Kita, Legasthenieverein und Beratungsstelle der Kirche ziehen in Neubau an Lindenstraße. Stadt beteiligt sich an Kosten

Bargteheide. Was passiert an der Lindenstraße3? Lange stand das alte Backsteingebäude leer. Lange wurde in Bargteheide gerätselt. Jetzt ist das Geheimnis gelüftet. Ein großes Schild kündet davon, dass die Kirche hier bauen wird. „Es entsteht ein Zentrum für Familien, Diakonie und Bildung“, sagt Pastor Jan Roßmanek. Was sich einfach anhört, ist ein finanzieller Kraftakt, der obendrein so ziemlich alles rund um das 750 Jahre alte Gotteshaus durcheinanderwirbelt. „Um unsere Kirchengemeinde zukunftsfähig zu machen“, sagt Pastor Roßmanek.

2,2 Millionen Euro wird der Neubau kosten. Er soll vor allem Platz für die evangelische Kita schaffen – mehr Platz. Denn die Kita wächst. Sie wird von der gegenüberliegenden Straßenseite in den Neubau umziehen und sich dabei von zwei auf drei Elementargruppen erweitern. Aber auch die alten Kita-Räume neben dem Gemeindehaus werden weiterhin für die Betreuung von Kindern genutzt: Im August sollen hier zwei Krippengruppen einziehen – auch das ein neues Angebot.

Der Umbau der alten Kindertagesstätte hat bereits begonnen

Der erforderliche Umbau der alten Kita ist bereits in vollem Gange. Kita-Leiterin Heidi Boock und ihr Team sind mit den Kindern der zurzeit noch zwei Elementar- und der ebenfalls schon existierenden Hortgruppe vor den Bauarbeiten „geflüchtet“. Sie haben Quartier im Souterrain des Gemeindezentrums genommen. „Die Hortkinder bleiben hier dauerhaft“, sagt die Erzieherin. „Mit der Option, bei Bedarf auch für dieses Angebot die Möglichkeit zur Erweiterung zu haben."

Der Neubau ist eine „Superlösung“. So sieht es Bargteheides Bürgermeister Henning Görtz. Für ihn ist er Vorstoß der Kirche die Chance, einem städtischen Ziel näher zu kommen. Vor zweieinhalb Jahren hatte Bargteheide beschlossen, 4,5 Millionen für die Kinderbetreuung auszugeben, um auf den steigenden Bedarf zu reagieren. Mit dem Neubau werde das Angebot für die Eltern nun deutlich verbessert – vor allem die Versorgung der unter Dreijährigen werde verbessert. „Sie liegt damit über 80 Prozent“, sagt Görtz. Das sei bedarfsgerecht. „Und macht uns froh.“

Die Nutzfläche des neuen Kirchen-Zentrums beträgt 775Quadratmeter. Die Außenflächen sind ungefähr noch einmal so groß. „Die Kita selbst bekommt mit 340 Quadratmeter den größten Platz“, sagt Architekt Norbert Schwencke vom Planungsteam. Dazu kommen 100Quadratmeter Gemeinschaftsraum – und 200 Quadratmeter Bürofläche. Denn der Legasthenieverein und die evangelische Beratungsstätte ziehen ebenfalls ein. Sie werden Miete zahlen. Aber damit ist ein solches Projekt nicht zu finanzieren.

Ein neuer Küster wird als Hausmeister eingesetzt

Während anderswo Kirchen geschlossen werden müssen, packt die Bargteheider Gemeinde ein Riesenprojekt an. Allein 300.000 Euro kosten die jetzt anstehenden Umbauten. Die Kosten für das neue Gebäude sind noch nicht eingerechnet. Auch nicht die Personalkosten für den neuen Küster, der Anfang März angefangen hat und Hausmeisterfunktion für das Familienzentrum übernehmen soll. Und auch nicht die Personalkosten für zehn zusätzliche Kita-Kräfte.

„Wir mussten zwei Grundstücke verkaufen“, sagt Pastor Andreas Feldten. Dadurch sei die Gemeinde liquide gewesen. Mit einem Kredit mit Zinsen hätte es nicht funktioniert. Feldten: „Wir kämpfen jedes Jahr um einen ausgeglichenen Haushalt.“ Zum Glück sei das Loch in der Kasse am Endes Jahres oft nicht so hoch wie befürchtet. Feldten: „Trotzdem haben wir ein strukturelles Defizit von 30.000 Euro.“

Der Kirchenkreis habe daher auch nicht gerade gejubelt. „Wir mussten sehr genau vorrechnen“, sagt Pastor Roßmanek. Aber dass die Bargteheider Kirche damit den richtigen Weg eingeschlagen habe, steht für ihn fest. „Auf Kinder und Familien zu setzen und sie verstärkt in die Gemeinde einzubeziehen sichert die Zukunft von Kirche“, sagt Roßmanek. „Das hat sich noch nicht überall rumgesprochen.“

In Bargteheide schon. Denn ohne die Hilfe der Stadt, die mit 1,2 Millionen Euro die Hälfte der Baukosten übernimmt, könnte die Kirche ihre Zukunftsvorstellungen nicht verwirklichen. Und umgekehrt gelte dasselbe, sagt der Bürgermeister. „Wir werden oft gefragt, wie wir es schaffen, schuldenfrei zu bleiben“, sagt Görtz und macht klar: Hohe Gewerbesteuereinnahmen reichten nicht. Görtz: „Es geht nur mit Partnerschaft. Nur, wenn in einer Stadt alle an einem Strang ziehen.“ Wenn Kirche Schulentwicklung und wenn Stadt Kirchenentwicklung unterstütze.

Ein Hinweis darauf, dass die Kirche der Stadt vor Jahren ein Grundstück für die Erweiterung der Albert-Schweitzer-Schule überlassen hatte. Jetzt konnte sie die dafür im Gegenzug von der Stadt an anderer Stelle erhaltenen Grundstücke für den Neubau zu Geld machen. Pastor Feldten: „So haben wir ein Stück Kirche zurückbekommen.“ Und eine Zukunftsperspektive.