Die Hitze beschert den Eiscafés Rekordzahlen. Im Veneto in Reinbek produziert Federico Salvadori derzeit doppelt so viel wie an anderen Tagen

Reinbek. Federico Salvadori bereitet seinen Kunden kühle Gaumenfreuden, ihm selbst ist jedoch schon am Morgen um 9.30 Uhr richtig heiß. Das liegt auch an den Gegebenheiten seines Arbeitsplatzes im Keller. Dort, auf 25 Quadratmetern, steht ein halbes Dutzend elektrische Geräte herum, zusammen nehmen sie etwa die Hälfte des Raumes ein und strahlen Wärme ab. Außerdem ist Federico ständig in Bewegung. Man könnte auch sagen: Er ist ein Wirbelwind. Jeder Handgriff sitzt. Und es muss schnell gehen dieser Tage. Salvadori produziert Eis im elterlichen Betrieb in Reinbek. „So viel wie noch nie in diesem Jahr“, sagt Vater Franco, der das Eiscafé Veneto seit über 30 Jahren betreibt. Wie den Salvadoris ergeht es derzeit vielen Eismachern in Stormarn. Wegen der heißen Temperaturen brummt das Geschäft mit den Kugeln.

Die gestiegene Nachfrage hat für Federico Salvadori Konsequenzen, die mit erheblichen körperlichen Anstrengungen verbunden sind. Anstatt zwischen fünf und 15 Behälterfüllungen zu je 4,5 Litern an kühleren Tagen produziert der Italiener derzeit bis zu 30 am Tag. Er sagt: „Laut Plan müsste das Eis um 12 Uhr komplett fertig sein, momentan überziehe ich aber regelmäßig eine halbe Stunde.“

Täglich werden 100 Liter Milch zu Eis verarbeitet

20 verschiedene Sorten bietet das Eiscafé in Reinbek an, unterschieden wird nach Frucht- und Milcheis. Bis die Kugeln den Weg in den Mund des Verbrauchers finden, dauert es vom ersten Schritt des Produktionsprozesses mitunter mehr als zwei Stunden. Dann nämlich, wenn Schokoladen-, Vanille- oder Nusseis hergestellt werden, also die milchhaltige Variante. Dafür liefert eine Molkerei täglich bis zu 100 Liter frische Milch. Die muss um 8.30 Uhr, wenn Federico Salvadori mit der Arbeit beginnt, bereitstehen.

Für den 30-Jährigen geht es gleich in die Vollen. Er füllt einen Großteil davon in einen Pasteurisierer, fügt Zucker, Eigelb und etwas Sahne hinzu. So entsteht die Grundmasse für das Milcheis. Salvadori: „Sie wird erst auf 62 Grad erhitzt, dann wird eine halbe Stunde die Temperatur gehalten. Anschließend geht es innerhalb von zwei Stunden auf null Grad runter.“

Inzwischen hat Federico die Schokolade gekocht – aus Milch, zwei Kakaosorten und Zartbitterschokolade. Er füllt sie mitsamt der Grundmasse in eine der beiden Eismaschinen. Jetzt dauert es nur noch wenige Minuten – und fertig ist das Eis. Über die Zutaten spricht er ganz offen, die jeweiligen Mengen verrät er jedoch nicht, sagt nur: „Das ist ein Rezept meines Vaters. Wir machen das Eis genauso wie vor 30 Jahren. Jedes Geschäft hat seine eigene Zusammensetzung.“

Auch sämtliche Soßen werden hier selbst gemacht. Darauf legt Chef Franco höchsten Wert. Genauso auf die Tatsache, dass die verarbeiteten Nüsse aus der Region Piemont und die Pistazien aus Sizilien kommen.

Während der Junior den inzwischen siebten Behälter mit Milcheis befüllt und ihn an Vater Franco weiterreicht, der mit der neuen Ladung sofort Richtung Verkaufstresen eilt, haben Sabine Klingberg, 35, und Robert Vincent, 51, im Außenbereich Platz genommen. Die beiden Reinbeker sind Stammgäste. Es ist kurz nach zehn, Zeit für ein zweites Frühstück. Sie bestellen Cappuccino – und natürlich Eis. Heute jeweils drei Kugeln in der Waffel, Mango, Erdbeer und Schokolade. „Wenn das Eis gerade gemacht ist, schmeckt es besonders gut“, sagt Klingberg. Heute probiere sie mal etwas anderes aus, normalerweise sei Vanille ihr Favorit.

Ein Großteil der Kunden denkt genauso. „Vanille ist der Renner“, sagt Franco Salvadori, der in Treviso in der Region Venetien geboren wurde und als junger Mann nach Deutschland kam. Rund 25 Prozent der Gesamtproduktion entfallen in seinem Geschäft auf diese Sorte. „Derzeit laufen aber auch Erdbeer, Mango, Joghurt und Kirsche sehr gut.“ In den 90er-Jahren hätten viele seiner Gäste noch eine Vorliebe für Stracciatella gehabt.

Im Veneto ist man experimentierfreudig. 18 Sorten gibt es hier immer, zwei wechseln in regelmäßigen Intervallen. Franco Salvadori: „Gerade hatten wir für eine Woche Basilikumeis, jetzt bieten wir die Kürbisvariante an.“ Was nie wechselt, ist die Reihenfolge in der Herstellung. Federico: „Wir gehen nach Farben. Der Ton wird dabei immer dunkler. Auf diese Art und Weise werden die hellen Sorten wie Vanille nicht verfärbt.

Eine Kugel wiegt 100 Gramm und kostet 90 Cent

Es geht auf 11 Uhr zu, und die Zahl der Gäste im Außenbereich steigt. Immer mehr ordern Eis. Entweder die bis zu 100Gramm schwere Kugel für 90Cent oder gleich das Spaghettieis für 4,10 Euro. Federico bekommt von alledem nur wenig mit. Für ihn ist im Keller Endspurt angesagt. Der Italiener befüllt eine 35 Jahre alte Eismaschine mit den Zutaten für das Fruchteis – in diesem Fall frisch pürierte Erdbeeren, Wasser und Zucker. Zusatzstoffe oder Geschmacksverstärker kommen nicht zum Einsatz.

Salvadori lächelt und streichelt das Gerät. Er sagt: „Das ist unser bestes Stück.“ Sechs Behälter Fruchteis schafft es in der Stunde. Das Besondere dabei: Die Maschine verfügt, anders als modernere Varianten des Hauses, über zwei Achsen, die sich in verschiedene Richtungen drehen. „Dadurch entstehen weniger Eiskristalle, und das Produkt hat eine höhere Konsistenz“, verrät Federico. Deshalb sei es auch schon vorgekommen, dass Gäste Erdbeer- für Milcheis hielten.

Um Punkt halb eins ist es geschafft. 30 Behälter Eis hat der Fachmann produziert. Nicht verkaufte Ware wird maximal noch am Folgetag angeboten. Aber davon ist an diesem Tag nicht auszugehen. Schon wieder huscht Vater Franco herein und holt den nächsten Behälter. Auch Federico wechselt jetzt die Etage. Bis 22 Uhr wird er im Verkauf tätig sein.