Kreis lässt in Großensee Tempo-30-Schild abbauen. Eltern können das nicht nachvollziehen. Sie sind besorgt

Großensee. Kurz hinter dem Ortseingang, direkt an der Hamburger Straße, liegt der kleine Kindergarten Großensee. Noch weist ein Schild die Autofahrer darauf hin, dass hier tagsüber Tempo 30 gilt. Doch noch in den Sommerferien soll das Schild abmontiert werden, dann ist hier eine Geschwindigkeit von maximal 50 Kilometer pro Stunde erlaubt. Die Kindergartenleitung, der Bürgermeister, Eltern und Anwohner sind nun in Sorge um die Sicherheit der Kinder. „Ich finde das nicht gut, Tempo 30 wird nicht mal eingehalten, wenn die Kinder auf den Gehwegen unterwegs sind“, sagt Miriam Bolloni, eine Mutter.

1995 haben die Großenseer für das Schild gekämpft

Bei einer Verkehrsschau im Juni habe sich herausgestellt, dass die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht mehr rechtmäßig sei, erklärt Hans-Jürgen Zimmermann von der Verkehrslenkung des Kreises Stormarn. „Da Gehwege auf beiden Seiten sowie eine Fußgängerampel vorhanden sind, besteht keine Rechtfertigung für ein Tempolimit“, sagt Zimmermann. Laut Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung (StVO) dürften Beschränkungen und Behinderungen des fließenden Verkehrs nur dann angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage bestehe. Da die Fußgängerampel nur 150 Meter vom Kindergarten entfernt sei und es somit keine Gefahrenlage gebe, verstoße eine Geschwindigkeitsbegrenzung geradezu gegen die Straßenverkehrsordnung. Zimmermann: „Durch die Ampel wird das 30-iger-Schild ad absurdum geführt.“ Er rät vorsorglich: „Eltern, die ihre Kinder in den Kindergarten bringen, sollten mit gutem Beispiel vorangehen und die Ampel auch nutzen.“

Stefan Timmermann wohnt an der Hamburger Straße gegenüber dem Kindergarten. Er bezeichnet es als „nicht kinderfreundlich“, dass der Kreis das Verkehrsschild abmontieren lassen will. „Ich verstehe nicht, wieso die 30er-Zone vor dem Kindergarten nicht sein darf, andere aber vor Schulen bestehen bleiben“, sagt er. Hans-Jürgen Zimmermann von der Verkehrsaufsicht begründet das folgendermaßen: „Im Gegensatz zu Kindergartenkindern gehen viele Schulkinder allein zur Schule. Nach dem Schulende stürmen sie einfach los. Das gilt dann wieder als besondere Gefahrenlage.“

Seit 1996 gibt es das Schild, das Tempo 30 auf einer 200 Meter langen Strecke vorschreibt. Für die Großenseer ein großer Erfolg, denn sie hatten schon im Jahr 1995 mit einer Unterschriftenaktion dafür gekämpft, dass die 30er-Zone eingerichtet wurde. „Ich verstehe nicht, warum sie nun wieder aufgehoben wird“, sagt Gaby Feldhusen-Schilling, Initiatorin der damaligen Unterschriftenaktion. „Die Voraussetzungen haben sich nicht geändert. Die meisten Autos fahren auch schon jetzt, trotz des 30er-Schildes, viel zu schnell“. Feldhusen-Schilling befürchtet nun, dass die Geschwindigkeitsüberschreitungen zunehmen werden.

Kindergartenleiterin hat Angst um ihre Schützlinge

Dass viele Autofahrer zu schnell durch den Ort fahren, bestätigt auch die Kindergartenleiterin Karin Jeggel: „Selbst wenn ich mit einer Kindergruppe unterwegs bin, heizen die Autos hier noch mit 60 oder 70 durch. In meiner Ausbildung habe ich miterlebt, dass ein Kind angefahren wurde. Das möchte ich nicht noch einmal erleben.“ Anwohner Stefan Timmermann befürchtet, „dass es bald knallt“, denn Baufahrzeuge und Busse wichen, wenn sie einander begegneten, auch auf die Gehwege aus.

Auch Judith Wiederhold, Vorsitzende der Kreiselternvertretung Stormarn, kann die Entscheidung, das Schild abzumontieren, nicht nachvollziehen. Mehr noch, sie fordert: „Vor jeden Kindergarten gehört ein Tempo-30-Schild.“

Ein anderes Schild zum Schutz der Kinder ist bereits entfernt worden. Das Gefahrenzeichen 136 „Achtung Kinder!“ vor der Bushaltestelle an der Lütjenseer Straße musste diesen Sommer weichen. Inakzeptabel sei das, sagt eine Anwohnerin, deren Kind im übernächsten Schuljahr mit dem Bus zur Schule fahren soll.

„Innerorts ergibt das Schild keinen Sinn, hier muss morgens zwischen sieben und acht Uhr mit Kindern gerechnet werden“, sagt Hans-Jürgen Zimmermann von der Verkehrsaufsicht. Er verweist auf den ersten Paragrafen der StVO, nach dem die Teilnahme am Straßenverkehr ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht erfordert.

An Bushaltestellen müssten Autofahrer sich ohnehin vorsichtig verhalten, dort sei ein Schild, das auf eine Gefahr hinweist, überflüssig. Seit 2000 sollen laut StVO nur dort Verkehrszeichen aufgestellt werden, wo das aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist.