Überraschung beim Zweitgutachten für Ahrensburger Rathaus. Auch Stiftungen könnten das Gebäude fördern

Ahrensburg. Überraschende Wende in der kontroversen Debatte um den geplanten Denkmalschutz für das Ahrensburger Rathaus: Die Umsetzung könnte sogar Geld in die Stadtkasse bringen, statt nur hohe Kosten zu verursachen. Das hat sich herauskristallisiert, als Architekturexperten im Bauausschuss das Zweitgutachten zum Rathaus vorstellten. Damit bekommen die Denkmalschutz-Gegner zusätzlichen Gegenwind. Ein zentrales Ergebnis der neuen Expertise ist zudem: Das Rathaus wird auf jeden Fall unter Denkmalschutz gestellt. Die Stadt erwägt nun, selbst den Denkmalschutz-Antrag für das Rathaus zu stellen, um mehr Fördergeld zu bekommen.

Die Architekturexperten hatten im Auftrag der Stadt und auf Wunsch der Stadtverordneten analysiert, ob Kiel das Ahrensburger Rathaus zu Recht unter Schutz stellen will. CDU, FDP sowie die meisten Fraktionsmitglieder der Grünen hatten gehofft, dass die Experten im Zweitgutachten zu einem gegenteiligen Ergebnis kommen.

„Wenn die Stadt beantragt, dass das Rathaus unter Schutz gestellt wird, steigt die Chance auf Unterstützungszahlungen“, sagt Gutachter Olaf Gisbertz, „Das Geld liegt nicht nur in Kiel, sondern auch bei den Stiftungen.“ Besonders Denkmäler, die so kontrovers wie das Ahrensburger Rathaus diskutiert werden, würden derzeit bei den Stiftungen hoch gehandelt. Zuvor hatten der Experte für Architekturgeschichte und sein Kollege Sebastian Hoyer vor allem eines deutlich gemacht: Das Rathaus wird sicher vom Kieler Landesamt unter Denkmalschutz gestellt. Und: Die Entscheidung sei richtig. Gisbertz: „Wir folgen in unserer Analyse den Beurteilungen des ersten Gutachtens.“ Die Argumente der Denkmalschutz-Gegner sind, dass bei Sanierungen teure Spezialanfertigungen verwendet werden müssten.

Rund eine Stunde hatten die Vorträge der Gutachter gedauert. Es ging um die Architektur des Scheuermann-Gebäudes („wie aus einem Guss“), die hohe Wertigkeit der Materialien – das Teakholz, die Bronze, die italienischen Kiesel an der Fassade. Und es ging um den Standort des Gebäudes an der historischen Achse der Stadt.

Thema war auch der Zustand des Gebäudes, in das vor 43 Jahren die Ahrensburger Verwaltung eingezogen ist. Gutachter Sebastian Hoyer: „Es gibt einen Sanierungsstau. Insgesamt ist der Zustand des Gebäudes gut.“ 23 Mängel hat der Architekt während der Untersuchung des Gebäudes in den vergangenen Wochen auf seine Liste geschrieben. Allen voran: die Brandschutzsicherheit, lecke Rohrleitungen, die Holzrahmen einiger Fenster und die Fassade, die über die Jahrzehnte vergraut ist. Zudem, so der Experte, müssten Glastüren ersetzt werden: „Sie sind nicht bruchsicher.“ Stürzt jemand gegen das Glas, könnte er sich verletzen.

Sein Fazit lautet: „Die Maßnahmen stehen an, Denkmalschutz hin oder her.“ Der Vorteil der Unterschutzstellung sei aber, dass Förderungen beantragt werden könnten und Auflagen weniger streng umgesetzt werden müssen. Einen Nachteil nennt Hoyer auch: „Die Stadt muss sich in der Zukunft bei Sanierungen mit dem Denkmalschutzamt abstimmen.“ Die Planung zur Brandschutzsanierung könnte die Ahrensburger und die Kieler das erste Mal an einen Tisch bringen. Eigentlich sollte im Sommer mit dem Bau einer Brandschutztreppe an der Rückseite des Verwaltungsgebäude begonnen werden. Es wäre eine bauliche Veränderung der Fassade, die das Landesamt wahrscheinlich nicht durchwinken wird.

Als die Gutachter nach ihrem Vortrag die Taschen packen, gibt es Applaus und Getuschel. SPD-Fraktionschef Hartmut Möller, Hinrich Schmick von der WAB und Grünen-Politiker Jörg Hansen sind sich einig. Möller: „Diejenigen, die gehofft haben, der Denkmalschutz könnte verhindert werden, haben sich geirrt.“ Jörg Hansen meint: „Das war ein fundierter Vortrag, er hat sicher einigen die Augen geöffnet.“

Doch nicht alle sind überzeugt. Thomas Bellizzi (FPD) und die CDU-Stadtverordnete Susanne Philipp-Richter zweifeln die Objektivität des Gutachters Olaf Gisbertz an. Bellizzi: „Mit dem Gutachter hat die Verwaltung den Bock zum Gärtner gemacht. Ein Blick auf seinen Lebenslauf verrät deutlich seine Begeisterung für den Architekturstil.“ Gisbert ist Mitglied in einem Verein, der sich mit der Pflege der Nachkriegsarchitektur beschäftigt. Philipp-Richter: „Ich vermisse bei Dr. Gisbertz die Objektivität.“ Zudem gebe es keine Garantie, dass die Stadt die Förderungen bekommt.

Er habe, sagt Bürgermeister Michael Sarach, direkt beim Landesamt für Denkmalpflege um einen Aufschub gebeten. Er könnte sich gut vorstellen, dass die Stadt nun selbst den Antrag auf Denkmalschutz stellt. Zuvor wollen sich die Fraktionen beraten. Die Stadtverordneten müssten dem Antrag zustimmen.