Andreas Röckener aus Oststeinbek ist Pixi-Buch-Illustrator. Kinder lieben seine Arbeiten. Er aber bleibt im Verborgenen

Oststeinbek. Er ist zwar nicht gerade bekannt wie ein bunter Hund, aber er weiß genau, wie man einen bunten Hund erschafft, den fast jedes Kind kennt. Andreas Röckener ist Illustrator. Seine wohl populärste Figur hat er mit dem Logo des Hamburger Festivals „KinderKinder“ erschaffen: einen vielfarbigen Mops, der trotz seiner Leibesfülle keine Mühe hat, mithilfe eines kleinen Propellers immer wieder zu Höhenflügen der Fantasie abzuheben. „Seit sieben Jahren haben wir den Mops als Logo, und er hat seine Sache ganz gut gemacht“, sagt Röckener bescheiden. Dass er selbst dahinter unsichtbar geblieben ist, gehört zum Beruf: „Es ist das Los der meisten Illustratoren, dass ihre Leser sie nicht kennen.“

Dabei zählt Andreas Röckener zu denen, deren Arbeit von vielen wahrgenommen wird. Er hat im Laufe von 30 Jahren einige eigene Bilderbücher vorgelegt, die Texte anderer Autoren illustriert, für Leseförderprojekte gearbeitet und zahlreiche Workshops für Kinder gemacht. Und nicht zuletzt war er für den Hamburger Carlsen Verlag gut beschäftigter Autor von Pixi-Büchern. „Es ist noch nicht lange her, dass ich derjenige war, der die meisten Einzeltitel für Pixi gestaltet hat“, erzählt er. In diesem Jahr erscheint sein 27. Pixi als Beitrag zum 60. Geburtstag der Reihe. Das Thema Schlaraffenland hat er selbst vorgeschlagen – was seiner bevorzugten Arbeitsweise entspricht: lieber frei eine eigene Idee zu entwickeln als von Anfang an eine reine Auftragsarbeit auszuführen.

Andreas Röckener, 58, lebt mit seiner Familie seit vielen Jahren in Oststeinbek. „Wir fühlen uns sehr wohl in unserem schönen ‚Schtormarn‘“, sagt der gebürtige Münsteraner. Die beiden Räume unter dem Dach des Einfamilienhauses im Süden des Ortes, in denen er zeichnet, könnten mit Sitz- und Arbeitsecke, Bücher- und CD-Regalen auch eine Junggesellenbude mit Kulturtapete sein, wären da nicht die mit einem Riesenarsenal von Schreib- und Buntstiften sowie einer großen Tuschfarbenpalette üppig bestückte Schreibtischplatte und die dicht an dicht gehängten und an die Wände gelehnten Gemälde von Tieren, die sehr menschlich schauen.

„Tiere sind meine Sache. Mit ihnen lassen sich gut menschliche Charaktere darstellen. Wenn ein Typus über eine Tierfigur transportiert wird, dann liegen Distanz und Wiedererkennen beim Betrachter nah beieinander“, sagt Röckener und erzählt, dass er seine ersten Zeichnungen beim seinerzeit durch Janosch erfolgreichen Verlag Beltz & Gelberg in einer Zeitschrift platzieren konnte, die eine Art Experimentierfeld war. Ihr Titel taugt auch als Leitmotiv für Röckener: „Der bunte Hund“. Seine ersten drei eigenen Bücher brachte er, der von 1979 bis 1984 an der Fachhochschule für Gestaltung in Hamburg studiert hatte, auch bei Beltz & Gelberg heraus. „Alle drei sind gnadenlos am Markt gescheitert“, lautet Röckeners lakonisches Fazit. „Es war großes Glück für mich, dass Anfang der 90er-Jahre Pixi als Auftraggeber kam. Wenn die nicht gewesen wären, hätte ich den Laden schließen können.“

Der Laden läuft inzwischen zuverlässig, weil Andreas Röckener Einkünfte aus verschiedenen Quellen bezieht. Etwa 40 Prozent, so schätzt er, machen Veranstaltungen aus, darunter die Pixi-Wissen-Workshops an Schulen und in Bücherhallen. Für den Illustrator eine Bereicherung in jeder Hinsicht, denn er trifft dabei direkt auf sein Publikum: „Ich finde es wunderbar, mit Grundschulkindern etwas zu entwickeln. Diese Veranstaltungen sind sehr wichtig für mich, auch ich lerne dabei. Wenn Kinder anfangen zu spinnen, dann könnte man Pixis daraus machen.“

Wie sehr die Workshops Röckeners Arbeitsweise beeinflussen, ist an seinen neueren Büchern ablesbar. Sie zeigen Cartoons, die eine Initialzündung für die Fantasie sein sollen. Wie zum Beispiel das Bild von dem Kröterich, der die gruseligste Geschichte aller Zeiten erzählt. Die tierischen Zuhörer schauen furchtsam, bis auf den Hasen, der Nerven wie Drahtseile hat. Oder die Story von den Süßigkeiten, die der Gorilla fressen will – doch er gewährt ihnen einen letzten Wunsch und muss eine Geschichte vom Lutscher über sich ergehen lassen, die zum Einschlafen langweilig ist und die Süßen rettet.

„Das ist immer eine offene Situation“, sagt Röckener und erzählt sein Lieblingserlebnis mit einem neun Jahre alten Förderschüler, der zunächst überhaupt nicht mitmachen wollte. „Dann aber hat er sich von dem Bild anregen lassen, auf dem ein Mann in der Landschaft vor einer Leiter steht, die vom Himmel herunterhängt. Er sagte: ,Der Mann klettert hoch und trifft Gott. Der fragt: ,Was geht?‘ Der Mann antwortet: ,Ist alles doof, immer so viel Arbeit.‘ Da verwandelte sich Gott in Godzilla und fraß ihn auf.‘“ Als Röckener fragte, warum, sagte der Junge: „Wenn er Gott trifft, soll er nicht rumjammern, sondern sich bedanken.“ Das hat dem Illustrator imponiert: „Diese Szene hat sich in meinem Hirn festgesetzt. Ich empfinde das als höchst philosophisch. Ich jedenfalls werde, wenn ich Gott treffe, nicht jammern.“

In den Workshops erfährt Röckener immer wieder, wie ernst Kinder auch in der Literatur genommen werden müssen. „Wir dürfen nichts über ihre Köpfe hinweg wollen. Sie merken die Absicht deutlich, und gute Bücher entstehen dabei ohnehin nicht. Ich versuche, das Spielerische zu bewahren und erlaube mir oft auch einen Schuss Ironie – weil ich erlebt habe, dass Kinder das verstehen.“

Eine Auswahl der Bücher von Andreas Röckener: Fischers Fritz ABC, Carlsen Verlag (Pixi), Das kleine Schul-ABC, Carlsen Verlag (Pixi), Vulkane, Carlsen Verlag (Pixi Wissen), Wale und Delfine, Carlsen Verlag (Pixi Wissen), Wie geht‘s weiter?, Bilder und Geschichten zum Weiterspinnen, Moritz Verlag 2010, Ist das wirklich alles? Geschichten zum Weiterfabulieren, Moritz Verlag 2012