Beim Kreisbauerntag beklagen Landwirte die Regulierungswut der Landesregierung, zum Beispiel den Filter- und den Knick-Erlass

Bad Oldesloe. „Ich hatte immer nur ein Ziel: Landwirtin zu werden. Nicht weil ich es musste, sondern weil ich es wollte.“ Die junge Frau oben auf dem Podium spricht mit klarer, fester Stimme, ihre Worte klingen voller Leidenschaft. Ihre Augen aber strahlen nicht, der Blick wirkt sorgenvoll. Martina Poppinga, erst 27 Jahre alt, hat ihr Ziel zwar erreicht. „Ich bin eine Landwirtin aus Stormarn“, sagt sie, „ich habe Spaß an Schweinehaltung, und ich bin gut darin.“ Doch die Politik der Landesregierung, die mache ihr zurzeit Angst.

Applaus unten im Saal. Rund 300 Menschen haben der jungen Rethwischerin zugehört. Viele von ihnen sind Kollegen, einige sind Vertreter von Vereinen, Behörden und Banken. Andere machen Politik. Es ist Kreisbauerntag in Bad Oldesloe, zum 67. Mal. Die Veranstaltung in der Stormarnhalle gilt als Stimmungsbarometer eines ganzen Wirtschaftszweigs. Aktuell steht der Zeiger offenbar wieder mal auf einem ziemlich niedrigen Wert. Und das, obwohl gerade weder Futtermittelskandale noch Tierseuchen ein aktuelles Thema sind. Das größte Problem machen die Bauern zurzeit offenbar im Landeshaus in Kiel aus. Im Plenum ist von Regulierungsfreude und -wut die Rede.

Der Adressat solcher Schelte, einer, der Martina Poppinga Angst macht, sitzt mit auf dem Podium, 20 Meter links von ihr: Robert Habeck, Grüner, als Energiewendeminister auch für die Landwirtschaft zuständig. Er hört nachdenklich zu, während sie berichtet: Dass Bauern wie sie immer höhere Anforderungen erfüllen sollen, dass sich da die Frage stelle, ob überhaupt noch ein attraktives Einkommen erzielt werden könne. Aktuell geht es um den sogenannten Filtererlass. Schweinehalter sollen ihre Ställe mit Abluftfiltern nachrüsten. „Das dürfte umgerechnet etwa sechs bis acht Euro pro Tier kosten“, wird Peter Koll, der Geschäftsführer des Kreisbauernverbands, später erklären. „Die Gewinnspanne pro Schwein liegt heute bei zehn bis 20 Euro. Wenn davon sechs bis acht abgehen, bleibt nicht mehr viel übrig.“

Hans-Joachim Wendt, Vorsitzender des Kreisbauernverbands, wendet sich direkt an Habeck: „Machen Sie eine Politik für die schleswig-holsteinischen Landwirte und nicht gegen uns!“ Er spricht beispielhaft auch die neuen Regeln zur Knickpflege an. „15 Seiten mit Bestimmungen zur Umsetzung. So detailliert, dass gleich nach Verkündung eine Arbeitsgruppe zur Auslegung eingesetzt werden musste.“

Minister Habeck, der eigentlich mit einem Vortrag mit dem Titel „Naturschutz, Tierwohl, Weltmarkt – Bauern im Spannungsfeld“ angekündigt worden ist, lässt seinen Vortrag Vortrag sein und geht direkt auf die Kritik der Landwirte ein. Eine völlig regulierungsfreie Landwirtschaft könne nicht die Lösung sein, sagt er. „Wir streiten insofern nicht über die Frage, ob Ordnungsrecht nötig ist oder nicht, sondern wir streiten um den Grad der Regulierung.“

Und vom Filtererlass sei er überzeugt. „Das werden wir machen, der Erlass geht jetzt in die Anhörung.“ Staub, Ammoniak und Gerüche ließen sich so reduzieren. „Ja, ich räume ein, dass das weitere Investitionstätigkeiten erfordert.“ Aber der Schritt sei richtig. Ihn nicht zu gehen, würde zu einem weiteren Akzeptanzproblem der Landwirte in der Gesellschaft führen. Robert Habeck: „Wenn jemand heute nur über einen Schweinestall nachdenkt, formiert sich doch schon sofort eine Bürgerinitiative dagegen.“

Die grundsätzliche Frage laute: „Können wir es uns leisten, durch ökologisch motivierte Einschränkungen etwas weniger aus der Fläche rauszuholen?“ Habecks Antwort ist ein ganz klares Ja.

Martina Poppinga, Landwirtin aus Leidenschaft, wirkt immer noch sorgenvoll. Denkt sie schon ans Aufhören? Ihre Antwort ist ein ganz klares Nein.