Vier Feuer innerhalb kurzer Zeit in Ahrensfelde. Kriminologe Christian Pfeiffer analysiert

Ahrensburg. Innerhalb von zwölf Tagen brennen im Ahrensburger Ortsteil Ahrensfelde auf drei Feldern insgesamt 1100 Strohballen ab. Die letzte Tat ist jetzt ungefähr zwei Wochen her. Dabei standen wieder 500 Ballen mit einem Durchmesser von 1,80Meter auf einer Länge von etwa 100Metern in Flammen (wir berichteten).

Doch noch immer scheint der Brandstifter nicht gefasst. Bereits Ende Oktober hatten in unmittelbarer Nähe 500 Strohballen gebrannt. Die Abstände zwischen den Taten wurden immer kürzer. Es entstand ein Schaden von insgesamt rund 60.000 Euro. Drei der vier Tatorte sind Felder des Landwirtes Heinz-Jürgen Wriggers. An einen gezielten Anschlag will er aber nicht glauben, seitdem auch ein anderer Landwirt Opfer des Feuerteufels geworden ist. Wie viele Anwohner fürchtet er, dass ein Pyromane sein Unwesen in Ahrensfelde treibt. Das wäre fatal, denn Pyromanen verspüren den krankhaften Drang, Feuer zu legen. Auch Pferdebesitzer hat die Brandserie in Unruhe versetzt. Sie benötigen das Stroh, um ihre Ställe auszulegen und als Trockenfutter. Einige befürchten, dass beim nächsten Mal sogar ein Stall brennen könnte.

Die Polizei sucht den oder die Brandstifter, schweigt derzeit aus taktischen Gründen zu ihren Ermittlungsergebnissen sowie den Maßnahmen. Das Abendblatt hat mit dem Kriminalpsychologen und Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen über den Fall gesprochen.

Hamburger Abendblatt:

Ist in Ahrensfelde ein Pyromane am Werk?

Christian Pfeiffer:

Das ist nicht eindeutig. Es könnte auch ein Anschlag gegen den Landwirt sein, der dreimal betroffen war. Die Tatsache, dass auch auf dem Feld eines zweiten Landwirtes Strohballen angezündet worden sind, spricht allerdings eher dafür, dass es sich um einen Pyromanen handelt.

Warum legen Pyromanen Feuer?

Pfeiffer:

Das Leben der Brandstifter ist meist von Ohnmachtserfahrungen geprägt. Sie haben Misserfolge im Leistungsbereich und im Privaten erlebt. Ein Feuer verleiht ihnen das Gefühl von Macht. Jetzt können mal sie die Puppen tanzen lassen und haben Freude zu schauen, wie Polizei und Feuerwehr zu dem Spektakel ausrücken, das sie inszeniert haben.

Im Ort wird auch darüber spekuliert, ob es ein Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist …

Pfeiffer:

Das ist in der Tat vorgekommen. Manch junger Feuerwehrmann ist eben enttäuscht, dass er immer nur vollgelaufene Keller abpumpen oder zu Verkehrsunfällen ausrücken soll. Aber eigentlich wollte er doch Brände löschen und damit beweisen, was er leisten kann. Deswegen ist er schließlich zur Feuerwehr gegangen.

Gibt es ein typisches Täterprofil?

Pfeiffer:

Ja. Meistens sind Brandstifter jung und männlich. In manchen Fällen sind es Jugendliche, die in Gruppen agieren.

Die Anwohner fürchten, dass der oder die Brandstifter auch die benachbarten Pferdeställe oder gar Wohnhäuser anzünden könnten.

Pfeiffer:

Das ist eher unwahrscheinlich. Einige wenige Brandstifter wollen zwar immer dramatischere Feuer legen und sich in ihren Taten steigern. Aber das Leben von Menschen oder auch von Tieren zu riskieren, das ist ein sehr großer Schritt. Das geschieht selten und dann meist nur von psychisch massiv gestörten Menschen.

Deswegen zündet der Brandstifter auch nur Strohballen an?

Pfeiffer:

Ein Brandstifter will ein großes Feuer sehen, dafür eignet sich Stroh einfach gut. Außerdem erscheint ihm nachts auf dem Feld das Risiko gering, dass er dabei beobachtet wird.

Um das Feuer zu sehen, müsste er in der Nähe bleiben …

Pfeiffer:

Das machen die meisten Pyromanen auch. Sie beobachten die Löscharbeiten und die ganze Aufgeregtheit in Folge ihrer Tat. Oft wählen sie sogar Tatorte, von denen sie nicht nur unerkannt flüchten, sondern in deren Nähe es einen guten Ort zum Zusehen gibt, wie einen Jagdstand oder eine Anhöhe.

Ist das nicht ziemlich riskant? Zudem wurden die Abstände, in denen die Ballen brannten, immer kleiner.

Pfeiffer:

Das ist typisch für einen Pyromanen. Er sucht einen Kick und steigert sich in die Taten hinein. Der Triumph, der Polizei bei ihren Ermittlungen ein Schnippchen zu schlagen, ist für die Täter ein schöner Nebeneffekt – bis sie dann schließlich doch erwischt werden.