LungenClinic in Großhansdorf beteiligt sich an Projekt der AOK und der Uni Bielefeld

Großhansdorf. Die LungenClinic in Großhansdorf bietet als erstes Krankenhaus in Stormarn Angehörigen von Menschen, die etwa durch einen Schlaganfall oder einen Oberschenkelhalsbruch zu einem Pflegefall werden, kostenlose Beratungen und Trainings für deren häusliche Betreuung an. Das Hospital beteiligt sich an dem Modellprojekt „Familiale Pflege“ der AOK NordWest und der Universität Bielefeld. Weitere Kooperationen werden nach Angaben von Gunar Schlage, Regionaldirektor der AOK, derzeit mit der Asklepios Klinik in Bad Oldesloe und dem St. Adolf-Stift in Reinbek ausgehandelt.

„Die Familie ist der größte Pflegedienst der Nation“, sagt Schlage. So würden rund 48.000 oder etwa 60 Prozent aller pflegebedürftigen Menschen in Schleswig-Holstein zu Hause betreut. In Stormarn seien rund 2,5 Prozent aller Einwohner pflegebedürftig, also knapp 6000. Schätzungsweise leben 3500 davon noch mit Familienangehörigen.

„Die meisten Angehörigen wollen ihre Familienmitglieder auch zu Hause pflegen“, sagt Stephan Seifen, der das Projekt an der Fakultät für Erziehungswissenschaft der Universität Bielefeld wissenschaftlich begleitet. Umgekehrt wollten auch die meisten Menschen, die gepflegt werden müssten, in den eigenen vier Wänden bleiben. Allerdings gibt es nach Angaben der AOK dabei „Unsicherheiten, da Pflegetechniken noch nicht gelernt und die häusliche Pflegesituation in der Familie noch nicht abgestimmt ist“. Stephan Seifen berichtet, dadurch hätten sich Patienten beispielsweise schon wund gelegen.

Dort setzt die Familiale Pflege an. Angehörige von Patienten, die eine Pflegestufe haben oder erwartbar eine Pflegestufe nach einem Krankenhausaufenthalt bekommen, können dafür eine einzelfallbezogene Schulung von Krankenschwestern erhalten, die eine entsprechende Weiterbildung absolviert haben. Pflegetechniken – etwa Hilfen bei der Körperhygiene, beim An- und Ausziehen oder Essen und Trinken – können noch während des Aufenthalts des Patienten im Krankenhaus erlernt werden. Das Training wird bis zu sechs Wochen nach der Entlassung aus dem Hospital oder der Rehabilitationseinrichtung fortgesetzt. Dabei wird auch Rat gegeben, ob etwa Umbauten für die Pflegefälle vorgenommen werden müssen, vor allem im Bad, und welche Hilfsmittel zu besorgen sind.

Angehörige, deren zu pflegende Familienmitglieder keine Pflegestufe zugebilligt bekommen haben, können ebenfalls kostenlos an dreitägigen Trainings teilnehmen. Am ersten Tag wird dabei die Mobilisation gelernt, also die Hilfe beim Aufsetzen, Aufstehen oder Gehen der Pflegefälle. Der zweite Schulungstag ist dem Umgang mit Inkontinenz gewidmet, der dritte gibt Anweisungen, wie Bettlägerige betreut werden müssen.

In der LungenClinic bietet Ute Westphal den ersten dieser Kurse am 31. März sowie 7. und 11. April jeweils von 16 bis 19 Uhr an (Wöhrendamm 80, Anmeldungen unter der Telefonnummer 04102/6011710 oder per E-Mail unter u.westphal@lungenclinic.de). „Obwohl das Programm des Trainings feststeht, bleibt genügend Zeit, um auch individuell auf einzelne Pflegesituationen einzugehen“, sagt Westphal. Teilnehmen können Mitglieder aller Krankenkassen, auch wenn dieses Projekt von der AOK finanziert wird. Allerdings fließt nach Aussage von Schlage letztendlich ohnehin Geld aller Kassen in den Topf für Pflege.

„Es sollen alle Familienmitglieder und auch Freunde in die Hilfe mit einbezogen werden“, sagt Stephan Seifen von Universität Bielefeld, die das Projekt vor zehn Jahren initiiert hat. „Damit sollen die Hauptpflegenden auch entlastet werden, die sonst ihr soziales und berufliches Umfeld vernachlässigen“, sagt Seifen weiter. Zudem solle mit ihnen auch ein Netzwerk zu anderen Institutionen aufgebaut werden, die ebenfalls Unterstützung geben könnten. Dies könne etwa bei Patienten, die zusätzlich noch an Demenz litten, die Deutsche Alzheimer Gesellschaft sein.

Das Projekt hat in den vergangenen Jahren stets steigenden Zuspruch erfahren. Nahmen 2006 nach Angaben von Seifen bundesweit nur 25 Krankenhäuser daran teil, über die 172 Angehörige geschult wurden, waren es im vergangenen Jahr bereits 312 Einrichtungen und mehr als 38.000 Angehörige. Meist seien es Frauen, die die Pflege übernähmen und an den Kursen teilnähmen, nur knapp 20 Prozent seien Männer. Seifen: „Die versuchen für die Pflege eher zu improvisieren und erhöhen beispielsweise das Bett, indem sie dessen Beine auf Ziegel stellen.“

Ziel der AOK ist es nach den Worten Schlages, das Projekt durch den Gesetzgeber, also die Bundesregierung, in die Regelversorgung aufzunehmen.