Thomas Deistler löst Herbert Woodtli als Stiftungs-Vorstand in Ahrensburg ab

Ahrensburg. Die eleganten Türmchen, der imposante Bau, das weitläufige Grün – für Ahrensburger ist das Schloss mit seiner Parkanlage ein ebenso hübscher wie vertrauter Anblick. Für Thomas Deistler ist das Ahrensburger Schloss eine Überraschung. Das hat nichts damit zu tun, dass der 32-Jährige mehr als 300 Kilometer entfernt in einem Örtchen am Berliner Stadtrand groß geworden ist. Es liegt daran, dass Deistler von einem auf den anderen Tag sehr viel Verantwortung für Ahrensburgs schönstes Gebäude übernommen hat.

Thomas Deistler ist der neue Vorstand der Stiftung Schloss Ahrensburg. Ende Juni war sein Vorgänger Herbert Woodtli, 72, aus persönlichen Gründen ausgeschieden. Kurz darauf kam der Geschäftsführer der Stiftungen der Sparkasse Holstein, Jörg Schumacher, auf seinen frischgebackenen Stellvertreter zu und bot ihm den Posten an. „Eine wahnsinnige Ehre“, sagt Deistler, blinzelt zum 429 Jahre alten Schloss und freut sich bei dem schönen Anblick ganz offensichtlich noch mehr auf seine neue Aufgabe.

Seit zwölf Jahren ist die Stiftung Schloss Ahrensburg Träger des Renaissancebaus anno 1585 und soll vor allem seinen Bestand sichern, inklusive notwendiger Sanierungen und der Unterhaltskosten für den Betrieb. Rund 370.000 Euro hat der Betrieb laut Geschäftsführerin Tatjana Ceynowa im vergangenen Jahr gekostet. Darunter: die Kosten für Personal, Parkpflege, Wartung der technischen Anlagen, Instandhaltung und Versorgung mit Wasser und Strom. Dem stehen 247.000 Euro gegenüber, die das Schloss unter andere mit Hochzeiten, Veranstaltungen für Kinder und dem Museumsbetrieb im selben Zeitraum eingenommen hat und seinen neuen Stiftungsvorstand damit überaus zufrieden stellt. „Eine Eigenfinanzierung von mehr als 60 Prozent ist bei einem Museum ein überaus guter Wert“, sagt Deistler. In der Tat liegt der Bundesschnitt bei Museen bei 20 bis 30Prozent.

Doch es gibt auch Probleme. Der Kapitalstock der Stiftung ist mit 1,7 Millionen Euro eher mager. So soll eigentlich mithilfe der Zinsen die Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben ausgeglichen werden. Daran ist bis heute allerdings nicht zu denken. Seither musste die Stadt Ahrensburg immer wieder mit Finanzspritzen aushelfen. 110.000Euro waren es 2013, dieses Jahr werden es voraussichtlich 80.000 Euro sein. Geld, dass eigentlich zugestiftet und so den Kapitalstock vergrößern soll. „Problematisch ist, dass das Zinsniveau momentan sehr niedrig ist. Und das wird sich in absehbarer Zeit auch nicht ändern“, sagt Deistler, der mit Frau Anna und dem einjährigen Sohn Alexander zurzeit den Umzug von Hamburg nach Bad Oldesloe plant. Thomas Deistler muss es wissen, denn er ist ein wahrer Stiftungsexperte. Seit mehr als fünf Jahren ist der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler in diesem Bereich tätig. Im März dieses Jahres wurde er stellvertretender Geschäftsführer der Stiftungen der Sparkasse Holstein. Zuvor hat er in Hamburg als Projektleiter bei der Hanse Stiftungstreuhand gearbeitet, einer Verwaltung für Stiftungen mit Sitz in der Hamburger Innenstadt. Schon seine Magisterarbeiter hatte Deistler über dieses Thema verfasst.

Seine Pläne für das Schloss finden sich aber vorerst nicht im Bereich Finanzen, sondern im Bereich Marketing. „Wir wollen das Schloss überregional bekannter machen“, sagt Deistler. Vor allem die vielen Besucher sichern den Bestand des Schlosses. Rund 27.000Menschen sind es laut Geschäftsführerin Tatjana Ceynowa durchschnittlich im Jahr. Dazu kommen die Teilnehmer von rund 500 gebuchten Führungen, 200Trauungen sowie die kleinen Besucher der etwa 250Veranstaltungen für Kinder. „Das sind gute Zahlen, mit denen wir an der Grenze unserer Kapazitäten sind“, sagt Ceynowa. Das heißt aber auch: mehr Einnahmen durch mehr Veranstaltungen im Schloss sind kaum möglich.

Auch nicht, wenn die Dauerbaustellen im, am und rund um das Schloss abgebaut werden. „In den vergangenen Jahren wurden wichtige Sanierungsschritte unternommen, wir sind auf einem guten Weg“, sagt Thomas Deistler. In der Tat hat sich in jüngster Vergangenheit einiges getan. So wurde 2012 ein erster Bauabschnitt im Schloss in Angriff genommen. Darunter auch notwendige Maßnahmen, die den Brandschutz erhöhen – so wie die beleuchteten Hinweise für Fluchtwege. Für rund 620.000 Euro wurde in diesem Frühjahr der Schlossgraben vom Schlamm befreit. Zuletzt war das in den 60er-Jahren gemacht worden. Die Entschlammung, deren Kosten die Stadt getragen hat, war notwendig. Aufgrund des Matsches ragten die Holzbohlen, auf denen das Schloss steht, teilweise aus dem Wasser und drohten aus dem Grund zu faulen. 2015 soll der zweite und letzte Bauabschnitt im Schloss für 1,175 Millionen Euro umgesetzt werden. Entsprechende Fördergeldanträge sind bei Bund und Land gestellt. Zudem sollen sich der Kreis, die Stadt, der Freundeskreis sowie eine weitere Stiftung an den Kosten beteiligen. Zum Teil sind die Zuwendungen bereits bewilligt.

Schloss-Geschäftsführerin Tatjana Ceynowa, die an einem Großteil der Anträge gearbeitet hat, freut sich über den neuen Vorstand. „Wir hatten bisher angenehme und konstruktive Gespräche“, sagt sie gegenüber der Abendblatt-Regionalausgabe Stormarn. Und weiter: „Ich bin mir sicher, das wird eine gute Zusammenarbeit.“

Begonnen hat die Zusammenarbeit übrigens für Deistler mit einer weiteren Überraschung – im Form eines kleines Bettes im Schloss. „Was ich aufgrund der Größe für ein Kinderbettchen gehalten habe, entpuppte sich als Schlafplatz für einen Erwachsenen“, sagt er. „Erst da fiel mir auf, was man eigentlich weiß. Nämlich, dass die Menschen im 16.Jahrhundert kleiner waren“, sagt Deistler. Da sei ihm auf eine besondere Weise noch mal bewusst geworden, wie alt das Ahrensburger Schloss ist.