Ute und Harry Struppek geben Oldesloer Traditionslokal Zur Mühle auf – und gewinnen Sven W. Pehla als Nachfolger

Bad Oldesloe. Zum Schluss gab es noch einmal ein altvertrautes Bild: gemütliches Gedränge im Traditionslokal Zur Mühle in Bad Oldesloe. Die Betreiber Ute und Harry Struppek verabschiedeten sich mit einem Empfang von ihren zahlreichen treuen Gästen. Damit ging eine Ära zu Ende. Die Familie ist seit fast 110 Jahren in der Oldesloer Gastronomie tätig. Ute Struppeks Großvater Heinrich Peemöller hatte in der Stadt bereits das Arbeiterlokal Tunnel und den Ratskeller betrieben, bevor 1931 die „Mühle“ eröffnet wurde.

Das Ehepaar Struppek, das 1969 die Geschäftsführung übernahm, setzte mit seinem altersbedingten Ausstieg den Schlusspunkt, hat aber mit der Wahl des Nachfolgers dafür gesorgt, dass Vieles in ihrer Gaststätte beim Alten bleibt. Sven W. Pehla, als Schauspieler, Regisseur, Oberspielleiter an der Oldesloer Bühne und Betreiber des Kultur-Pubs Old Esloe ein Multitalent, wird seinen Pub am 25. Januar schließen und als Pächter die „Mühle“ am 1. Februar wiedereröffnen.

Für die Struppeks ist es ein wehmütiger Abschied. „Wir haben das so lange gemacht, weil wir unsere Gäste mochten und die Arbeit in all den Jahren nur Freude gemacht hat“, sagt Harry Struppek. Der 74-Jährige weiß allerdings auch, dass das Geschäft schwieriger geworden und die „Mühle“ so etwas wie eine Insel in der Stadt ist: „In Bad Oldesloe gibt es nichts Vergleichbares. In den 50er-Jahren hatten wir hier 51Kneipen. Heute sind internationale Restaurants und Imbisse stärker vertreten.“

Die „Mühle“ war immer ein Treffpunkt mit familiärer Atmosphäre und einem Angebot an kleinen Gerichten und deutscher saisonaler Küche. Es gab Spargel, Eisbein mit Sauerkraut, Karpfen mit Butterkartoffeln oder Grünkohl mit Kochwurst und Kasseler. Das alles sicherte Stammkundschaft. „Wir sind das Vereinslokal des VfL Oldesloe, bei uns trafen sich sechs Sparclubs und der Gesangverein, und wir haben Stammtische und Skatclubs – bei einigen war ich auch selbst Mitglied“, erzählt Harry Struppek.

Vor mehr als 50 Jahren hat er in der „Mühle“ angefangen, damals noch bei seinem Schwiegervater. Anfang der 60er-Jahre war der gebürtige Ostpreuße Harry Struppek ein bekannter Fußballer, in der Saison 1961/62 sogar Torschützenkönig, auf den auch große Vereine aufmerksam geworden waren. Er erzählt vom Besuch Günter Masts. Der Jägermeister-Chef war nicht gekommen, um über Spirituosenlieferungen für die „Mühle“ zu sprechen, sondern weil er den Torjäger Struppek zum Start der Bundesliga für Eintracht Braunschweig gewinnen wollte. Der Umworbene blieb Oldesloe treu und konzentrierte sich ebenso wie seine Frau Ute, die ihre Laufbahn als Zahnarzthelferin früh beendet hatte, auf die „Mühle“. Bereut haben beide ihren Entschluss nie, obwohl sie ihr Leben lang sechs Tage die Woche von 9 bis etwa 23 Uhr die Gaststätte geöffnet hatten.

„So ein Lokal lässt sich nur betreiben, wenn die ganze Familie mitmacht. Man muss dafür geboren sein“, sagt Ute Struppek und erzählt, dass ihre Mutter, die 94 Jahre alt wurde, bis ins hohe Alter in der Küche mitgeholfen hatte. Und auch die beiden Töchter Andrea und Susanne und deren Ehemänner – ebenso wie der langjährige Kellner Ecki Arlitt, der quasi zur Familie gehört – wurden kurz vor Schluss zu Weihnachten und Silvester noch einmal im Service eingesetzt, als sich ungefähr 200 Gäste in der „Mühle“ drängelten. Dass die Töchter die gastronomische Tradition nicht fortsetzen würden, war schon seit Längerem klar. Beide arbeiten angestellt, die Jüngere lebt in New York. Beim Abschiedsempfang wird auch sie wehmütig: „Das ist schon ein großer Verlust. Das alles war für mich mein Zuhause.“

Ihre Eltern verlassen jetzt Ute Struppeks Elternhaus und ziehen in die Nachbarschaft der älteren Tochter Andrea nach Rümpel. Sie werden jetzt auch mehr Zeit für Reisen zur jüngeren Tochter in die USA haben. Und Harry Struppek, der begeisterte Ballsportler, wird mehr Zeit für Golf (Handicap: „um die 18“), Tennis und sein Engagement im Freundeskreis des VfL Oldesloe haben. Auf ihr Lebenswerk sind die beiden stolz: „In der ‚Mühle’ hat alles verkehrt, vom Arbeiter und Bauern bis zum Bürgermeister und Landrat. Und wir haben immer dafür gesorgt, dass das Lokal ein angenehmer Ort für alle war“, sagt Harry Struppek.

Gut, dass Nachfolger Sven W. Pehla, der in den nächsten Tagen den Pachtvertrag unterschreibt, aus dem Kulturbetrieb stammt, denn er muss demnächst ein besonderes Kunststück vollbringen: das alte Flair erhalten, aber auch ein neues Publikum für die „Mühle“ gewinnen. Er verspricht: „Es geht hier weiter wie bisher, aber ich werde wie schon im Old Esloe zusätzlich kleine Kulturprogramme anbieten.“