Polizei untersucht, wie häufig ältere Fahrer an Unfällen beteiligt sind, und versucht, mit Prävention für mehr Sicherheit im Straßenverkehr zu sorgen

Bad Oldesloe. „Das Risiko, einen Unfall zu verursachen, steigt mit dem Alter signifikant an“: Diese Bilanz zog Polizeidirektor Holger Meincke bei der Präsentation der neuen Verkehrsunfallzahlen für das Jahr 2013 am Freitag in Bad Oldesloe. Demnach gingen von den 1293 von der Polizei aufgenommenen Unfällen 212 auf das Konto von Fahrern, die älter als 65 waren. Zum Vergleich: Fahrer zwischen 18 und 24 waren für 206 Unfälle verantwortlich.

Auf den ersten Blick mögen die Senioren nur an einem kleinen Teil der Unfälle beteiligt sein, bei genauer Betrachtung ist die Aussage des stellvertretenden Leiters der für Stormarn zuständigen Polizeidirektion Ratzeburg jedoch zu belegen. Zwar kann die Polizei keine Aussage darüber treffen, nach wie viel gefahrenen Kilometern ein Senior ein Unfall verursacht, und diese Zahl mit der jüngerer Fahrer vergleichen. Denn die Fahrleistung erfasst die Polizei nicht.

Die Beamten bedienen sich aber einer anderen Methode. Sie blicken auf die Zahl der Unfälle, an denen ältere Fahrer beteiligt sind und gucken, wie oft der Senior Unfallverursacher ist. So waren 65- bis 69-Jährige im vergangenen Jahr an 110 Unfällen beteiligt. 50 (45,6 Prozent) davon haben sie selbst verursacht. „Das ist noch ein geringer Teil, was daran liegt, dass Menschen in diesem Alter heutzutage noch sehr fit sind“, sagt Meincke.

Auffahrunfälle oder Parkrempler fallen nicht in diese Statistik

Werden Fahrer jedoch älter, ändert sich dieser Wert. Fahrer im Alter von 70 bis 74 Jahren waren an 129 Unfällen beteiligt. Bei 65 waren sie der Unfallfahrer (50,3 Prozent). Menschen, die älter als 75 Jahre sind, sind dann schon mit 97 von 124 Zusammenstößen für 78,2 Prozent der Unfälle verantwortlich. Holger Meincke spricht von der „Risikogruppe 75plus“. Er betont dabei, dass in dieser Erhebung nur die Unfälle berücksichtigt werden, bei denen Menschen verletzt wurden, eine grobe Ordnungswidrigkeit (zum Beispiel Vorfahrt missachtet) oder gar eine Straftat (beispielsweise Fahren unter Alkoholeinfluss) vorlag. Bagatellunfälle sind in dieser Statistik nicht erfasst.

Denn Parkrempler oder Auffahrunfälle würden zwar der Polizei gemeldet, von ihr aber nicht aufgenommen. „Wir müssen also davon ausgehen, dass die älteren Fahrer auch dort ein große Rolle spielen“, sagt Meincke und begründet das damit, dass Senioren nur sehr selten für Unfälle verantwortlich sind, bei denen eine überhöhte Geschwindigkeit der Unfallgrund war. „Wir beobachten, dass ältere Verkehrsteilnehmer eher bei komplexen Verkehrssituationen Probleme haben, beispielsweise beim Abbiegen“, so der Polizeidirektor. Deswegen möchte die Polizei jetzt auch verstärkt auf Prävention bei älteren Verkehrsteilnehmern setzen. Meincke appelliert an diese „Risikogruppe“, eine Balance zu finden. „Wir wollen natürlich nicht, dass jetzt alle Menschen ab 75 ihren Führerschein abgeben müssen. Aber wir setzen bei diesem Thema auf Einsicht“, so Meincke und fügt hinzu: „Wenn ältere Fahrer Probleme haben, nachts zu fahren, sollten sie sich das eingestehen und nur im Hellen mit dem Auto unterwegs sein.“ Ein weiterer Ansatz könnte sein, dass Senioren, die sich bei viel Verkehr überfordert fühlen, Verkehrshauptzeiten meiden.

Denn immer wieder komme es in Stresssituationen dazu, dass ältere Fahrer zum Beispiel Gas und Bremse verwechselten. „Ich erinnere mich an einen Fall, als ein Mann in Geesthacht in eine Menschenmenge auf dem Wochenmarkt gefahren ist.“ Kay-Uwe Güsmer, Verkehrsexperte bei der Polizeidirektion, versucht, Senioren in Gesprächen zur Einsicht zu bewegen. „Für viele ist der Führerschein ein heiliges Dokument, das man nicht weggibt“, sagt Güsmer. Deswegen gebe kaum jemand freiwillig die Fahrerlaubnis ab.

Allerdings müsse den älteren Fahrern beispielsweise klar sein, dass Medikamente eine beträchtliche Einschränkung auf das Fahrvermögen haben können. „Da ist aber nicht nur die Polizei gefragt, sondern es sind auch die Angehörigen von älteren Verkehrsteilnehmern“, sagt Holger Meincke.

Wer öfter im Straßenverkehr auffällt muss zum Amtsarzt

Einen Gesundheitscheck ab einem gewissen Alter sehen die Beamten indes mit gemischten Gefühlen. „Mobilität ist Lebensqualität“, sagt Holger Meincke. Insbesondere im ländlichen Raum seien die Menschen auf ein eigenes Auto angewiesen.

Sollten Autofahrer allerdings öfter im Verkehr auffällig werden, kann die Polizei dies der Führerscheinstelle melden. „Ein Amtsarzt untersucht dann die Fahrtauglichkeit“, sagt Meincke und fügt hinzu: „Ich erinnere mich an einen Fall, in dem einem Senior der Führerschein entzogen wurde. Angehörige kamen zu uns und bedankten sich.“