Schüler, Lehrer und Politiker haben sich für die Verlegung von Stolpersteinen eingesetzt

Reinfeld. Die Schüler haben den alten Mann aus dem vorletzten Jahrhundert inzwischen adoptiert. „Wir sagen manchmal, dass Carl Harz unser Baby ist“, erzählt Nathalie Mohs. Die 14-Jährige gehört zu den vier Schülern, die sich seit einer Projektwoche 2012 dafür engagieren, dass mit Stolpersteinen an die Reinfelder Carl Harz und Richard Minkwitz erinnert wird, die beide in Nazi-Haft gestorben sind. An diesem Freitag haben die Initiatoren ihr Ziel erreicht: Der durch seine Erinnerungsaktion international bekannte Künstler Gunter Demnig setzt vor den Wohnhäusern von Harz und Minkwitz zwei Stolpersteine. Am Abend zuvor gibt es in der Aula der Immanuel-Kant-Schule eine Gedenkfeier für die Nazi-Opfer. Ehrengast ist Esther Bejarano, die im „Mädchenorchester“ von Auschwitz den Holocaust überlebte.

Carl Harz war ein Idealist, der in Privatschriften seine Idee einer Sozialreligion entwickelte. Der wirtschaftlich erfolgreiche Mann wirkte auch als Sozialreformer, etwa als Mitbegründer der gemeinnützigen Wandsbeker Gartenstadt-Gesellschaft. Harz bekam 1939 ein Veröffentlichungsverbot. 1943 forderte er in einem Brief an Adolf Hitler, dass der Krieg enden müsse. Er wurde sofort inhaftiert und starb nach vier Wochen, vermutlich durch Selbstmord. Richard Minkwitz war kommunistisch organisierter Arbeiter. Der vierfache Vater wurde Anfang 1933 im Blauen Haus in Bad Oldesloe in „Schutzhaft“ genommen und starb dort – wahrscheinlich wurde er zu Tode geprügelt.

Die Stolpersteinlegung ist einem beispielhaften Zusammenspiel von Reinfelder Bürgern zu verdanken. Die Idee hatte der Stadtverordnete Manfred Schönbohm, der dafür eine Schule gewinnen wollte: „Es geht auch um Nachhaltigkeit, denn die Stolpersteine müssen gepflegt werden.“ Beke Zabel, Deutsch- und Religionslehrerin an der Immanuel-Kant-Schule, machte die Stolpersteine zum Thema einer Projektwoche. An der Recherche waren 24 Sechstklässler beteiligt. Josephine Stresius, Nathalie Mohs, Tim Reichel und Paul Sommer machten danach freiwillig weiter und versuchten den viel beschäftigten Gunter Demnig von ihrem Vorschlag zu überzeugen. Das gelang schließlich mithilfe des engagierten Lehrers Albrecht Werner. Nathalie freut sich über das, was sie und ihre Mitschüler erreicht haben: „Wir haben etwas für Reinfelds Geschichte getan und für die Erinnerung an die Menschen, denen hier Unrecht geschehen ist.“

Gedenkfeier am 6. März, 18 Uhr, in der Immanuel-Kant-Schule mit Esther Bejarano, Gunter Demnig sowie Nachfahren von Carl Harz und Richard Minkwitz; Eintritt 8 Euro. Am 7. März werden die Stolpersteine um 9 Uhr an der Carl-Harz-Straße 6 und an der Paul-von-Schoenaich-Straße 36 gesetzt