Richtlinien sind dazu da, um eingehalten zu werden. Das ist im Prinzip in Ordnung.

Es muss klar definierte Grenzen geben, die klären, welcher Personenkreis auf eine Leistung Anspruch hat. Doch es kann auch Ausnahmen geben, die von den Entscheidern ein gewisses Maß an Fingerspitzengefühl erfordern – wie im Fall des vom Kreis Stormarn finanzierten Fahrdienstes des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) für Behinderte. Bisher konnten auch Menschen, die in Pflegeheimen leben, diesen Service in Anspruch nehmen, obwohl eine Richtlinie das eigentlich ausschließt. Doch nun ist es mit der Großzügigkeit und Menschlichkeit vorbei.

Die Politik will keine Ausweitung der Richtlinie für Heimbewohner, und der Kreis wendet jene, die seit der Einführung des Dienstes 1982 Bestand hat, künftig konsequent in der Praxis an. Er hat die Nutzungsbewilligung für diesen Service widerrufen, wie es im Amtsdeutsch heißt. Für die Betroffenen ist das ein Schlag ins Gesicht. Das zeigt der Fall einer 85-jährigen Frau aus Ahrensburg, die linksseitig gelähmt ist und den ASB-Dienst für Opernbesuche in Hamburg nutzte. So konnte sie vermehrt am gesellschaftlichen Leben teilhaben. Genau deswegen wurde der Behindertenservice ins Leben gerufen.

Dass er ohnehin zu wenig genutzt wird, wirft auf die neue Vorgehensweise ein ganz schlechtes Licht: Nur 67 behinderte Menschen haben 2013 das Angebot, das den Kreis 41.000 Euro pro Jahr kostet, in Anspruch genommen. Deswegen geht die Verwaltung jetzt in die Offensive und bewirbt es. Nein, das passt irgendwie nicht zusammen. Mit der konsequenten Anwendung der alten Richtlinie sendet der Kreis ein falsches Signal.