Bei fünf schweren Unfällen kamen zwei Autofahrer ums Leben. Polizei und Stadt wollen B-75-Kurve besser sichern

Reinfeld. Er ist mehr als 15 Meter hoch, hat einen Umfang von gut zwei Metern – und ist für Autofahrer bereits zum zweiten Mal zur tödlichen Falle geworden: Baum Nummer 190006 an der Bundesstraße 75 in Reinfeld. Am Dienstag vergangener Woche schleuderte ein 18-Jähriger aus Hamberge mit einem Renault gegen den Ahornbaum. Er starb in dem Autowrack.

Es war nicht der erste Unfall, der an diesem Baum tödlich endete. Im Mai 2013 war ein 39 Jahre alter Autofahrer aus Bad Oldesloe an derselben Stelle von der Bundesstraße abgekommen und gegen den Baum geprallt. Auch er erlag seinen schweren Verletzungen.

Nun setzen sich Polizei und die Stadt Reinfeld dafür ein, dass die B 75 an der Einmündung zur Straße Kalkgraben sicherer gemacht wird. Erste Gespräche mit der für die Bundesstraße zuständigen Behörde, dem Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr in Lübeck (LBV), seien bereits erfolgt.

Die Polizei registrierte im vergangenen Jahr drei Unfälle an der Stelle. Dieses Jahr kamen zwei weitere hinzu – alle auf nasser Straße. „Die Fahrbahn wird bei Nässe in dieser leichten Kurve sehr rutschig“, sagt Jürgen Böttcher, Polizist in Reinfeld. Er betont allerdings auch, dass alle Unfälle auf Fahrfehler zurückzuführen seien.

Der 18 Jahre alte Bennet, der vor einer Woche mit seinem Renault Megane Cabrio von der Straße abkam, ist nach den bisherigen Ermittlungen zu schnell unterwegs gewesen. Zudem überholte er in der leichten Kurve ein anderes Auto, obwohl eine durchgezogene Linie genau dies an der gefährlichen Stelle verbietet.

„Viel mehr kann man leider nicht falsch machen“, sagt Gerd Herrmann, SPD-Stadtverordneter in Reinfeld. Auch er sagt, dass alle Unfälle zuvor auf ähnliche Fahrfehler zurückzuführen sein. „Deswegen müssen wir in erster Linie an die Vernunft der Autofahrer appellieren“, so Herrmann. Er setzt sich aber auch dafür ein, dass sich an der Gefahrenstelle etwas ändert. „Ich habe in Mecklenburg-Vorpommern gesehen, dass an einzelnen Bäumen Leitplanken stehen, vielleicht wäre dies auch eine Möglichkeit an der B 75“, so Herrmann. Das Fällen des Baumes ist für ihn keine Lösung.

Das sieht auch der CDU-Stadtverordnete Lorenz Hartwig so. „Der Baum steht dort seit zig Jahren. Wenn es zu einem Unfall kommt, dann sind es Fehler der Autofahrer.“ Als Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr kenne er die Unfallstelle gut. „Wenn wir jetzt Bäume fällen oder Leitplanken bauen, wo wollen wir dann anfangen und wo aufhören?“, sagt Hartwig. Er spricht sich dafür aus, den Fahrbahnbelag zu erneuern, damit die Straße bei Feuchtigkeit nicht so schnell rutschig wird.

Bürgermeister Gerhard Horn macht sich eher für ein strengeres Tempolimit stark. Momentan sind 70 Kilometer pro Stunde erlaubt. „Das muss jetzt auf jeden Fall passieren. Ob bauliche Maßnahmen wie eine Leitplanke hilfreich wären, müssen die Experten entscheiden“, so der Bürgermeister, dessen Amtszeit Mitte September endet. Er will sich beim LBV in Lübeck dafür einsetzen, dass die Todesstrecke entschärft wird. „Ursache sind zwar jedes Mal Fahrfehler, dennoch müssen wir eine solche Tragik hier nicht regelmäßig haben“, so Horn.

Er habe auch schon nach einem Unfall im März dieses Jahres dazu aufgerufen, etwas zu verändern. Damals war ein 20 Jahre alter Reinfelder mit seiner Mercedes-A-Klasse in der lang gezogenen Kurve auf nasser Straße in Schleudern geraten und frontal gegen den Baum geprallt. Dort standen noch ein Holzkreuz und ein Foto, das an den ein knappes Jahr zuvor gestorbenen 39-Jährigen erinnerte. Der Reinfelder und seine Beifahrerin, 19, kamen mit schweren Verletzungen in ein Krankenhaus. Das Auto wurde völlig zerstört.

Doch trotz aller Appelle von mehreren Seiten änderte sich nichts. Jetzt ist ein weiterer Mensch ums Leben gekommen. Ein neues Kreuz steht an dem Ahornbaum.

Neben der Verwaltung will sich auch die Polizei für Veränderungen einsetzen. Verkehrssachbearbeiter der zuständigen Polizeidirektion seien mit dem LBV im Gespräch. „Es werden Maßnahmen besprochen, die das Ganze entschärfen könnten“, sagt Polizeisprecherin Sonja Kurz. Sie betont aber auch, dass die Unfallopfer ihre Fähigkeiten überschätzt hatten.

Ob sich tatsächlich etwas an der Bundesstraße 75 in Reinfeld ändert, entscheidet jetzt der LBV in Lübeck. Sowohl Jens Sommerburg, Leiter dieser Behörde, als auch seine Stellvertreterin konnten sich bisher zu diesem Thema nicht äußern, weil beide auf einem mehrtägigen Seminar sind. Am heutigen Mittwoch wird Sommerburg jedoch wieder im Büro sein. Dann will er sich den Fall noch einmal genau ansehen.