17 Auszubildende kontrollieren in Barnitz Strommasten und Leitungen. Dabei achten sie auch auf Vogelschutz

Barnitz. „Den Schraubenschlüssel bitte.“ Steffen Kamp kramt in seinem schwarzen Beutel und holt das silberfarbene Werkzeug hervor. Marco Gellersen streckt seinen Arm hinaus und greift es vorsichtig. Die jungen Männer stehen in etwa zehn Meter Höhe auf einem Strommast und tauschen die Überspannungsableitungen aus. Jeder Handgriff sitzt bei den Auszubildenden der E.on Hanse AG, die in Barnitz das Theoriewissen in der Praxis anwenden.

„Das Wetter hätte schon besser sein können“, sagt der 18-jährige Kamp, der aus Uelzen stammt. Eisiger Wind bläst den angehenden Elektronikern für Betriebstechnik um die Ohren. Immer wieder schlägt das Sicherungsseil gegen den Strommast.

Auch Lukas Bergmann muss sich an diesem Tag gut festhalten. Er sitzt auf der Traverse in 15 Meter Höhe und schraubt sogenannte Büschelabweiser an die Leitungen. „Die Teile dienen dem Schutz der Vögel“, sagt Steffen Kamp. Zwar können Vögel üblicherweise problemlos auf den Stromleitungen landen. „Kommen sie allerdings zu dicht an die Traverse, also den Querbalken, könnten sie einen Stromschlag bekommen“, sagt Kamp und breitet beide Arme aus wie die Tiere ihre Flügel. „Wenn die Vögel dort ihre Flügel ausstrecken, könnten sie zwei Leitungen berühren“, so der Auszubildende, der im zweiten Lehrjahr ist. Die langen weißen Plastikstäbe, die wie ein Strauß Kabelbinder aussehen, sollen dies verhindern. Pro Strommast müssen die Azubis neun Büschelabweiser anbringen.

Damit ist die Arbeit für die 17 jungen Männer aber noch nicht getan. „Als Erstes machen sie eine Sichtkontrolle“, sagt Tobias Ernecke, Koordinator der Ausbildungskolone. Der 33 Jahre alte Rendsburger beobachtet die Lehrlinge vom Boden aus und gibt, falls nötig, Anweisungen. „Das Stromseil ist dort kaputt“, sagt Ernecke und zeigt auf die Stelle. Der Ausbilder hat kleine Stahlfäden entdeckt, die abstehen.

Die 11.000-Volt-Leitungen sind während der Arbeiten abgeschaltet

Die Azubis müssen an der beanstandeten Stelle das Metallseil ersetzen. Angst vor Stromschlägen müssen die jungen Männer nicht haben. Denn die Leitungen, auf denen sonst eine Spannung von 11.000 Volt herrscht, sind abgeschaltet. „Die umliegenden Dörfer spüren davon aber nichts“, sagt Ralf Kitzing, 38, von der Schleswig-Holstein Netz AG in Ahrensburg. Der Techniker hat für den Einsatz der Lehrlinge die Strecke zwischen Benstaben und Barnitz vom Netz genommen. „Die Haushalte sind an andere Stromnetze angeschlossen“, sagt Kitzing. „Und wo dies nicht möglich war, wie in Klein Barnitz, haben wir Notstromaggregate aufgestellt.“

Sogar vor Blitzeinschlägen wären die Berufsneulinge geschützt. Tobias Ernecke zeigt auf Erdungskabel, die von den Leitungen zwischen zwei Masten hinabhängen. Schutz bietet auch die Ausrüstung der Männer.

Für Lehrling Steffen Kamp aus Uelzen ist es ein Traumberuf

„Sicherheit ist in unserem Beruf das A und O“, sagt Lehrling Steffen Kamp und zeigt sein Sicherheitsgeschirr. Mehrere Gurte sind um seine leuchtend gelbe Jacke und Hose gebunden. Auf seinem Rücken, zwischen den Schulterblättern, baumelt ein Karabinerhaken. „Dort kommt das Y-Seil ran“, sagt der 18-Jährige. Der Falldämpfer federt einen möglichen Absturz ab. „Dafür müssen wir allerdings das Y-Seil irgendwo am Mast befestigen“, so Kamp, der zwei tellergroße Metallhaken in seinen Händen hält. „Die heißen Einhandhaken, weil man sie mit einer Hand bedienen kann“, sagt Kamp. Er hat auf dem Mast am Trafo eine Öse gefunden, um sich zu sichern.

„Ich liebe meinen Beruf“, sagt er. An die Höhe habe er sich gewöhnen müssen. „Das ging aber schnell. Und bei schönen Wetter macht dies auch sehr viel Spaß“, sagt Kamp, der schon immer etwas Handwerkliches machen wollte. „Alle in meiner Familie sind sehr technisch veranlagt“, sagt er. Ursprünglich wollte er Kfz-Mechaniker werden. „Aber während eines Praktikums in einer Werkstatt merkte ich, dass das nichts für mich ist“, so Kamp.

Als er in den Herbstferien ein Praktikum bei den Stadtwerken in Uelzen absolvierte, fand er dann seinen Traumberuf. „Wichtig ist dabei die Teamarbeit“, sagt Ausbilder Tobias Ernecke: „Deshalb arbeiten hier Azubis aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen zusammen, die sich vorher nicht kannten.“ Die Ausbilder geben den Lehrlingen auch nicht vor, wer was auf einem Mast machen soll. „Da müssen sie sich selbst absprechen“, sagt Ernecke. So wie Steffen Kamp und Marco Gellersen. „Danke, die Schrauben sind jetzt fest“, sagt Gellersen. Dann gibt er den Schraubenschlüssel zurück.