alle ihr im Moment zur Verfügung stehenden Instrumente genutzt, um Investoren abzuschrecken und damit einen wichtigen Schritt näher am Ziel zu sein: den Großensee zu einem echten Großenseer zu machen.