Anspruch auf Betreuung und Ausbau der Kitas führen in vielen Orten zu Personalmangel. Neue Ausbildung soll helfen

Ammersbek/Ahrensburg. Jan Petersen hat gute Laune. Der Grund sitzt im Büro des Leiters der Kita Bünningstedt (Ammersbek): Eine ausgebildete Erzieherin, die auf ihr Vorstellungsgespräch wartet. Ein Glücksfall. „Es ist momentan sehr schwer, qualifizierte Bewerber zu finden“, sagt der Diplompädagoge. Seit Monaten wirbt die Gemeinde Ammersbek auf ihrer Internetseite um Personal für ihre Kitas in Bünningstedt und Lottbek sowie für die Schulkinderbetreuung in Hoisbüttel. Hinter die Überschrift der Anzeige „Pädagogisches Personal gesucht“ hat die Personalsachbearbeiterin der Gemeinde gleich zwei Ausrufezeichen gesetzt. Bürgermeister Horst Ansén: „Der Fachkräftemangel auf dem Gebiet ist ein bundesweites Problem, zusätzlich kämpfen wir noch mit unserer Lage.“ Viele Bewerber würden Stellen in Hamburg bevorzugen, weil dort oft höhere Löhne gezahlt werden.

Kitas werden fleißig ausgebaut, ohne ausreichend Personal auszubilden

Seit August des vergangenen Jahres haben Eltern in Deutschland einen Rechtsanspruch darauf, dass ihr Nachwuchs in einer Kinderkrippe betreut wird – und zwar ab dem zarten Alter von einem Jahr. Länger bereits gilt der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für Kinder ab drei Jahren. Jan Petersen sagt: „Die Nachfrage der Eltern ist groß.“ Und während die Kommunen und privaten Träger auch in Stormarn in den vergangenen Jahren die Tagesstätten fleißig (aus)gebaut haben, eines ist auf der Strecke geblieben: die Ausbildung von Erziehern. Wilhelm Hegermann, zuständiger Fachbereichsleiter beim Kreis Stormarn: „Es war vorhersehbar, dass es bei dem Ausbau der Kinderbetreuung zu Personalengpässen kommen wird. Um die Kapazitäten auf dem Gebiet wurde sich allerdings zu spät gekümmert.“

Laut des Kita-Bedarfsplans des Kreises leben 4097 Kleinkinder im Alter zwischen einem und drei Jahren in Stormarn (Zahlen aus 2013). Würden alle Eltern ihren Rechtsanspruch geltend machen, dann bräuchte der Kreis Stormarn allein etwa 800 Erzieher und sozialpädagogische Assistenten für die Krippen. Derzeit liegt die Versorgung mit Krippenplätzen allerdings nicht bei 100 sondern im Schnitt bei 39 Prozent. In der Kita Bünningstedt werden derzeit 20 Krippenkinder betreut. 116 Kinder gehen in den Kindergarten. Insgesamt sorgen 22 Mitarbeiter für die kleinen Ammersbeker. Passt die Bewerberin ins Team, dann hätte Petersen alle offenen Stellen besetzt.

Ein Zustand, den sich Rosemarie Engelke von der Arbeiterwohlfahrt (Awo) wünscht. 14 Kitas betreibt die Awo in Stormarn, derzeit fehlen sechs Mitarbeiter – einige Stellen seien schon seit Monaten unbesetzt, sagt Engelke. „Der Mangel an qualifizierten Bewerbern macht sich bei uns seit etwa zwei Jahren bemerkbar. Zugespitzt hat sich die Situation in den vergangenen Monaten.“ Sie nennt ein Beispiel aus der Awo-Kita in Glinde: „Seit November haben wir eine Stelle dreimal ausgeschrieben, die Bewerbungen konnten wir jedes Mal an einer Hand abzählen.“ Vielmehr: Keine der Arbeitssuchenden habe eine entsprechende Ausbildung vorzuweisen gehabt.

Ähnliche Erfahrungen hat die Bereichsleiterin für Pädagogik beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), Annette Schröder, gemacht. „Als ich 2001 hier angefangen habe, haben sich auf eine Ausschreibung 80 bis 120 Erzieher beworben. Heute seinen es im Schnitt null bis drei, mit Glück würden zehn Mappen eingeschickt werden. Schröder: „Bisher konnten wir immer alle Stellen zeitnah besetzen, aber es ist sehr schwer geworden.“ Derzeit sucht das DRK acht Mitarbeiter für seine Kitas. 19 Einrichtungen betreibt der Träger im Kreis insgesamt.

Gegen den Nachwuchsmangel will der Kreis Stormarn nun aktiv werden. Seit dem laufenden Schuljahr wird in den Berufsschulen in Ahrensburg und Bad Oldesloe erstmals eine Ausbildung zu sozialpädagogischen Assistenten angeboten. Angelika Wurch, zuständige Abteilungsleiterin Berufsfachschule in Ahrensburg: „Das war ein wichtiger Schritt. Früher mussten Stormarner mit dem Berufswunsch nach Hamburg pendeln, das hat einige Schüler sicher abgeschreckt.“ Ein weiterer Vorteil der Ausbildungsmöglichkeit im Kreis sei, dass sie die Chance erhöhe, dass sich die Absolventen später auch im Kreis eine Anstellung suchen.

In Ahrensburg werden derzeit 28 angehende sozialpädagogische Assistenten ausgebildet – den Großteil der Zeit in der Schule, Praxiserfahrung sammeln die Azubis bei mehreren Praktika in Kitas aus der Region. Zwei Jahre dauert die Ausbildung. 80 Interessenten hatten sich im vergangen Jahr beworben. Auch deswegen soll es im kommenden Schuljahr eine neue Klasse geben. „Die Nachfrage ist groß“, sagt Wurch. Und eines ist glasklar: Die Absolventen werden sicher nicht lange nach einer Anstellung suchen müssen – auch die mit schlechterem Zeugnis. Denn wählerisch dürfen die Kitas nicht mehr sein. Das bestätigt Rosemarie Engelke von der AWO: „Derzeit haben auch Berufsanfänger hervorragende Aussichten auf dem Markt.“