Landesverband und Unfallkasse fürchten wegen „Cold Water Challenge“ Verletzungsgefahr und Imageschaden

Ahrensburg/Kiel. Mehrere tausend Videos haben Feuerwehren bundesweit gedreht, um eine Hilfsorganisation zu unterstützen (wir berichteten). Auch Stormarner Wehren machten bei der „Cold Water Challenge“ mit: Feuerwehrleute aus Tremsbüttel fuhren in Schutzkleidung Wasserski, in Hoisbüttel sprangen sie mit Gummitierchen in den Teich vorm Rathaus, die Helfer aus Bad Oldesloe gingen vor der Wache im T-Shirt duschen.

Nun haben sich der Landesfeuerwehrverband (LFV) Schleswig-Holstein und die Hanseatische Feuerwehr-Unfallkasse (HFUK) Nord mit einer Stellungnahme gemeldet. „Aus einer ursprünglich gut gedachten Idee zur Spendenaquirierung für brandverletzte Kinder sind überwiegend Aktionen mit bedenklichen Ausmaßen erwachsen, die erhebliche Gesundheitsrisiken enthalten“, schreiben Holger Bauer vom LFV und Christian Heinz von der HFUK. Als Beispiel nennen sie Videos, in denen sich Feuerwehrleute gegenseitig mit harten Wasserstrahlen aus Strahlrohren bespritzen. „Neben der Unfallgefahr und dem zweifelhaften Sinn derartiger Aktionen weisen die Kreis- und Stadtwehrführer auch auf die Zweckentfremdung von kommunalem Einsatzgerät und Schutzkleidung hin“, heißt es weiter. Vereinzelt sei in Kreisen und Städten bereits ein Verbot ausgesprochen worden, bei der Aktion mitzumachen.

Bislang nicht in Stormarn. Ohnehin käme das Verbot zu spät. „In Stormarn haben eigentlich schon alle Feuerwehren bei der ,Cold Water Challenge‘ mitgemacht“, sagt Florian Ehrich von der Ahrensburger Wehr. Das Prinzip ist einfach. Eine Feuerwehr dreht ein Video, das mit kaltem Wasser zu tun hat. Am Ende werden andere Wehren oder Hilfsorganisationen genannt, die binnen 24 Stunden ebenfalls ein Video drehen müssen. Schaffen die Nominierten das nicht, müssen sie zum Grillfest einladen und 112 Euro an den Norderstedter Verein Paulinchen spenden.

Florian Ehrich und seine Ahrensburger Kameraden haben – wie viele andere – ein Video gedreht und trotzdem gespendet. Ehrich wundert sich über die Ansage des Landesfeuerwehrverbandes. „Ich bin ein bisschen irritiert, es ist doch selbstverständlich, dass man aufpasst, dass sich niemand verletzt, und dass man vorsichtig mit der Gerätschaft umgeht“, sagt er. „Wir haben ganz andere Veranstaltungen, die auch ein Verletzungsrisiko bergen. Zum Beispiel bei den Schnelligkeitsübungen auf Amtsfeuerwehrfesten. Und die gehören auch mit dazu.“

Die Feuerwehr-Unfallkasse weist in dem Schreiben darauf hin, dass die Aktionen nicht unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stünden. Wörtlich heißt es: „Klamauk ist nicht versichert.“ Durch das hohe Gefährdungspotenzial einzelner Aktionen entstehe ein Risiko für Feuerwehrangehörige, das aus Sicht der Unfallverhütung nicht toleriert werden könne. „Allein schon durch die hohen Verletzungsgefahren sind solche Aktionen nicht als Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehr geeignet. Zu befürchten sei eher ein Imageschaden, wenn Feuerwehrleute dabei eine schwere Verletzung davontragen.“ Die Wehren beschädigten ihr professionelles Ansehen, das durch gute Arbeit 365 Tage im Jahr mühselig erarbeitet werde.

Ganz so mag Stormarns Feuerwehrchef Gerd Riemann das nicht sehen. „Man muss abwägen. Eine Gefährdung muss natürlich ausgeschlossen werden. Aber das multimediale Interesse und die große Beachtung sind nicht wegzudenken. Das sieht man an den beachtlichen Klickzahlen“, sagt er. Das Video der Feuerwehr Tremsbüttel wurde binnen zwei Tagen auf dem Videoportal Youtube knapp 2000 mal angeklickt, das Video aus Ahrensburg seit dem ersten Juni rund 6500 mal. „In einigen Kreisen wird das negativ gesehen, wenn man sich selbst etwas durch den Kakao zieht“, sagt Riemann. „Wir in Stormarn sind da schwankend. Ich bin nicht grundsätzlich dagegen. Aber mit dem Wasserstrahl auf Leute zielen birgt eine erhebliche Verletzungsgefahr.“ Er-heb-lich, betont er. „Das geht gar nicht.“

Auch mit der teuren Schutzkleidung in einen Bach zu springen sei nicht in Ordnung. „Wenn ein Atemschutzgerät nass wird, muss es anschließend von einer Fachfirma getrocknet werden. Pro Gerät kostet das bis zu 300 Euro.“ Dies müsse von der Gemeinde bezahlt werden und das sei nicht richtig. „Aber ich habe ein Video gesehen, wo die Jungs in Schutzkleidung vor einem Teich stehen und sich ausziehen. Man denkt: Oha, gleich sind sie blank. Aber sie hatten ihre Badebüx drunter und sind dann ins Wasser gesprungen. Da kann man doch nichts gegen haben.“