Ahrensburger Gymnasium ist das erste im Land, an dem Schüler eine deutsche und französische Reifeprüfung machen

Ahrensburg. Premiere in Ahrensburg: Zehn Schüler haben bei der Zeugnisübergabe der Stormarnschule nicht nur die Urkunde über ihr Abitur erhalten, sondern auch das Zertifikat des französischen Pendants „Baccalauréat“, kurz Bac. Die Stormarnschule ist die einzige Schule in Schleswig-Holstein, die das anbietet. Der erste Jahrgang des sogenannten AbiBac verlässt somit nach drei Jahren zweisprachigen Unterrichts die Schule sowohl mit einer deutschen als auch mit einer französischen Hochschulreife.

In Deutschland gibt es das AbiBac bereits seit 1994. In Schleswig-Holstein wurde es zunächst vom Carl-Jakob-Burckhardt-Gymnasium in Lübeck angeboten. Aufgrund niedriger Beteiligung wurde das Projekt jedoch eingestellt, und die Stormarnschule entschied sich vor drei Jahren, das Angebot fortzuführen. Das Programm kam gut an: Im ersten Jahrgang, der nun fertig ist, nahmen zehn Schüler teil, in den Jahrgängen darunter jeweils 19 und elf.

Das AbiBac bezieht sich auf die letzten drei Schuljahre am Gymnasium. In diesen erhalten die Bacheliers, wie sich die Bac-Absolventen nennen, verstärkten Französisch-Unterricht sowie Geschichte in der Fremdsprache. Außerdem wird entweder Wirtschaftspolitik oder Geografie auf Französisch unterrichtet. Elf bis zwölf Wochenstunden stehen auf dem Plan, in denen Französisch gesprochen wird. Oberstufenleiter Christian Spickermann betont den Einsatz von bilingualen Lehrbüchern: „Im Fokus steht Europa: Europas Politik, Wirtschaft und Geschichte aus der Sicht zweier verschiedener Länder.“

Den Aufwand für den Doppel-Unterricht musste die Schule alleine stemmen

Die AbiBac-Schüler erhielten also einen ganz eigenen Lehrplan. Lehrkräfte mit einer Fächerkombination aus Französisch und Geschichte, Geografie oder Politik wurden dafür benötigt. Den Aufwand, der dahinterstand, musste die Schule alleine stemmen. Für die Lehrer bedeutete es einen enormen Mehraufwand, ihre Fächer plötzlich auch auf Französisch zu unterrichten. Das verursachte im ersten Jahr laut den AbiBac-Absolventen Mieke Hein, Katharina Wolters und Carl Christian Schreiber einige Anlaufschwierigkeiten. „Die Umstellung war etwas schwierig, aber bald hatte sich das eingependelt“, meinen die 19 Jahre alten Abiturienten.

Die drei sind ebenso wie Spickermann begeistert vom Ergebnis ihrer Ausbildung. Der Nutzen des doppelten Abschlusszweigs ginge dabei weit über das Erlernen der Sprache hinaus. Denn die Bacheliers bekamen nicht nur französischen Unterricht, sondern konnten auch für vier Wochen an ihre Partnerschule Lycée Jean Dautet in La Rochelle. „Zwischen den beiden Schulen besteht eine enge Kooperation“, sagt Spickermann, „sowohl Lehrer als auch Schüler beider Nationen besuchen sich zu den verschiedensten Anlässen.“ Dies fördere den interkulturellen Austausch: Mit vielen der Schüler dort haben die Schüler immer noch regen Kontakt.

Die Jugendlichen haben mit ihrem Abschluss einiges vor und sind einer Meinung: „Ab ins Ausland!“ Katharina Wolters und Carl Christian Schreiber haben bereits konkrete Pläne, an deutsch-französischen Unis zu studieren, Mieke Hein zieht es nach Schottland. Klar ist für alle: Es gibt keine Grenzen, Europa ruft. Auf die Möglichkeit des Erasmusstudiums, bei dem Studierende für ein oder zwei Semester an europäischen Unis studieren, freuen sie sich schon jetzt.

„Den multikulturellen Austausch auf europäischer Ebene zu erleben ist einfach das Beste“, so Mieke Hein. Darin besteht allen drei Schülern zufolge der größte Nutzen des Bacs. Es ermöglicht den Absolventen zudem den Zugang zu allen französischen Hochschulen ohne bürokratischen Aufwand. Außerdem können sie in international agierenden Unternehmen leichter Fuß fassen.

Am Donnerstag waren alle AbiBac-Schüler mit den Prüfungen fertig. Die zehn Schüler legten schriftliche Prüfungen in Französisch und Geschichte ab, die glücklicherweise auch für das Abitur angerechnet werden konnten. Als Mehrbelastung zum Erreichen des Bacs kam letztendlich eine mündliche französische Prüfung hinzu, in der die Schüler zum Buch eines französischen Literaten befragt wurden. Eine Prüfungsbeauftragte aus Straßburg kontrollierte die Aufgaben und befragte die Schüler. Laut Spickermann war die Französin sehr überrascht von den Leistungen der Ahrensburger Schüler und vergab dreimal die Bestnote – die sie in Frankreich noch nie vergeben habe.

Die Schüler glänzten mit einem Notendurchschnitt von 1,4

Für den Oberstufenleiter war die Zeugnisübergabe am Donnerstag ein Höhepunkt des Projektes, das nun nach drei Jahren zum ersten Mal Erfolge zeigt. Die zehn Schüler glänzten mit einem Notendurchschnitt von 1,4 sowohl im deutschen Abitur als auch im französischen Baccalauréat. Annette de la Motte, Vorsitzende der Deutsch-Französischen Gesellschaft Schleswig-Holstein, war so beeindruckt, dass sie den drei besten Bacheliers eigens erstellte Preise übergeben möchte. Spickermann ist glücklich über die Ergebnisse. „Im Juni 1944 war Krieg zwischen Frankreich und Deutschland“, sagt er. Damals seien die ersten elf Abiturienten von der Stormarnschule abgegangen. „Heute, 70 Jahre später, sind es die zehn ersten Bacheliers.“